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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen
Autoren: Deborah Crombie
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meine ich? Mama sagt, er hat jeden Tag angerufen und wollte sich mit dir versöhnen. Wirst du ihn wieder aufnehmen?«
    Sie sah einem Auto nach, das die Landstraße entlangfuhr und hinter der Kurve verschwand, während sie darüber nachdachte. »Nein. Ich werde ihm vielleicht irgendwann verzeihen können, was er mir angetan hat. Aber die Kinder – er hat sie manipuliert. Er hat sie gegen mich ausgespielt, nur um seine eigenen Machtgelüste zu befriedigen. Es wird ein hartes Stück Arbeit sein, den Schaden wiedergutzumachen.«
    Sie hatte an diesem Morgen damit angefangen, als sie mit Lally ins obere Bad gegangen war und die Tür abgeschlossen hatte. Sie hatte die Tütchen aus der Tasche gezogen, die Gemma ihr gegeben hatte, und als Lally sie erschrocken angestarrt hatte, hatte sie den Inhalt in die Toilette gekippt und gespült.
    »Damit ist jetzt Schluss«, hatte sie gesagt. »Von jetzt an werde ich dich beobachten wie ein Luchs, und wenn ich auch nur den leisesten Verdacht habe, dass du dich wieder mit so was abgibst, werde ich dich in deinem Zimmer einsperren, bis du schwarz wirst. Verstanden?«
    Lally hatte nur stumm genickt, doch die Erleichterung in ihren Augen war unübersehbar gewesen.
    Die Haustür ging auf, und Lally kam heraus, gefolgt von Geordie, der aufgeregt um ihre Füße wuselte. Sie hatte ihm
das Fell gebürstet, unter fachkundiger Anleitung von Kit, und es glänzte seidig in der Sonne.
    »Er ist doch süß, findest du nicht, Mama?«, rief Lally, und als Juliet den Ausdruck unkomplizierter Freude im lächelnden Gesicht ihrer Tochter sah, dachte sie, dass vielleicht doch alles möglich war – auch ein Neuanfang.
     
    Gemma saß am Küchentisch und trank mit Rosemary Tee. Die letzten Tage hatte sie sich hier richtig wohlgefühlt, und sie konnte gar nicht verstehen, wieso sie je daran gezweifelt hatte, dass sie in dieser Familie ihren Platz finden würde. Sogar Juliet schien ihren Vertrauensbruch vergessen zu haben; sie hatte Gemma fest umarmt, als sie sich gleich nach dem Neujahrslunch mit Sam und Lally verabschiedet hatte.
    Duncan war mit Kit zu einem letzten Spaziergang mit Tess und Geordie aufgebrochen, und Hugh, der Toby unter seine Fittiche genommen hatte, als wäre er sein leiblicher Enkel, ließ den kleinen Jungen draußen auf der Wiese auf einem Shetlandpony im Kreis reiten. Bis in die Küche konnte sie Jacks Gebell und Tobys aufgeregtes Kreischen hören, und sie war nur froh, dass das Pony einen so friedfertigen Charakter hatte.
    »Die zwei verstehen sich blendend, nicht wahr?«, fasste Rosemary in Worte, was sie gerade gedacht hatte. »Hugh fehlt richtig was, seit Lally und Sam so groß geworden sind.«
    »Er kann gut mit Kindern umgehen.«
    »Zu gut, denke ich manchmal«, antwortete Rosemary lachend. »Im Grunde ist er selbst ein großes Kind. Das ist wahrscheinlich gar keine so schlechte Sache, auch wenn er meine Geduld schon des Öfteren auf eine harte Probe gestellt hat. Aber im Lauf der Jahre sind wir uns immer ähnlicher geworden.« Sie setzte ihre Tasse ab und betrachtete Gemma, als ob sie über etwas nachdächte, und sagte dann: »Es hat gut getan, dich und Duncan zusammen zu sehen. Ihr seid wirkliche Partner,
auf eine Art und Weise, wie er und Victoria es nie waren. Und das hätten sie wohl auch nie sein können, auch wenn es anders gelaufen wäre.«
    Gemma errötete. Sie hatte immer befürchtet, dass Duncans Eltern sie mit Vic vergleichen würden und dass der Vergleich zu ihrem Nachteil ausfallen würde. »Ich …«
    Doch Rosemary unterbrach sie mit einem Kopfschütteln. »Verzeih mir, wenn ich es so geradeheraus sage, aber es ist ein Geschenk, was ihr beide da habt. Das darf man nicht gering schätzen. Ich weiß, es ist ein Balanceakt, die verschiedenen Lebensbereiche auf die Reihe zu bekommen, aber du darfst deswegen das Wesentliche nicht aus den Augen verlieren. Oder zulassen, dass ein Verlust dich dagegen abstumpft.«
    Gemma wurde ganz still und nachdenklich. Als sie den Blick der älteren Frau erwiderte, hatte sie das Gefühl, nackt und bloß vor ihr zu stehen, und sie schämte sich plötzlich.
    Doch dann lächelte Rosemary. »Er ist nicht perfekt, das gebe ich zu – obwohl er mein Sohn ist. Aber andererseits kann ich mir vorstellen, dass es sehr schwer wäre, mit einem perfekten Menschen zu leben.«
     
    Sie schlugen den Weg über das Feld ein, in Richtung Middlewich Junction, und ließen die Hunde von der Leine. Der Boden war schon weitgehend trocken, und sie kamen viel
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