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Traumjaeger und Goldpfote

Traumjaeger und Goldpfote

Titel: Traumjaeger und Goldpfote
Autoren: Tad Williams
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TRAUMJÄGER UND GOLDPFOTE
    I n der Stunde vor Anbeginn der Zeit kam Tiefklar Urmutter aus der Finsternis auf die kalte Erde. Sie war schwarz, und die ganze Welt schien in ihr Pelz geworden zu sein. Sie verbannte die ewige Nacht und gebar die Zwei.
    Harar Goldauge hatte Augen, so heiß und strahlend wie die Sonne zur Stunde der Kleineren Schatten; er war die Verkörperung des hellen Tags, des Mutes und des Tanzes.
    Fela Himmeltanz, seine Gefährtin, war schön wie Freiheit und Wolken, wie das Lied heimgekehrter Wanderer.
    Goldauge und Himmeltanz zeugten viele Kinder und zogen sie in dem Wald auf, der die Welt zu Beginn der Älteren Tage bedeckte. Kletterblitz, Wolfsgespiel, Laubsänger und Schimmerkralle, ihre Jungen, hatten kräftige Gebisse, waren scharfäugig, behende, aufrichtig und tapfer bis zu ihren Schwanzspitzen.
    Doch die Eigentümlichsten und Schönsten von all den ungezählten Kindern Harars und Felas waren die drei Erstgeborenen.
    Der Älteste hieß Viror Windweiß; sein Fell schimmerte wie Sonnenlicht auf Schnee, und er war schnell wie der Wind …
    Das zweite Kind war Grizraz Kaltherz, grau wie die Schatten und voller Seltsamkeit …
    Der Drittgeborene wurde Tangalur Feuertatze genannt. Er war schwarz wie Tiefklar Urmutter, doch seine Pfoten waren flammend rot. Er hielt sich abseits und sang für sich allein.
    Unter den erstgeborenen Brüdern gab es Nebenbuhlerschaft. Windweiß lief so schnell und war so stark, wie eine Katze es sich nur erträumen konnte – niemand übertraf ihn im Springen oderLaufen. Feuertatze war klug wie keiner; er löste alle Aufgaben und Rätsel und ersann Lieder, die das Volk viele Katzenalter hindurch sang.
    Kaltherz konnte mit den Leistungen seiner Brüder nicht wetteifern.
    Er wurde neidisch und begann den Sturz von Windweiß und die Erniedrigung des Volkes zu betreiben.
    So geschah es, dass Kaltherz ein mächtiges Untier gegen das Volk ins Feld schickte. Ptomalkum war sein Name, und es war die letzte Ausgeburt des Dämonen-Hundes Venris, den Tiefklar in den Tagen des Feuers vernichtet hatte. Ptomalkum, erweckt und genährt von Kaltherz’ Hass, tötete viele aus dem Volk, bevor er selbst von dem tapferen Windweiß erschlagen wurde. Jedoch Windweiß empfing so schwere Wunden, dass er rasch dahinsiechte und starb. Als er erkannte, dass seine Ränke zunichtegemacht waren, fürchtete sich Kaltherz, kroch in ein Loch und verschwand in der verschwiegenen Erde.
    Groß war das Wehklagen am Hofe von Harar ob des Todes von Windweiß, den alle geliebt hatten.
    Feuertatze, sein Bruder, von Gram erfüllt, floh den Hof, entsagte seinem Anspruch auf die Königswürde und wanderte in die Welt.
    Fela Himmeltanz, Windweiß’ Mutter, war von jener Zeit an stumm, und sie blieb es ihr langes Leben lang.
    Harar Goldauge jedoch war so von Zorn erfüllt, dass er weinte und gewaltige Eide schwor. Heulend ging er in die Wildnis und vernichtete alles, was ihm auf seiner Suche nach dem verräterischen Kaltherz in die Quere kam. Schließlich, unfähig, einen so großen Schmerz zu ertragen, flüchtete er sich in den Schoß der Urmutter im Himmel. Dort lebt er immer noch und jagt die leuchtende Maus der Sonne durch den Himmel. Oft blickt er von oben auf die Erde herab und hofft, Viror noch einmal unter den Bäumen des Welt-Waldes dahinlaufen zu sehen. UngezählteJahreszeiten folgten einander, und die Welt wurde älter, bevor Feuertatze seinem treulosen Bruder Kaltherz wieder begegnete.
    In den Tagen von Prinz Glattbart, als Königin Dämmerstreif herrschte, kam Tangalur Feuertatze den
Ruhus
, dem Eulenvolk, zu Hilfe. Ein rätselhaftes Untier hatte die Nester der Eulen geplündert und alle
Ruhu
-Jäger getötet, die sich ihm in den Weg gestellt hatten.
    Feuertatze machte eine Falle, indem er einen mächtigen Baum so lange mit den Krallen bearbeitete, bis er beinahe durchtrennt war, und legte sich dann auf die Lauer, den Räuber zu erwarten.
    Als das Untier in dieser Nacht erschien und Feuertatze den Baum fällte, entdeckte er zu seinem Erstaunen, dass es Grizraz Kaltherz war, der unter dem Baum begraben lag.
    Kaltherz bat Feuertatze, ihn zu befreien, und versprach, ihm die uralten Weisheiten zu enthüllen, derer er im Inneren der Erde teilhaftig geworden sei. Tangalur lachte bloß.
    Als die Sonne aufging, begann Kaltherz zu schreien. Er wand sich und kreischte, so dass Feuertatze, obgleich er eine Finte fürchtete, seinen leidenden Bruder von der Last des Baumes befreite.
    Kaltherz war so lange unter
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