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Sohn der Unendlichkeit

Sohn der Unendlichkeit

Titel: Sohn der Unendlichkeit
Autoren: Hans Kneifel
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unterhalb der Zehn-Kilometer-Schale anhielt.
    »Für uns beide: einen guten Flug!« sagte das Kind und schnellte sich wie eine Pfeilspitze aus der Kugel. Sie raste abwärts und steuerte mit ihrem Körper, der die gleichen dynamischen Eigenarten zu haben schien wie ein schneller Fisch des Meeres. Irgendwann später sah Dorian, wie sie die Schwingen ausbreitete und in einen langsamen Gleitflug überging, der sie sicher zurückbrachte zu den Glücklichen Inseln.
    Eine halbe Stunde später erreichte er das Schiff, schaltete den Antrieb ein und vergewisserte sich, daß Erdkurs anlag. Er hielt lange Zwiesprache mit Amaouri und holte dann das Medikament hervor, das ihm Kassandros in Gegenwart des Arztes Krates gegeben hatte. Die Menschen von Halcyon verwendeten es auf langen, allzu langen Raumflügen.
    Als er die drei runden Kapseln schluckte, sah er die kleine Feder auf dem Bildkubus Amaouris Hegen. Es war eine Feder aus den Schwingen von Eriadna.
    Er schlief lange. Ein paar Tage vor der Landung auf Terra wachte er wieder auf und freute sich, als die Spektrographen des Schiffes die irdische Sonne klar identifizierten.
    Er bereitete sich auf seine vorläufig letzte Landung vor. Er grinste, wenn er an Diomed III. La Libra oder Biona 1 dachte …

 
6.
     
    Als sich die Dampfwolke verzogen hatte – es war früher Nachmittag um das Raumhafengelände – sahen die Wartenden, wie die Luke des Kommandoraumes langsam aufschwang. Dann, einige Minuten lang, geschah nichts. Niemand zeigte sich.
    »Es geht um einen Planeten, und wenn ich mich umsehe, dann warten sechs Menschen auf den Kurier!« sagte La Libra.
    Sie standen zweihundert Meter neben dem Ambulanzgleiter. Der Schatten des Schiffes deutete auf sie, als wären sie Ziffern auf einer Sonnenuhr.
    »Was treibt dieser Wahnsinnige dort drinnen!« flüsterte Diomed. Er fühlte, wie sich von dem steinharten Klumpen in seinem Magen ein Gefühl ausbreitete, als kröchen Züge von Termiten durch alle Bahnen seines Kreislaufs.
    »Warte! Ruhig 1« sagte Amaouri.
    Sie lehnte an der glatten, im Schatten liegenden Wand des Fahrzeugs. Ihre Augen waren weit geöffnet. Nach vierzehn Monaten des Wartens hatte sie einige Dinge erkannt, die für sie nichts weniger als lebenswichtig waren.
    Dek Takllezi knurrte:
    »In wenigen Augenblicken werden wir erkannt haben, ob einige Jahrtausende Genmodualation sinnvoll waren oder nicht. Ob Dorian zuviel bezahlt hat für seinen Auftrag.«
    »Ruhe!« wisperte Minty Bonynge, Biona 1.
    Diomed III. holte aus der Brusttasche das Feldlinsengerät, stabilisierte es in der Luft vor seinen Augen und stellte den Projektor auf größte Schärfe und maximale Vergrößerung ein. Er sah das runde, schwarze Loch des Ausstiegs deutlich vor sich. Dahinter schimmerten einige Instrumente oder deren Abdeckungen. Wann kommt er endlich heraus? Warum spannt er uns auf die Folter? dachte der Kybernos angstvoll. Jetzt griff das Zittern auch auf seine Finger über.
    Ein Schatten fiel auf die glitzernden Instrumentenkanten.
    Dann trat Dorian in das Rund der Luke. Er schien größer geworden zu sein. Er trug nur seine Stiefel und eine enge weiße Hose. Er winkte kurz, dann stürzte er sich aus der Luke.
    Amaouri schrie unterdrückt auf, als sie den Körper fallen sah. Dann schlug sie beide Hände vor die Augen.
    » …wahnsinnig geworden …!« hörte sich La Libra schluchzen.
    Drei Meter Fall. Vier. Fünf. Dann entfalteten sich im Rücken des Kuriers zwei prächtige Schwingen. Sie waren silbern mit schwarzen Schwungfedern. Die Schwingen breiteten sich aus, bewegten sich in vollendeter Harmonie und trugen den Kurier in einer langgestreckten Flugbahn, die ihn dreimal um das Schiff herumbrachte, zu Boden. Während sich die Schwingen zusammenfalteten und fast unsichtbar wurden, rannte Dorian auf Amaouri zu, die langsam die Hände von den Augen nahm.
    »Die Mission ist beendet!« sagte der Kurier wie nebenbei. »Und ich sehe, daß ihr alle auf mich gewartet habt.«
    Er blieb vor Amaouri stehen. Zwischen ihren Körpern war nur eine Handbreit Platz. Dann ließ das Mädchen die Arme sinken und fiel schwer gegen Dorian. Dorian fing sie mühelos auf und zog sie in seine Arme.
    Diomed ertappte sich dabei, wie er Luftsprünge ausführte und unkontrolliertes Zeug laut schrie.
    Sonar Quaiser sagte laut:
    »Das Ende der Mission ist also ebenso wenig frei von echter Dramatik wie die Stunden vor dem Start. Ich freue mich, daß unser Freund uns auch jetzt nicht enttäuscht hat.«
    Sie kamen näher.
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