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Sommer der Entscheidung

Sommer der Entscheidung

Titel: Sommer der Entscheidung
Autoren: Emilie Richards
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zweite Polizist, ein Weißer, wohlbeleibt und mindestens fünfzehn Jahre älter als sein Kollege, wandte sich an Tessa. „Ich bin der Freund von Diana. Sie hatte mir Bescheid gesagt, dass Sie sich vielleicht melden würden.“
    Robert sah auf. Er schien nicht überrascht zu sein, sie dort zu sehen. Tessa nahm an, dass der zweite Polizist ihm schon berichtet hatte, warum sie ihm gefolgt waren.
    „Sie haben mein Haus beobachtet, nicht wahr?“, wollte er von Tessa wissen. „Sie haben darauf gewartet, dass ich einen Fehler mache.“
    Tessa kam es nicht in den Sinn, die Unwahrheit zu sagen. Sie nickte.
    „Jemand musste sie herfahren“, fuhr er fort. „Sie war dabei, zu sterben. Sie sah mich an, als würde sie gleich sterben. Ich würde es wieder tun.“
    Tessa schloss einen Moment lang die Augen, aber sie sah immer noch sein Gesicht vor sich. Es war kein attraktives Gesicht, ganz zu schweigen dass es ein ansprechendes Gesicht war. Nur das Gesicht eines Jungen, der Angst hatte, die einzige Person zu verlieren, die immer an ihn geglaubt hatte.
    „Sie ist der einzige Grund, warum ich überhaupt noch hier bin“, sagte Robert. Er schluckte. „Ich wollte sterben, als mir damals klar wurde, was ich an diesem Morgen getanhatte. In meinem Träumen sehe ich immer noch das Gesicht Ihrer kleinen Tochter. Jede Nacht träume ich davon. Wissen Sie das überhaupt? Ich würde auf der Stelle sterben, wenn ich wüsste, es würde jemandem irgendetwas nützen.“
    Sein Kummer war nicht gespielt. Es war keine einstudierte Pose, die er für einen Richter spielen würde. Tessa sah, das es einfach nur die Wahrheit war.
    Sie sah weg. Etwas in ihr starb. Es war das Bedürfnis, sich zu rächen. Denn was konnte sie diesem jungen Mann anhaben, was er sich nicht schon selbst zugefügt hatte? Welche Strafe war schlimmer als die, die er für den Rest seines Lebens zu verbüßen hatte? In dieser Hinsicht waren sie Schicksalsgefährten. Keiner von ihnen würde jemals diesen einen schrecklichen Morgen vergessen können. Auf eine grundlegende Art konnten sie beide das, was geschehen war, nicht hinter sich lassen.
    Aber beide konnten die Einzelteile ihres Alltagslebens wieder aufsammeln, auch wenn die Last von Kayleys Tod auf ihren Schultern lag.
    Sie hatten die Wahl.
    Tessa überkam nicht eine Welle von Reue. Sie spürte nicht den Impuls, ihm zu vergeben. Sie war nicht sicher, ob sie Robert Owens jemals das, was er getan hatte, vergeben könnte oder würde. Aber zum ersten Mal wurde ihr klar, dass er nicht das Monster war, für das sie ihn gehalten hatte. Er bemühte sich darum, etwas zu sein, was er gern sein wollte. Er wollte seine Möglichkeiten ausschöpfen. Er wollte ein guter und loyaler Sohn sein, und er wollte den Unfall und die Vergangenheit hinter sich lassen, um ein besseres Leben zu führen.
    Sie spürte Sympathie, die sie wie ein Schauer überkam. Auch in dieser Hinsicht waren sie Schicksalsgenossen.
    „Tessa, es gibt nichts, was wir hier noch tun können.“Mack legte den Arm um ihre Schulter.
    Sie wusste, dass das nicht stimmte. Es gab etwas, das sie tun konnte. Sie musste es versuchen, bevor sie das Krankenhaus verließ.
    „Nur einen Moment noch“, sagte sie.
    Die Polizisten unterhielten sich, als sie auf sie zuging. Sie wartete, bis die beiden ihr Gespräch unterbrachen und auf sie aufmerksam wurden.
    „Er hatte einen guten Grund, in dieser Situation zu fahren“, sagte sie leise. „Das verstehen Sie doch, oder?“
    „Er hätte den Notarzt rufen sollen“, sagte der Jüngere der beiden.
    Sie hielt die Hände ineinander verschränkt, damit sie nicht mehr so zitterten, aber es nützte nichts. Bei jedem Wort, das sie sagte, bebten ihre Hände. „Vielleicht hatte er das schon getan, aber es hat ihm zu lange gedauert. Oder vielleicht bekam er einfach Panik. Wir haben Sie gerufen, weil wir dachten, dass Robert getrunken hatte, das stimmte nicht. Er verdient eine zweite Chance. Er versuchte, das Leben seiner Mutter zu retten. Deswegen sollte man ihn nicht wieder ins Gefängnis schicken.“
    Der Freund von Diana schüttelte den Kopf. „Das ist nicht unsere Sache, Ma’am. Wir müssen den Vorfall berichten. Sein Bewährungshelfer und der Richter werden dann alles Weitere entscheiden.“
    „Was passiert, wenn mein Mann und ich zu seinen Gunsten aussagen?“
    Der Polizist zuckte mit den Schultern. „Dazu kann ich nichts mit Sicherheit sagen, aber das könnte wahrscheinlich die Sache ändern. Weil Sie doch …“
    „Weil ich Kayleys
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