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Sohn der Unendlichkeit

Sohn der Unendlichkeit

Titel: Sohn der Unendlichkeit
Autoren: Hans Kneifel
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ich hier, was ich brauche?«
    Sie stand in einer fließenden Bewegung auf und sagte:
    »Das ist das Haus des Treontes. Er ist zu Freunden geflogen, am anderen Ende des Archipels. E)u kannst benutzen, was du willst. Überall dort, wo dieses Zeichen angebracht ist«, sie deutete auf einen stilisierten Vogelkopf, der wohl den Charakter eines Türschlosses oder einer Klinke hatte, »befindet sich eine Öffnung. Du wirst die Gegenstände und deren Verwendung schnell erkennen. Sie sind denen von Terra sicher nicht unähnlich I«
    Er nickte dankbar und fragte:
    »Holst du mich heute ab, zu diesem Fest?«
    »Mit Vergnügen!«
    Volpa rannte quer durch das helle Zimmer, durch den Bogen hinaus auf die Plattform, breitete im Laufen die Schwingen aus und sprang mit einem unvergleichlich eleganten Hechtsprung über die niedrige Rampe. Sie strich rauschend wie ein riesiger Vogel ab, und ein Sonnenstrahl ließ ihr Haar wie eine Flamme auflodern. Dorian war allein.
    Er stand auf.
    Er fand ein Bad und eine Küche. Er reinigte sich, zog sich an und machte einen langen Rundgang durch das Haus. Wieder einmal mußte er erkennen, daß sämtliche Erkenntnisse der Erde, verglichen mit der Kulturstufe hier auf Halcyon, veraltet und falsch waren. Dort machte man von neun Zehnteln aller Gedanken und Errungenschaften aufsehenerregende Bemerkungen. Man überbetonte Bildung und Erziehung, Technik und Kenntnis der Naturwissenschaften. Das alles und noch mehr war hier bekannt und wurde nicht mit einer Silbe erwähnt. Jeder Mensch Terras würde sich hier fühlen wie ein unwissendes Kind – er fühlte sich so! Alles war hier integriert, selbstverständlich und klar. Hier herrschte eine kontrollierte Barbarei, die nichts anderes war als die Quersumme aller Höchstformen. Vielleicht kamen die Bewohner der Erde in einigen Jahrtausenden auch an den Punkt, an dem sich die Menschen von Halcyon III schon heute aufhielten. Verständlich, denn zu einer Zeit, als auf Terra noch die Bronzezeit herrschte, flogen diese Menschen bereits mit Schiffen quer durch die Milchstraße. Entmutigt, aber satt und ausgeruht, setzte sich Dorian auf die Terrasse in die Sonne und genoß es, sich nicht mehr länger anstrengen zu müssen.
    Hier war er ein Wissend-Unwissender.
    Sein Status war geklärt. Sein Verhalten auf Halcyons Inseln würde diesem Status entsprechen.
    Und Tausende von Fragen warteten auf Antworten.
     
    *
     
    Ein reicher Planet, dessen Bevölkerung drei Milliarden Individuen nicht überstieg, war die Voraussetzung für dieses Leben in völliger Freiheit. Es gab Vögel und Eier, Tiere, die Felle und Fleisch lieferten und meist ziegenartige Kletterwesen waren. Es gab Gärten, die sich entlang der unendlichen Kilometer der Terrassenkulturen erstreckten. Fische und Früchte des Meeres, Algensubstrate und Meeressäugetiere ernährten die Menschen auf Halcyon.
    Winzige, autarke Kernkraftwerke tief im Innern der Felsen versorgten die Wohnquartiere mit Energie und mit gefiltertem Meerwasser. Seit Jahrtausenden war die Prächtige Orogenese im Gang; sie schob mehr und mehr schroffe Landspitzen aus dem Meeresboden. Der Planet war viel älter als die Erde, und eine erneute Faltung der Kontinente war in diesem geologisch langen Zeitraum kaum zu bemerken. Nur jedes Jahr wuchs das Land um ein paar Zentimeter weiter aus dem Meer heraus.
    Jeder Bewohner dieses Planeten konnte, unabhängig von seiner persönlichen Leistung, sämtliche Einrichtungen benutzen, wann immer er es wollte. Trotz des absolut fehlenden Zwanges zur Tätigkeit gab es kaum jemanden, der nicht arbeitete. Künste und Wissenschaften blühten und hatten einen formalen und phantasiereichen Höchststand erreicht – La Libras Zynismus würde schon beim ersten Musikstück und beim ersten Bild verstummen müssen.
    »Und jetzt folgt die Essenz aus diesen Erklärungen, Icarea«, sagte Dorian und hob den Pokal mit dem bernsteinfarbenen Wein. »Ich bin der Schüler, ihr seid die Lehrer. Was soll ich tun?«
    Um sie wogte der Lärm des Festes. Es ähnelte einem der Feste von Sonar Quaiser, aber alles war feiner, weniger direkt, liebenswürdiger und ruhiger. Der Wein hatte Dorians trübe Stimmung beim ersten Schluck hinweggeschwemmt.
    »Du wirst lange unser Gast bleiben, Dorian«, sagte Icarea. Sie war eine bezaubernde junge Frau. Sie malte und fertigte Skulpturen an, die den Vergleich mit Praxiteles nicht zu scheuen brauchten. »Und wir werden dir eine Reihe von Erkenntnissen vermitteln. Deine Ankunft war für uns ein
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