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Sohn der Unendlichkeit

Sohn der Unendlichkeit

Titel: Sohn der Unendlichkeit
Autoren: Hans Kneifel
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Männer, die sie gekannt hatte. Sie lehnte sich zurück und hörte der Stimme zu, die seit Monaten immer wieder in den Stunden vor dem Einschlafen zu ihr gesprochen hatte. An nichts erinnerte sich Cardinola deutlicher als an die kurze Nacht und den Sonnenaufgang im apollinischen Tempelchen des Gartens von La Libra. Als sie nach ihrer ersten, verwirrten Reaktion zurückgerannt war, schien Dorian wie vom Boden des Planeten verschwunden zu sein. Seit dieser Nacht hatte sie viele Männer besessen, und jeder ließ sie mit einem größeren Gefühl der schalen Untauglichkeit zurück.
    Für sie gab es nur einen Standard: Dorian Variatio, der neben der schweigsamen und beherrschten Amaouri saß.
    Der Mann kam herein, blieb hinter Cardinola stehen und streckte die Hand aus. Er strich besitzergreifend über ihren Hals und die Schulter. Als seine Finger nach ihrer Brust tasteten, stand sie auf und blickte den Mann an. Er erschrak vor ihren Augen und trat einen Schritt zurück.
    Sie sagte mit nahezu unirdischer Ruhe:
    »Du widerst mich an, Head! Verlasse die Wohnung. Und wenn du mit diesem Mann dort konkurrieren kannst, was in ungefähr fünf Jahrtausenden der Fall sein wird, vielleicht – dann kannst du zurückkommen! Hinaus! Geh mir aus den Augen.«
    Sie sah ihn nicht einmal mehr an, als er verwirrt das Zimmer verließ. Ihre Augen hingen wieder an den Lippen Dorian Variatios.
    Er sprach weiter.
     
    *
     
    »Die zweite Erkenntnis ist wichtiger.
    Alles verläuft in Zyklen, die länger sind als die kollektive Erinnerung oder Geschichte eines Volkes oder eines Sonnensystems. Als Dädalos startete, versank das Festland auf Halcyon im Meer. Inzwischen hat es sich wieder gehoben und neues Land und völlig neues Leben hervorgebracht.
    Die Zyklen werden auch die Erde nicht verschonen. Nur dadurch, daß wir alle versuchen, unseren Brüdern von Fuega, Charontes oder Algene zu helfen, wenn wir Halcyon anfliegen und die Planeten, auf denen sich Menschen von dem Planeten der Flügelmenschen befinden, werden wir unsere Kultur retten. Wir retten sie, indem wir unsererseits versuchen, den Samen auszustreuen. Das, was uns nachhaltig bisher daran gehindert hatte, war unsere Arroganz.
    Mein Rat, erhärtet durch die Erlebnisse von vielen Monaten und den Kontakt mit weitaus klügeren Wesen, ist …
    … wir machen weiter wie bisher. Wir schicken unsere Schiffe nach den Zielen, die ich angeflogen habe. Wir helfen den anderen Planeten, wobei unsere Hilfe absolut selbstlos sein muß.
    Unser Ziel muß sein, zu werden wie die Menschen Halcyons.
    Wenn wir tun, was ich vorgeschlagen habe, werden wir dieses Ziel erreichen. In Jahrhunderten oder Jahrtausenden vielleicht erst, aber dann mit Gewißheit. Diese Wahrheit, die ich noch in vielen Veröffentlichungen und Analysen genau begründen werde, ist das eigentliche Ergebnis meines Fluges.«
    Diomed hatte die vielen Eindrücke aufgenommen und würde in den nächsten Tagen versuchen, sich über den absoluten Gehalt klar zu werden. Jetzt fragte er knapp:
    »Eine Frage für die Zuschauer. Was wirst du tun? Was hast du vor?«
    Diomed erkannte die neue Selbstsicherheit dieses Mannes, den er weitestgehend als sein Produkt bezeichnen konnte. Dorian kam ihm vor wie der hünerne Siegfried, der seinen eigenen Drachen getötet und durch das Blut gewatet war. Jetzt erst befand sich Dorian wirklich an der absoluten Spitze der Pyramide.
    »Ich werde mich für eine Woche mit Amaouri zurückziehen. Dorthin, wo mir nur Freunde folgen können, die ich sehen will. Es werden nicht mehr als ein Dutzend sein können.«
    »Und dann?« erkundigte sich Sonar Quaiser.
    »Dann habt ihr die Speicher geleert, und ich kann daran gehen, einen detaillierten Bericht über jedes Lichtjahr und jede Minute meines langen Fluges zu geben. Ich sehe für die Milliarden Menschen dieses Planeten eine ungeheure Arbeit voraus. Sie müssen sich auf einen neuen Start zu den Sternen vorbereiten – aber auf einen Start unter ganz anderen Vorzeichen.«
    »Und wie wird das Ende aussehen?« murmelte Biona 1.
    Dorian sah sie an und sagte:
    »Ich behalte es mir vor, eine Entscheidung darüber zu treffen. Ich weiß es noch nicht, aber vermutlich verlasse ich für ein Jahrhundert oder länger diesen Planeten. Wie gesagt: darüber gibt es noch keine Gewißheit.«
    Sonar sagte laut:
    »Der Kurier wird jetzt in seinen Horst fliegen wie ein Adler. Nachdem er die fremden Welten mit dem Auge des Vogels sah, sollten wir ihm eine Zeit der Ruhe einräumen. Meine
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