Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Social Netlove

Social Netlove

Titel: Social Netlove
Autoren: J Strack
Vom Netzwerk:
nur all die Jahre neben der Schule Näh- und Zeichenkurse besucht, wenn ich mich nach dem Abi nicht über meine Eltern hatte hinwegsetzen können und mich deshalb gegen das Mode-Design-Studium entschieden hatte?
    Ja
, natürlich war es unfair, meine Eltern und ihre Wir-wollen-nurdein-Bestes-Arie für meinen geplatzten Traum verantwortlich zu machen. Es war ja nicht so, als hätten sie mich an Ketten gelegt und jeden Morgen ins Büro geschleift. Stattdessen bereuten sie es heute sogar zutiefst, dass sie mich nicht einfach in irgendeine renommierte Uni gezerrt hatten.
Und nicht nur sie
. Ich brauchte mir nichts vorzumachen: Alles war aufregender, als tagein tagaus Möchtegern-Detektivin zu spielen und Google-Treffer für semibekannte Kunden aufzubereiten.
    Ach ja …
Die dunkelblonde Franziska, die ihre ganze berufliche Zukunft noch vor sich hatte, wedelte mit einem Stapel Karteikarten vor ihrem Oberkörper herum. »Ich soll die hier digitalisieren, aber der Scanner funktioniert nicht.«
    »Warte. Ich komme sofort«, antwortete ich und sperrte meinen Computer. Hier in dieser Firma traute ich außer Franzi keinem über den Weg …

»Hi Süße!« Meine beste Freundin Isabelle ließ sich erschöpft auf den mir gegenüberstehenden Sessel fallen. »Tut mir leid. Kasimirs Babysitter hatte Verspätung.«
    »Verspätung? Du meinst wohl, die Kleine hat sich frei genommen«, witzelte ich, um den Umstand herunterzuspielen, dass ich eine geschlagene Stunde auf Isabelle gewartet hatte. Ich legte den Roman beiseite, mit dem ich mir die Zeit vertrieben hatte und musterte meine Freundin, die augenscheinlich schon bessere Tage erlebt hatte. Sagte man nicht eigentlich, dass einen attraktiven Menschen nichts entstellen könnte? Isa jedenfalls war nahezu makellos gewesen, doch nun schien es, als hätte sie sich ein glanzloses Mäntelchen übergeworfen, das die einst so beeindruckende Aura meiner besten Freundin restlos verschlang. Unter ihren grün-braun gesprenkelten Augen zeichneten sich dunkle Schatten ab, die mir besonders auffielen, weil ich Isas sorgenfreies, rosiges Gesicht mein halbes Leben lang jeden Tag gesehen hatte. Offensichtlich hielt ihr kleiner Sohn sie noch immer die halbe Nacht wach – was ich ihm nicht mal verdenken konnte. Gewiss terrorisierte er sie und ihren Mann Gregor nur deshalb mit mitternächtlichen Weinkrämpfen, um sich für den unmöglichen Namen zu rächen, den seine Eltern ihm gegeben hatten. Kasimir Nepomuk – Gregor war wohl ein verkappter
Hallo Spencer
-Fan.
    »Wie geht es dem Kleinen denn?«
    »Oh, er macht gerade eine schwierige Phase durch«, murmelte Isa und tippte nervös auf ihr Handy ein.
    »Noch schwieriger als die letzten beiden schwierigen Phasen?« Dieses Kind war gerade erst zehn Monate auf der Welt und hatte bereits mehr Krisen ausgelöst als so mancher Diktator der Weltgeschichte.
    »Das ist nicht witzig, Marie.« Isabelle sah mich tadelnd und ein wenig verständnislos an. »Warte mal ab, bis du ein Kind hast, dann wirst du sehen, wie anstrengend das sein kann.«
    Noch ehe ich erwidern konnte, dass mir das Bild, das sie momentan bot, abschreckend genug war, auch nur entfernt an ein Kind zu denken,veränderte sich plötzlich ihr Gesichtsausdruck und ihre Augen begannen zu leuchten. »Aber der Stress ist nichts im Vergleich zu dem, was du zurück bekommst. Ein Kind zu haben ist das Beste, was einem passieren kann. Es gibt nichts Schöneres, als dein Kind anzusehen, wenn es dich am Morgen anlächelt und seine kleinen Finger nach dir ausstreckt.«
    Um dich im nächsten Moment anzuspucken
, fügte ich in Gedanken hinzu und schielte auf den undefinierbaren orangefarbenen Fleck, der auf Isabelles teurem Kaschmir-Pullover prangte. Seit sie mit dem schnöseligen Gregor zusammen war, trug sie nur noch erstklassige Designerstücke, für dessen Preis wir gut und gerne vier Wochen Urlaub auf Mallorca hätten machen können. Und zwar beide zusammen, all inclusive.
    »Ja, das kann ich mir gut vorstellen«, murmelte ich, um dem immer wiederkehrenden Thema ‚Mein Baby ist das tollste und beste auf der ganzen Welt‘ schnellstmöglich zu entfliehen. Doch Isabelle war mittlerweile zu einer Hardcore-Mutti mutiert, die kinderlose Frauen wie mich nur noch bedingt ernst nehmen konnte.
    »Nein, Marie«, winkte sie kopfschüttelnd ab, »du kannst dir dieses Gefühl nicht mal annähernd vorstellen. So was muss man erleben, um es zu glauben. Ich hätte mir ja selbst niemals vorstellen können, dass es solch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher