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0955 - Blutiger Dschungel

0955 - Blutiger Dschungel

Titel: 0955 - Blutiger Dschungel
Autoren: Volker Krämer
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Dieses Land gab nicht - es nahm nur pausenlos und ohne jeden Anflug von Barmherzigkeit.
    Touristen mochten sich an seiner landschaftlichen Schönheit berauschen, doch wer auch nur ein wenig hinter die schöne Fassade blickte, der konnte die Armut, die Konflikte zwischen den Reichen und der restlichen Bevölkerung - kurz, die hässliche Fratze der Drogenkartelle und deren Macht ganz einfach nicht übersehen.
    Dieses Land - es war auch nicht das primäre Ziel seiner Reise gewesen.
    Reise?
    Doktor Artimus van Zant, Physiker, genialer Tüftler, ehemaliger Krieger der weißen Stadt Armakath, Kämpfer gegen die dunkle Seite der Magie und früherer Leiter des Projektes no tears , hielt inne.
    Nein, eine Reise konnte man seinen Abzug aus den Vereinigten Staaten sicher nicht nennen. Flucht war sicher ein treffenderes Wort. Flucht vor einer Verantwortung, die ihn zu erdrücken drohte. Als Mitglied des Zamorra-Teams hatte er sich Feinde gemacht, die in der Vorstellung eines normalen Menschen überhaupt nicht existierten. Außerirdische, Vampire, Wesen, die mit ihrer Macht versucht hatten, die gesamte Galaxie unter ihre Kontrolle zu bringen, um die dort existierenden Völker vor einer imaginären Gefahr zu beschützen.
    Sie alle waren nicht besonders gut auf Artimus van Zant zu sprechen. Man hatte ihn angegriffen - und damit auch die, die unter seinem persönlichen Schutz standen: die Kinder von no tears , die dort die Chance auf ein normales Leben bekommen sollten.
    Normales Leben.
    Das hätte sich auch Artimus gewünscht, doch er war nun einmal in den Dunstkreis derer geraten, die sich den ewigen Kampf zwischen Dunkelheit und Licht auf ihre Fahnen geschrieben hatten. Van Zant hatte sich mit seiner ganzen Energie in diesen für ihn neuen Lebensabschnitt gestürzt, doch schon bald war ihm klar geworden, dass auf jeden Sieg eine bittere Niederlage folgte: Seine geschiedene Frau war bei einem Angriff der DYNASTIE DER EWIGEN ums Leben gekommen; Khira Stolt war in seinen Armen gestorben, als der Kampf gegen den Vampirdämon Sarkana gewonnen worden war; die erste Wächterin der weißen Stadt Armakath hatte ihr Leben lassen müssen und Rola diBurn, Artimus' letzte Lebenspartnerin, hatte sich in der Gewalt einer durchgeknallten Vampirin wiedergefunden, deren Ziel es war, van Zant zu töten - und alles, was ihm lieb war, gleich dazu.
    Und er hatte all das nicht verhindern können.
    Als die Attacken auf die alte Villa, in der die Kinder untergebracht waren, immer heftiger wurden, wuchsen die Zweifel im Südstaatler noch schneller. Schließlich brachte ein bitterer Tropfen das Fass zum Überlaufen. Eine der Pädagoginnen von no tears wurde im Haus von einem Vampir ermordet.
    Nichts und niemand konnte mehr für die Sicherheit der Kinder garantieren. Also hatte van Zant einen der schwersten Entschlüsse seines Lebens gefasst: In einem organisatorischen Kraftakt hatte er gute Plätze für seine Kinder gesucht und gefunden. Manche wurden von anderen Institutionen übernommen, mit denen no tears schon mehrfach zusammengearbeitet hatte - andere fanden Pflegeeltern oder wurden gar adoptiert, wie etwa Serhat, der kleine Junge aus der Türkei, der über merkwürdige Fähigkeiten verfügte, die noch niemand wirklich ausgelotet hatte. Millisan Tull, die pädagogische Leiterin von no tears , hatte es nicht übers Herz gebracht, sich von dem Kind zu trennen. Serhat hatte so ein neues Zuhause gefunden.
    Die Kinder waren alle sehr vernünftig gewesen, als Artimus ihnen von seinem Entschluss erzählt hatte, doch die Blicke ihrer Augen sprachen eine andere Sprache. Sie alle wollten nicht fort. Mit jedem seiner kleinen Schützlinge, der die Villa verließ, zerbrach ein Stück von Artimus' Traum, und als das Anwesen endlich vollkommen leer war, fühlte der Physiker sich wie ein Verräter. Er hatte verantwortungsvoll gehandelt, doch was scherte sich sein Herz um diese Tatsache?
    Nun hielt ihn nichts mehr in den Vereinigten Staaten. Überall auf dieser kalten Erde warteten Kinder darauf, dass man ihnen half - und auch wenn er allenfalls der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein sein konnte, so wollte er diese Hilfe nicht verweigern. Vampire und Dämonen sollten sich von ihm aus gegenseitig ihre Schädel einschlagen. Damit wollte van Zant nichts mehr zu tun haben. Die realen Schrecken auf der Welt warteten auf ihn.
    Natürlich hatte er insgeheim gehofft, Rola diBurn würde ihn bei seiner Landflucht begleiten, doch Artimus war Realist genug, um da große
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