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So schwer, sich leicht zu fuehlen

So schwer, sich leicht zu fuehlen

Titel: So schwer, sich leicht zu fuehlen
Autoren: Deborah Rosenkranz
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ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen. Ich war jedes Mal überrascht, wie viel sie vertilgen konnte. Ihr Speiseplan bestand hauptsächlich aus Cola, Schokolade und Chips – all die Dinge, die es bei uns zu Hause nicht oft gab, weil meine Eltern mit vier Kindern genau kalkulieren mussten. Bei Marie gab es alles, was das Herz begehrte, und ich besuchte sie, so oft es ging! Ihre Mutter kochte leckere Gerichte, während wir auf dem Bett lagen und uns Filme ansahen (natürlich hatte sie auch einen eigenen Fernseher!). Selbst neben dem Bett hatte sie eine Flasche Cola stehen, falls sie in der Nacht Durst bekommen sollte. Cola!
    Ach, wie sehr wünschte ich mir, einmal in Maries Haut zu stecken! Ich stellte mir vor, wie es sein würde, wenn mich alle so ansahen, wie man sie ansah! Einfach mal shoppen gehen, und alles würde passen!
    Einmal fuhr ich mit ihr und ihrem Papa in einen großen Outlet-Store von Carhartt. Zu diesem Zeitpunkt war das die angesagteste Klamottenmarke überhaupt. Während Marie von Hose zu Hose schlüpfte und immer noch kleinere Größen verlangte, traute ich mich nicht aus meiner Umkleidekabine. Mühsam versuchte ich, die Hose zuzubekommen, die ich mir rausgesucht hatte. Da es mir zu peinlich war, meine tatsächliche Größe zu wählen, hatte ich eine kleinere mitgenommen. Doch nun hatte ich ein Problem und quälte mich in der Umkleidekabine mit dem Knopf ab, der einfach nicht zugehen wollte. Gleichzeitig hörte ich, wie Maries Vater sie mit Komplimenten überschüttete: „Wow! Das sieht aber toll aus, Marie! Die musst du auch noch nehmen.“
    Wir verließen den Laden mit mehreren vollgepackten Tüten. Davon gehörte keine mir. Erstens konnte ich mir im Grunde nur die ganz stark reduzierten Sachen leisten, bei denen die Auswahl natürlich sehr klein war. Doch noch schlimmer war, dass mir einfach nichts passen wollte. Traurig und deprimiert saß ich auf dem Rücksitz im Auto, während Marie und ihr Papa, den Mund voller fettiger Pommes, glücklich zur Musik aus dem Radio mitsangen. Wieso konnte ich nicht so sein wie sie? Wieso hatte ich solche schrecklichen Gene geerbt? Meine Brüder waren doch auch so schön schlank!
    Marie sprang zu Hause aus dem Auto und zeigte allen ihre neuesten Errungenschaften. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie traurig ich war. An diesem Abend wollte sie unbedingt noch weggehen, doch mir war der Spaß daran vergangen, und so verabschiedete ich mich. Zu Hause warf ich mich auf mein Bett und weinte. Wie ich mich und mein Leben verabscheute!
    Am nächsten Morgen begegneten wir uns wie immer in der Schule am Treffpunkt der „Coolen“. Dank meiner schönen Freundin, mit der jeder Junge der Schule zusammen sein wollte, durfte auch ich dort stehen, auch wenn ich nicht viel Beachtung bekam. Marie wartete schon auf mich und hatte ihre neuen Klamotten an, in denen sie natürlich fantastisch aussah. Sie wollte mir gerade zuwinken, als sich schon die ersten Jungs um sie sammelten. Ich stand komplett im Schatten ihrer Schönheit.
    Marie war verliebt in Marc, für dessen Zwillingsbruder Ben ich total schwärmte. Natürlich hatte der mich bisher nie beachtet. An diesem Tag war aber plötzlich alles anders! Endlich sah auch mich jemand, und zwar Ben! Ben sprach mich an, unterhielt sich mit mir und sah mir dabei tief in die Augen. Mein Herz pochte wie wild, und ich befürchtete, vor lauter Aufregung irgendwas Peinliches zu machen. Dann läutete die Schulglocke, und ich wusste nicht, ob das gut war oder nicht!
    Ben drehte sich noch mal zu mir um und meinte: „Wollen wir nach der Schule was zusammen machen?“
    Wie? Was? Hatte er das wirklich gerade gesagt? Marie freute sich total mit mir! Und wirklich, Ben holte mich nach dem Handballtraining ab und wir gingen zusammen ein Eis essen. Ich war ja schon ab und zu mit ihm, seinem Bruder und Marie unterwegs gewesen, doch das hier war etwas ganz anderes! Wir setzten uns auf eine Parkbank, und nachdem er mir gesagt hatte, dass ich eine sehr gute Handballspielerin sei, wechselte er das Thema und blieb dann auch bei diesem hängen: Marie.
    Der Abend wurde zu einem Desaster. Selbst so blind, wie ich war, begriff ich schnell, dass Ben sich nur mit mir abgab, um mehr über Marie zu erfahren. Ich hatte davon geträumt, dass Ben sich in mich verlieben würde! Aber was hatte ich mir dabei nur gedacht?! Natürlich war sie die Schöne und ich nur
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