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Social Netlove

Social Netlove

Titel: Social Netlove
Autoren: J Strack
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– als würde ich mich vor seinen Augen auflösen und er wollte versuchen, das letzte bisschen Feuchtigkeit auf meinen Lippen zu spüren, ehe ich für immer verschwunden war. Diese Gedanken waren es, die mich trennten von der selbstbewussten, eigenständigen Frau, die ich gerne gewesen wäre. Der es nichts ausmachte, dass keine ihrer zwei langjährigen Beziehungen Potential für
mehr
gehabt hatte; und die es nicht kränkte, bereits von zwei Exemplaren der männlichen Gattung betrogen worden zu sein.
    Trotz unzähliger heißer Küsse und zärtlichen Umarmungen hatten sich in meinem Gedächtnis leider nur drei Gefühle festgesetzt, die beim Wort ‚Mann‘ in signalroter Leuchtschrift und mit Sirenenuntermalung aufleuchteten: Lügen, Schmerz und Ernüchterung. An keinen meiner Ex-Freunde hatte ich ein besseres Andenken. Alles in allem blieb mir deshalb nur, meine vermutlich von der Natur bestimmten Triebe, die mich unbedingt an ein Männchen binden wollten, zu ignorieren und weiterhin mit meinem Kater Fox vorlieb zu nehmen. Neben Thomas war er nämlich das einzige Wesen mit X-Chromosom, von dem ich nicht erwarten musste, dass es eines Tages eine langbeinige Schnepfe in mein Bett zerrte.
    »Es ist schon wieder eine Reklamation reingekommen«, grummelte Katja und riss mich damit aus meinen Gedanken. Ihr Mund verzog sich zu einer krausen Linie, die sie noch furchterregender aussehen ließ; genauso hatte ich mir immer die böse Hexe in den grimmschen Märchen vorgestellt.
Oha
. Wir steuerten zielsicher auf das nächste Kriegsgebiet zu.
    »Du könntest deine Verantwortung ruhig etwas ernster nehmen und dafür sorgen, dass Franziska endlich vernünftige Arbeit abliefert. Ich kann ihren Teil nicht immer kontrollieren, jetzt, wo der Chef mir auch noch dein altes Sachgebiet aufgedrückt hat.«
    Franziska war unsere Auszubildende – ein siebzehnjähriges, aufgewecktes Mädchen, das ich seit ein paar Wochen in den Online-Bereich einarbeitete. In dieser Zeit hatte sie mehr Ausschnitte gesammelt, als unsere langjährige Lektorin Irmela im gesamten letzten Jahr – und das, obwohl Franzi nebenbei noch mit mir die Buchhaltung gemacht und einen Teil des Schriftverkehrs mit den Kunden übernommen hatte. Für Katja erledigte Franzi nur ab und an etwas, und da unsere Giftspritze ihr nichts ordentlich erklärte, brauchte sie sich nicht über Fehler wundern. Ich fand jedenfalls, dass die Kleine ein wahrer Glücksgriff für unseren Chef war, da sie, im Gegensatz zu mir, den Job bei uns wirklich zu mögen schien. Lediglich ihre Einstellung zu Überstunden musste Franziska dringend überdenken, denn wenn es etwas gab, was Dr. Hagenborn hasste, dann waren es Erbsenzähler. Und so verhielt Franzi sich leider. Kurz vor Feierabend guckte sie ständig auf die Uhr, tippte auf ihr Handy ein und wurde zusehends unkonzentrierter. »Es ist wirklich wichtig, dass ich pünktlich wegkomme, Marie«, hatte sie mir mal in einer Mittagspause erzählt. Den Grund hatte sie mir nicht verraten wollen, doch ich vermutete, dass sie es in ihrem jugendlichen Übermut schlicht und ergreifend nicht für nötig hielt, unbezahlte Überstunden zu machen.
    »Franziska ist hier, um etwas zu lernen, und nicht um eine billige Arbeitskraft zu sein, der man die langweiligsten Aufgaben aufdrücken kann«, sagte ich mit Nachdruck und hoffte, Katja würde sich daran erinnern, dass genau das es gewesen war, was sie mit mir in meiner Ausbildungszeit gemacht hatte. »Sie hat schon genügend Aufgaben und ich verstehe nicht, weshalb es nötig ist, dass sie auch noch dich unterstützt.«
    »Lehrjahre sind keine Herrenjahre«, intonierte Katja das allseits verabscheute Sprichwort, mit dem vermutlich jeder Auszubildende dieses Landes schon einmal konfrontiert worden war.
    »Marie?« Die glockenhelle Stimme unserer Auszubildenden halltewie auf ihr Stichwort durch den Raum. Schnell schloss ich den Messenger – diesen Reflex hatte ich mir mittlerweile angeeignet, wobei er in diesem Fall völlig unnötig gewesen war. Vor Franzi hatte ich nun wirklich nichts zu befürchten.
    »Ja, was ist?«, fragte ich und blickte sie abwartend an.
    Wie immer trug sie eine weite, dunkle Jeans und einen schmal geschnittenen, ziemlich züchtigen Rollkragenpullover, den sie in jeder Farbe zu besitzen schien – heute war er schwarz.
    Hm
, grübelte ich bedrückt und betrachtete unsere aufgeweckte Auszubildende. Hätte ich es nicht sein müssen, die sich in solch resignierende Farben hüllte? Wozu hatte ich
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