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Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk

Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk

Titel: Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk
Autoren: Susanne U. Wiemer
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sah nicht mehr, wie der Priester die Hand zu einer unsicheren Geste hob. Einer Geste, die wie ein Gruß aussah, die vielleicht etwas wie ein Dank sein sollte - und die ihn im nächsten Augenblick selbst verwirrte.
    Stumm sah er den startenden Booten nach, die sich ein paar Minuten später zum letztenmal von dem Talgrund lösten und in den Nachthimmel schraubten.
    *
    Chans Augen schmerzten von dem Starren auf die funkelnden, schneebedeckten Gipfel.
    Der Kurs war nach den Daten programmiert, die über Funk von dem marsianischen Schiff gekommen waren. Sein Bruder Croi hatte noch die Handsteuerung benutzen müssen, weil er sich zwar nach Funkanweisungen richten, aber die automatische Steuerung nicht programmieren konnte. Diesmal hatte Marius Carrisser das erledigt. Warum nicht auch bei Croi? War es wirklich nötig gewesen, daß er so überstürzt startete? Hätte er nicht warten können, bis die »Deimos« die Beiboote geortet hatte?
    Bar Nergal wartete nie, wurde stets von Ungeduld getrieben.
    Der Mann vom Mars hätte es besser wissen müssen. Aber er war verwirrt gewesen, wütend, und er hatte Angst gehabt, weil es offenbar noch jemanden über ihm gab, der ihn für den Verlust der Beiboote zur Verantwortung ziehen würde. Und jetzt war Croi tot, und der Mann vom Mars gehorchte Bar Nergals Befehlen. Chan schauerte. Rasch schüttelte er die Gedanken ab und konzentrierte sich wieder auf die wilde, atemberaubende Landschaft, die unter ihm dahinglitt.
    Da war das Tal.
    Die Instrumente zeigten ihm, daß er sein Ziel erreicht hatte. Als er den letzten Bergkamm überflog, hätte er noch die Beiboote vor dem Hintergrund eisglitzernder Gipfel ausmachen können. Aber sein Blick hatte sich die ganze Zeit über wie hypnotisiert nach unten gerichtet, und er dachte auch jetzt nicht daran, in die Runde zu sehen.
    Mondlicht tauchte die Senke in seinen fahlen Schein.
    Die Schneefelder glänzten und sprühten wie mit winzigen Brillantsplittern bestreut. Zwischen schroffen Einschnitten, bizarren Felsformationen und verstreuten Blöcken dehnten sich Inseln undurchdringlicher Schwärze. Chan sah die Felswand, gegen die das Flugzeug seines Bruders gerast war. Sein Blick sog sich sekundenlang an den Trümmern fest, wanderte weiter, doch das Tor am Fuß der Wand war für ihn nur ein Schatten unter vielen.
    Sein Herz begann zu hämmern, als er abrupt die Geschwindigkeit verringerte und auf Handsteuerung umschaltete.
    Er kniff die Augen zusammen, spähte aufmerksam nach unten. Er mußte wissen, ob Bar Nergals Feinde wirklich noch in diesem Tal waren, er mußte ...
    Ein Beiboot!
    Silbern hob es sich am Rand eines großen Schneefeldes ab, unmittelbar im Schatten schroff hochragender Felsen. Chan konnte nicht wissen, daß es sich um ein havariertes Boot handelte, das die Terraner zurückgelassen hatten. Er glaubte, daß die restlichen Fahrzeuge zwischen den Felsen versteckt seien, um sie vor ihm zu verbergen. Und er sah nicht genauer hin, denn die Gestalten, die er im nächsten Moment entdeckte, beseitigten auch seine letzten Zweifel.
    Dunkle Gestalten, am Fuß der hohen Felswand nur als Schattenrisse zu erkennen.
    Chan triumphierte. Alles würde ganz leicht sein - ein Fingerdruck, mehr nicht. Und es konnte keinen Fehlschlag geben, denn die Bombe, die im Bauch der Maschine, auf ihren Einsatz wartete, war stark genug, um das ganze Tal zu verwüsten.
    Mit funkelnden Augen drückte Chan die Maschine noch etwas tiefer, ging in einen fast unmerklichen Sinkflug über und legte die Hand auf den Schalter, den er betätigen mußte ...
    *
    »Charru!«
    Camelos Stimme drang scharf durch das hohe Singen der Triebwerke. Noch lag das Tal in ihrem Blickfeld. Das Tal - und der silberne Umriß des Flugzeugs, das über den Bergrücken im Westen erschien und langsam tiefer schwebte.
    »Chan«, murmelte Cris, der sich in dem überfüllten Boot notgedrungen einen Platz mit dem schlanken, drahtigen Brass teilte.
    »Also hatte Jar-Marlod doch recht«, brummte Karstein. »Bar Nergal will wissen, was hier geschieht. Aus einem anderen Grund kann er die Maschine doch nicht losgeschickt haben, oder?«
    Charru zuckte die Achseln. Camelo warf ihm einen Blick zu.
    »Aber er weiß doch, daß das Flugzeug keine Chance gegen die Boote hat«, sagte der Sänger leise.
    »Na und? Das wußte er auch, als er Croi in den Tod schickte.«
    Charru hielt bereits das Mikrophon des Bord-Kommunikators in der Hand und rief das Fahrzeug, das er in einiger Entfernung zu seiner Rechten erkannte.
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