Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sohn der Unendlichkeit

Sohn der Unendlichkeit

Titel: Sohn der Unendlichkeit
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
Totenklage für den trefflichen Dorian wird in der Lade verstauben; ich freue mich darüber.«
    »Du magst sie zur Leier deklamieren, wenn ich wieder starte!« sagte Dorian. »Die Kameras aus, bitte.«
    Die Linsen verdunkelten sich, Klappen schoben sich vor die Objektive.
    Bionom 1, Dek Tak’Hezi, murmelte mit seiner brüchigen Stimme:
    »Wir alle danken dir, Dorian. Du hast durch deine Rückkehr und dadurch, daß du dich in einen Adler hast verwandeln lassen, alle unsere Befürchtungen zerstreut, wir hätten nicht genügend gute Arbeit geleistet. Danke!«
    Er schüttelte Dorians Hand und schlurfte in den Hintergrund zurück.
    »Und ich freue mich über die Arbeit, die vor uns allen liegt. Sie ist, im Gegenteil zu vielen Dingen der letzten Jahrhunderte, wieder voller Sinn. Das ist für mich das wichtigste Ergebnis!« sagte Diomed III. lächelte Dorian und Amaouri zu und verließ den Raum. Er freute sich.
    Langsam gingen Dorian und das Mädchen zum Fenster und sahen einige Minuten lang dem technifizierten Gewimmel rund um das Raumschiff zu, das glänzend und unversehrt in der Mitte des Raumhafens in den verdampfenden Wasserflächen stand.
    »Du liebst mich noch immer?« flüsterte Amaouri.
    »Mehr denn je«, sagte er. »Und ich weiß jetzt, daß es nur noch zwei wichtige Dinge für mich gibt.«
    »Welche? Bin ich eines davon?« fragte sie an seinem Ohr.
    »Du bist wichtig, und die Arbeit im Sinn der Menschen von Halcyon ist ebenso wichtig«, erwiderte er.
    »Du willst dorthin zurückkehren?«
    »Und mit dir um die Klippen der Glücklichen Inseln schweben!« sagte er. »Auf silbernen Schwingen des Glücks, würde Sonar voller Sarkasmus sagen.«
    Sie holte tief Atem; ein Teil der aufgestauten Spannung entwich.
    »Liebe ist manchmal nicht anders als mit Sarkasmus zu vertragen – oder besser – zu ertragen«, sagte Amaouri.
    »Du hast recht!« sagte er und dachte an die einsame Feder auf dem Bildkubus. Sie würden meinen, es sei eine Feder seiner eigenen Schwingen.
     
    *
     
    In den folgenden Monaten wurde die Dokumentation ausgearbeitet.
    Die zahllosen Impulse, die in den Speichern der Rechenanlagen ruhten, wurden in Bilder zurückverwandelt und in Analysen. Sonar und Dorian arbeiteten zusammen und verfaßten die Berichte. Sämtliche Kommunikationsmittel der Erde berichteten ununterbrochen von dem Flug.
    Das war die vordergründige Arbeit.
    Die stille, fast unbemerkt ablaufende, äußerte sich darin, daß ein Langzeitprogramm in den ersten Anfängen entwickelt wurde. Man verwandelte die Trainingsstätten des Kuriers in Modelle, in denen die Verhältnisse von Fuega, Algene und Charontes simuliert wurden. Man entwickelte Techniken und Verfahren, für diese drei Extremwelten angemessen. Die Arbeiten würden bis zu ihrer Reife Jahrhunderte brauchen – einzelne Komplexe mochten früher fertig sein. Und man rüstete ein neues Schiff, das den Planeten der Glücklichen Inseln anfliegen sollte, um von dort aus Kontakte mit den Freunden Halcyons aufzunehmen.
    »In einem Jahr, mein weitgereister Freund, werden wir arbeitslos sein«, sagte Sonar einmal mitten in der gemeinsamen Arbeit.
    »Wie lange willst du noch leben?« erkundigte sich Dorian.
    »Mindestens zweihundert Jahre«, sagte Sonar erstaunt. »Warum fragst du?«
    »Du bist Schriftsteller, Dichter, Poet … nicht wahr?«
    »Man sagt es; ich weiß es selbst nicht immer ganz genau«, entgegnete der Literat gutgelaunt.
    »Dann wirst du mit uns fliegen und die Inseln Halcyons sehen. Du wirst fliegen wie ich und später auch Amaouri, und du wirst viele fremde Kulturen sehen und endlos staunen. Die Bücher, die du dann schreibst, die Lyrik der neuen, bisher ungesehenen Bilder, wird dich zum reichsten Mann des Weltalls machen.«
    »Du scherzest?«
    »Kaum. Dies ist mein Vorschlag. Reisen bildet, sagte schon Herodot, und er bewies es auch. Ich kann das nur unterstreichen. Also bilde dich und reise!«
    »Ich soll die Erde verlassen? Ich, der Antäus unter den Sterblichen, der, wie in der Sage, nur dann lebt, wenn er die Erde berühren kann? Du willst mich entwurzeln!«
    »Antäus wäre zum Gott geworden, zum Olympier, hätte er die Erde Halcyons anrühren dürfen!« sagte Dorian. »Kommst du mit?«
    Nach einer halben Stunde, in der sie weiterarbeiteten, sagte La Libra:
    »Ja!«
    Dann rannte er weg und kam mit einer Flasche zwölfeinhalbjährigen Calvados zurück.
    Alle Dinge gerieten langsam in Bewegung. Eine ungeheure Erregung hatte sich der Bevölkerung der sterbenden Erde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher