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So schwer, sich leicht zu fuehlen

So schwer, sich leicht zu fuehlen

Titel: So schwer, sich leicht zu fuehlen
Autoren: Deborah Rosenkranz
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einmal „die Dicke“ zu sein.
    Ständig hieß es: „Du solltest Model werden!“ Und tatsächlich kam dann jemand auf die Idee, Fotos von Jess und mir zu machen. Ich versuchte, mich zu verstecken, doch es blieb mir keine Wahl. Tapfer lächelte auch ich in die Kamera, um später auf den Bildern ganz deutlich den Unterschied zwischen „schön“ und „süß“ zu sehen. Zwischen dünn und dick. Zwischen ihr und mir.
    Ein paar Jahre später zogen wir um, und ich kam in eine neue Klasse. Hier gab es neben mir nur noch ein etwas dickeres Mädchen, und mit der Zeit zweifelte ich mehr und mehr an meinem Aussehen. Es hatte mich nie so belastet, dass ich mich wertlos gefühlt hätte, aber ich kann nicht leugnen, dass ich oft nachts im Bett lag und darüber nachdachte, wie es wohl sein würde, wenn ich schlank wäre. So schlank wie die anderen Mädchen, die in die engsten Jeans reinpassten und einfach alles tragen konnten!
    Natürlich hatte auch ich schon mal versucht, ein paar Kilos abzunehmen ... oder es mir eher gewünscht. Doch so richtig Lust, auf irgendwas zu verzichten, hatte ich auch nicht. So glaubte ich lieber den Werbesendungen, in denen einem versprochen wurde, man könne abnehmen, ohne weniger essen zu müssen! Diese sättigenden Pillen, die es in der Apotheke gab, konnte ich mir aber auch nicht leisten. Doch einmal sah ich einen Gürtel in der Werbung, den man unter der Kleidung tragen sollte und der durch vermehrtes Schwitzen zu Gewichtsverlust führen würde. Den musste ich haben!
    Ich schaffte es, meine Mutter zu überreden, dass sie mir das Ding kaufte. Voller Hoffnung trug ich ihn dann fast ununterbrochen unter meiner Kleidung. Tatsächlich schwitzte man mit dem Teil sehr stark. Dadurch nahm ich allerdings kein bisschen ab! Stattdessen fing der Gürtel tierisch an zu stinken und zu jucken. Aus der Traum!
    Ich liebte Sport in der Schule, doch ich hasste den Winter, denn dann war Geräteturnen angesagt. Davor und vor den Bundesjugendspielen hatte ich wirklich Panik; das hatte für mich nichts mit Sport zu tun. Wie sollte ich mit meinem Gewicht über das Pferd springen? Wie sollte ich nicht am Stufenbarren hängenbleiben, weil ich den Aufschwung nicht schaffte? Und das Reck war mein absoluter Albtraum.
    Doch in diesem Jahr löste sich das Problem von ganz allein. Die erste Station bei den Bundesjugendspielen war der Kasten. Ich nahm Anlauf ... und blieb mit dem Bein hängen. Ich knallte mit meinem Arm gegen den Kasten, flog drüber und landete nochmals auf dem Arm, der sofort blau und schwarz wurde.
    â€žSie muss sofort zum Arzt!“, befand mein Lehrer. Von den Schmerzen bekam ich gar nichts mit, so sehr freute ich mich, Reck, Barren und Co. entkommen zu sein! Und dann durfte ich auch noch mit dem Taxi zum Arzt fahren!
    Tatsächlich hatte ich mir den Arm angebrochen und musste drei Monate einen Gips tragen. Ich genoss es, von allen bemitleidet zu werden, und ließ mich verwöhnen. Doch ganz tief drinnen dachte ich: „Wärst du schlanker, wäre das nicht passiert.“
    Der Sommer war genauso ein Horror für mich. Mir graute davor, in den Nachrichten den Satz zu hören: „Ab morgen erwarten uns ein paar herrliche Sommertage.“ Dann wusste ich, es war wieder soweit: Ich würde wieder Ausreden erfinden müssen, um nicht ins Freibad zu gehen. Viel lieber war es mir, wenn es den ganzen Sommer regnete. Ich hasste es, mit meinen superschlanken und hübschen Freundinnen in ihren winzigen Bikinis im Schwimmbad zu liegen. Daher zog ich mich immer als Letzte aus und behielt mein T-Shirt an. Selbst im Wasser ließ ich es an, bis ich Ärger mit dem Bademeister bekam. Ich erfand wilde Geschichten: „Ich habe aber so einen Sonnenbrand!“
    In einem Jahr wurde es zum Trend, im Wasser das T-Shirt anzulassen. Mensch, war ich froh darüber!
    Seit meiner Kindheit hatte ich keinen Bikini mehr getragen. Ich hatte einen dicken Bauch, der durch einen Zweiteiler unvorteilhaft betont wurde, daher zog ich nur Badeanzüge an und legte mich auf der Wiese immer sofort auf den Bauch, um ihn zu verstecken. Dennoch wäre ich nie auf die Idee gekommen, die Finger von den leckeren Pommes mit Ketchup und Mayonnaise zu lassen.
    In der Schule schämte ich mich, wenn ich an der Tafel stand. Immer dachte ich: „Die finden mich bestimmt alle furchtbar fett.“
    Als ich in einem Jahr in
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