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Sommerkind

Sommerkind

Titel: Sommerkind
Autoren: Diane Chamberlain
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Schaulustigen schnell auf, und Shelly schlenderte zu Mattie sprechend nach Hause. In dem vergangenen Monat hatte sie Darias überfürsorgliche Art verstehen gelernt, da sie selbst nun die gleichen Gefühle hegte. Sie bekam von ihrer vier Wochen alten Tochter einfach nicht genug. Sie konnte sich stundenlang ansehen, wie Mattie ihre winzigen Fäuste ballte und dann die Fingerchen wieder streckte, oder verzückt den Ausdruck auf ihrem Gesicht betrachten, der einem Lächeln zu ähneln begann. Dann betete Shelly stets, ihr Baby möge gesund sein. In der Zeit unter Wasser hatte sie Mattie die Sauerstoffzufuhr abgeschnitten; niemand konnte mit Sicherheit sagen, wie lange sie und ihr Baby tatsächlich ohne Sauerstoff gewesen waren, und sie selbst hatte keinerlei Erinnerungen an jene Nacht.
    Sie hatte Mattie auf einer speziellen Entbindungsstation im Krankenhaus von Elizabeth City zur Welt bringen müssen, da ihre Ärztin gefürchtet hatte, das Baby könnte krank sein. Doch Mattie hatte sie alle überrascht. Sie kam unversehrt zur Welt und schien auch jetzt noch vollkommen gesund. Doch auch Shelly hatte man, solange sie ein Baby war, den Hirnschaden nicht angemerkt. Erst wenn Mattie lernen würde, sich die Schnürsenkel zu binden oder zwei und zwei zu addieren, würde sich zeigen, ob der Sauerstoffmangel ihr Schaden zugefügt hatte.
    Wenn Shelly zu lange darüber nachdachte, brachte sie das immer noch zum Weinen. Doch Chloe half ihr, mit den Schuldgefühlen fertig zu werden; Chloe wusste alles über Schuldgefühle. Mehrere Male in der Woche rief sie Shelly aus Georgia an, wo sie zwar noch unterrichtete, jedoch keine Nonne mehr war. Dann sagte sie Shelly, wie leid es ihr tue, ihr einen so harten Start ins Leben bereitet zu haben. Doch Shelly trug es ihr nicht nach. Auch wenn es niemand aussprach, wusste sie, dass Chloe zu den Frauen gehörte, die nicht zur Mutter geboren waren. Chloe liebte sie, dessen war Shelly sich sicher. Aber es war eher eine schwesterliche denn eine mütterliche Liebe. Von letzterer bekam sie dennoch genügend – von Daria.
    Während der vergangenen acht Monate hatte Shelly eine
Metamorphose
durchlebt. Mit diesem Wort hatte Zack ihre Verwandlung bei seinem letzten Besuch in Kill Devil Hills beschrieben, und Shelly mochte, wie es sich in ihrem Mund anfühlte. Ohne Zweifel war sie eine stärkere Persönlichkeit geworden. Sie ging zu einem Therapeuten, der ihr half, die Angst vor dem Verlassen der Outer Banks zu besiegen. Natürlich dachte er, ihre Fortschritte seien sein Verdienst, doch in Wahrheit war es der Erfolg ihrer Tochter. Mattie schaffte, was niemand zuvor erreicht hatte: Sie machte Shelly furchtloser. Shelly stellte fest, dass sie sich unmöglich mit ihren eigenen Ängsten auseinandersetzen konnte, wenn sie sich auf Mattie und ihre Bedürfnisse konzentrierte. In der letzten Woche waren sie und Andy mit dem Baby den ganzen Weg nach Greenville zu einem Spezialisten gefahren, und erst auf dem Heimweg war sich Shelly ihrer enormen Leistung bewusst geworden. Andy war stolz auf sie, und sie war es auch.
    Ihre Familienverhältnisse hatten sich ziemlich verkompliziert: Sie hatte jetzt einen Vater – einen großartigen Vater. Nach zwei Monaten begann sie, Rory “Dad” zu nennen. Anfangs hatte es sich komisch angefühlt, und sie hatten jedes Mal lachen müssen. Doch inzwischen war es ganz natürlich. Nur wenige Wochen zuvor waren Rory, Daria, Shelly und Andy zum Abendessen ausgegangen und hatten festgestellt, wie verworren der Stammbaum der Catos geworden war. Rory und Daria wollten im Sommer heiraten. Dann, bemerkte Rory, sei Daria Shellys Schwester und Stiefmutter sowie Matties Tante, Großtante und Großmutter. Außerdem habe Shelly einen neuen Halbbruder – Zack – zu ihren beiden Schwestern gewonnen, von denen eine ihre Mutter und die andere ihre Tante sei. Andy hatte lachend festgestellt, in welch verrückte Familie er eingeheiratet habe.
    Irgendwann würden Shelly, Andy und Mattie die Outer Banks verlassen. Obwohl sich alles, was Shelly jemals zum Glücklichsein brauchen würde, auf diesem schmalen Streifen Land befand, wollte sie für Mattie mehr als das, was Kill Devil Hills zu bieten hatte. Andy sprach davon, wie gern er einmal in Kalifornien leben würde, und Shelly konnte sich immer besser vorstellen, eines Tages dorthin zu gehen. Doch wohin es sie auch verschlagen würde, sie freute sich auf den Tag, an dem sie mit einer älteren Mattie auf die Outer Banks zurückkehren würde. Dann
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