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Sohn der Unendlichkeit

Sohn der Unendlichkeit

Titel: Sohn der Unendlichkeit
Autoren: Hans Kneifel
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Selektionsfähigkeiten bedienen müssen und einer Masse technischer und biomechanischer Spielereien, die ihn einzigartig, unersetzlich und in gewisser Weise auch besonders einfältig machten; er war ein Prototyp, der jede metabolische Herausforderung mit einer neuen Fähigkeit erwidern würde. Von diesen Fähigkeiten, die zum Teil wie bedingte Reflexe abliefen, ahnte er nicht einmal die Hälfte. Er war selbst sehr gespannt darauf, ob er überlebte oder starb. Niemand war da, der dann an seine Stelle treten konnte. Auch nicht bei Amaouri, der Unvergleichlichen.
    Langsam ging er zurück in den Kommandoraum seines Raumschiffs, setzte sich in die strukturierten Polster des Sessels und betätigte schnell und sicher etwa zwei Dutzend Schalter, Verstärker, Drosseln und Schieberegler. Seine Finger verweilten über Kontaktplatten und durchbrachen modulierende Strahlen, die unsichtbar waren, aber die er, hätte er es wirklich gewollt, selbst sehen hätte können. Auf einem mehr als vier Quadratmeter großen Schirm erschien plötzlich die plastische Wiedergabe des ersten, also innersten Planeten der namenlosen Sonne. Der Autopilot hatte das Schiff dergestalt gesteuert, daß es sich der Tagseite Fuegas näherte. Aber auch die Nachtseite würde ein reichhaltiges Sortiment von gefährlichen Schrecken und tödlichen Fallen für ihn bereithalten.
    »Erstaunlich!« sagte er und betrachtete den Planeten im Bereich des normalen Sehspektrums.
    Eine Halbkugel, die im grellen Sonnenlicht lag. Die Atmosphäre, die das Bild verschleierte, bestand aus Gasen, die jedes irdische Leben binnen Minuten restlos vernichteten. Auch ihn, wenn er unvorsichtig war. Eine Landschaft aus Kratern und Gebirgen, aus riesigen Maria, aus Schluchten und aus großen Seen und Flüssen, die aus geschmolzenem Metall bestanden. Aus Wäldern und Steppen, die nichts anderes waren als groteske Silikonverbindungen, nach den unerforschten Gesetzen dieses Planeten gewachsen und blühend, verdorrend und samenspendend. Dorian schüttelte den Kopf und veränderte seine Sehfähigkeit in den infraroten Bereich hinaus.
    Ein Hitzebild erschien. Über die normalen Farben, die jeder Erdbewohner sehen und identifizieren konnte, lagerten sich die »neuen« Farben, für die nur er eine Nomenklatur entwickeln konnte. Die Flüsse aus geschmolzenem Blei bildeten Adern und Verästelungen in einem grellen Schreeyl, die Seen und das große Meer schimmerten in einem intensiven, fast mythischen Ruhb. Dorian lächelte und tippte, indem seine Finger in einem rasend schnellen Wirbel über eine Tastatur huschten, einen zusammengesetzten Befehl in das Eingabeelement des Bordrechners.
    »Die Landeblase!« sagte er leise.
    Rings um ihn tickte und summte es. Noch hörte er in der normalen Skala von sechzehn bis sechzehntausendeinhundert Hertz. Das Schiff verwandelte sich wieder in einen technisch lebendigen Organismus. Der Rechner speiste die Daten für einen stabilen Orbit ein, die Servomaschinen machten die Landeblase fertig und suchten die wenigen Hilfsgeräte heraus, die Dorian brauchte.
    »Noch zwanzig Stunden!« bemerkte er. »Zeit für einen kurzen Schlaf – ehe die große Auseinandersetzung beginnt.«
    Er erledigte sein Programm, kontrollierte den Rechner, der wiederum ihn kontrollierte, duschte kurz und zog sich dann in seine winzige Wohnkabine zurück. Die Liege faltete sich aus der Wand, die Unterlage blies sich auf, und die Bilderwand erwachte zu lautlosem, farbigen und stereoskopischen Leben. Überall Bilder von der Erde, von Dädalos’ Schild, von Amaouri und von der Schnittebene der Galaxis.
    Dorian wußte, daß er dem Schiff voll vertrauen konnte, legte sich hin und regulierte die synthetische Schwerkraft neu ein; er wollte sich richtig ausschlafen. Dann injizierte ihm die Maschine einige Kubikmillimeter feinsten Nebels, der ein Schlafmittel enthielt. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf, schloß die Augen und dachte nach.
    Die Worte des Sonar Quaiser, »La Libra«, gingen ihm nicht aus dem Sinn. Sie charakterisierten hervorragend ihn und seine Mission. Wer anders als Sonar hätte es so beschreiben können? Dorian grinste breit; schließlich war es Quaisers Beruf, die Dinge in luzider, geistreicher Form zu beschreiben.
    Wir halten Kurs auf das Universum, und das dank eines Zufalls, der schon fast makaber ist. Seit der Ausgrabung in den späten 2089ger Jahren im Tiefengestein Kretas verjüngte sich eine wahrhaft bizarre Pyramide, deren absolute Spitze Dorian ist. Er
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