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Solomord

Solomord

Titel: Solomord
Autoren: Sandra Duenschede
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Kindes?«
    »Darüber haben wir bisher keinerlei Erkenntnisse.«
    »Marion Settler, WAZ: Wird die Mutter sich an die Öffentlichkeit wenden, um eventuell den Entführer anzusprechen?«
    »Wir haben diese Möglichkeit in Erwägung gezogen.«
    Brandt war immer wieder fasziniert, wie ruhig und sachlich sein Vorgesetzter diese endlose Fragerei über sich ergehen ließ. Diplomatisch beantwortete er meist jede noch so provokativ gestellte Frage. Dabei verlor er niemals die Geduld. Dazu wäre er selbst nie in der Lage. Brandt wohnte den meisten Pressekonferenzen zum Glück lediglich als eine Art Alibi-Kommissar bei, damit nicht der Eindruck bei der Presse entstand, dass zu wenig Mitarbeiter mit dem Fall beschäftigt waren. Hin und wieder beantwortete er ein paar Fachfragen. Gerade bei Kapitaldelikten war er als Spezialist bei den Journalisten bereits bekannt. Heute jedoch war keine der Fragen direkt an ihn gerichtet, und so wartete er ungeduldig auf den Abschluss der Konferenz, um sich endlich wieder dem Fall zuwenden zu können. Es erschien ihm wie eine halbe Ewigkeit, bis alle Fragen ausführlich beantwortet waren und die Reporter endlich den Raum verließen.

    Auf dem Weg zurück in sein Büro fragte er Schirmer nach den Suchmannschaften, von denen in der Konferenz die Rede gewesen war.
    »Ja, wäre gut, wenn du mal rausfahren könntest.«
    »Wo genau habt ihr die Truppen eingesetzt?«
    »An den Rheinwiesen.«
    »An den Rheinwiesen? Wieso dort? Gibt es eine Spur?«
    Sein Chef schüttelte den Kopf, verwies aber auf einen Fall, bei dem vor etlicher Zeit schon einmal eine Kinderleiche auf den Rheinwiesen entdeckt worden war.
    »Aber es gibt im Fall Michelle Roeder keinerlei Anzeichen, dass der Täter mit dem Kind Richtung Rhein gefahren ist. Was ist mit dem näheren Umfeld der Schule? Wer durchsucht diese Gegend?«
    »Da habe ich jetzt Marcus’ Leute hingeschickt. Die übernehmen auch gleichzeitig die Befragung der Anwohner.«
    »Gut«, er nickte Schirmer zu. »Und sonst?«
    Sein Gegenüber zuckte nur mit den Schultern. »Es gibt bis jetzt keine Hinweise und außerdem habe ich keine weiteren Leute.«
    Brandt versuchte, sich für einen kurzen Augenblick in die Lage des Mannes zu versetzen, der Michelle entführt hatte. Wohin würde er das Mädchen bringen? Wo war man am ehesten ungestört, fiel keinem auf? Der Ort durfte nicht zu weit entfernt sein. Der Mann war sicherlich nervös und das Kind würde nach einer Weile anfangen, Fragen zu stellen, zu weinen oder vielleicht sogar zu schreien. Die Gefahr, womöglich durch die Nervosität einen Unfall zu bauen, war groß. Das wollte der Entführer sicherlich nicht riskieren.
    »Was ist mit dem Grafenberger Wald?«
    Schirmer wiederholte: »Ich habe keine weiteren Leute.«
    »Dann fordere welche an. Wir können es uns kaum leisten, wieder von der Presse zerrissen zu werden. Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen!«
    Er drehte sich um. Für ihn war klar, dass Schirmer seinem Rat folgen würde. Denn eins stand fest: Sie konnten sich keine schlechten Schlagzeilen erlauben. Schon gar nicht, wenn es um das Verschwinden eines Kindes ging.
    Schwungvoll öffnete er die Tür zum Büro und scheuchte damit Teichert und Sonja Munkert auseinander, die sehr dicht am Schreibtisch zusammengesessen hatten. Sonja war die neue Assistentin, und ihm war bereits aufgefallen, dass sein Kollege ein außerordentliches Interesse an ihr entwickelt hatte. Dass dieses Interesse inzwischen zu einem Techtelmechtel angewachsen war, war ihm allerdings entgangen. Er lächelte, bevor er fragte: »Und, Frau Munkert, haben Sie etwas über den Vater herausgefunden?«
    »Ja, ich habe es gerade schon Herrn Teichert gezeigt.«
    Wie ein Alibi hielt sie eine Akte hoch, deren roter Farbe sich ihr Gesicht leicht anpasste.
    »Und?«
    »Herr Roeder sitzt zurzeit ein.«

    Martin Schulz schloss sein Fahrrad vor der Universitätsbibliothek an einen der Metallständer an. Er vergewisserte sich, dass das Schloss auch wirklich zugeschnappt war, und suchte anschließend in seiner Hosentasche nach einem 2-Euro-Stück, das er als Pfandmarke für den Garderobenschrank benötigte. Als er die Bibliothek betrat, traf er einen Kommilitonen.
    »Mensch, Martin, du hier?«, begrüßte der Freund ihn überschwänglich. »Ich denke, du machst schon Ferien. Hast doch alle Scheine zusammen, oder?«
    Martin Schulz nickte und blickte nervös auf seine Armbanduhr.
    »Sorry, aber hab gleich eine Verabredung!« Er versuchte, sich in dem engen
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