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So schwer, sich leicht zu fuehlen

So schwer, sich leicht zu fuehlen

Titel: So schwer, sich leicht zu fuehlen
Autoren: Deborah Rosenkranz
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eine neue Klasse kam, riefen alle Mädchen: „Ist das ein Mädchen?“ Und die Jungs: „Ja, und sie ist fett!“
    Komischerweise hat mich das damals zwar verletzt, aber es war erträglich. Schlimmer war für mich, dass sie sich über meinen Minnie Mouse-Pullover lustig machten, den ich an diesem Tag anhatte.
    Zwischendurch hatte ich aber immer auch Phasen, in denen ich nicht groß über mein Gewicht nachdachte und mein Aussehen eigentlich ganz okay fand.
    Doch nun war es also passiert: Er hatte es gesagt! Er, einer der begehrtesten Jungs der Schule! Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Deswegen habe ich also keinen Freund? Deswegen interessieren sich Jungs nicht für mich? Deswegen werde ich nie auf die coolen Partys eingeladen?
    Ich war nicht hübsch genug und eindeutig zu fett. Ich blickte an mir herunter, und alles, was ich noch sah, war Fett! „Ich bin fett, fett, fett, fett, fett!“, hämmerte es in meinem Kopf.
Das Fett muss weg
    Ich bin in einer tollen Familie mit drei Brüdern aufgewachsen und hatte das Privileg und gleichzeitig den Nachteil, die einzige Tochter im Haus zu sein. Natürlich hatten auch wir unsere schlechten Tage, und wenn ich ganz ehrlich bin, war ich als Mädchen eine kleine Zicke und konnte sehr anstrengend sein. Ich wollte immer mit den Jungs spielen, da mir Mädchen zu langweilig waren, doch ich glaube nicht, dass die Jungs das so toll fanden.
    Obwohl wir aufgrund der finanziellen Lage bei uns zu Hause nicht gerade im Luxus gelebt haben, habe ich viel Liebe bekommen, die kein Geld der Welt hätte aufwiegen können und die in sehr vielen Familien leider fehlt. Ich hatte mich immer gewollt und angenommen gefühlt.
    Doch dieser Tag, diese eine Bemerkung von meinem Schwarm, riss mir den Boden unter den Füßen weg. Plötzlich spürte ich eine grenzenlose Leere in mir. Zum ersten Mal überhaupt fühlte ich mich nicht mehr akzeptiert, nicht geliebt. Und nun kannte ich auch gleich den Grund dafür: Ich war einfach zu dick, um geliebt zu werden.
    Mir wurde bewusst, wie unästhetisch es wirken musste, wenn ich beim Handball rannte und sprang, während das bei den schlanken Kolleginnen elegant und geschmeidig aussah. Plötzlich ging es gar nicht mehr um mein Können im Sport, sondern eher um das Aussehen. Ständig zupfte ich an meinem T-Shirt herum, aus Angst, es könne hochrutschen und man würde meinen Bauch sehen! Einen passenden BH zu finden, der sporttauglich war und dann auch noch bezahlbar, erwies sich als großes Problem. Also entschied ich mich, zwei BHs übereinander zu tragen.
    Shoppen war sowieso nie ein Spaß für mich gewesen, da ich nur selten fündig wurde. Alles, was mir gefiel, gab es nur in kleinen Größen, und so wurde ein Bummel durch die Stadt oft zu einem deprimierenden Erlebnis für mich. Wenn meine Freundinnen sich zum Shoppen trafen, hatte ich immer Ausreden parat. Nie im Leben wollte ich sie sehen lassen, dass ich in gar nichts reinpasste und nur Stretch-Hosen tragen konnte. Die Blamage, aus der Umkleidekabine rauszukommen und jedem zu zeigen, wie dick ich war, wollte ich mir wirklich ersparen! Wenn, dann ging ich immer allein einkaufen.
    Plötzlich fielen mir Dinge auf, die ich vorher nie registriert hatte. Die schönen, schlanken Beine meiner Freundinnen! Während sie über das Spielfeld „schwebten“, rieben meine Oberschenkel aneinander und verursachten mir Schmerzen. Ich schämte mich schrecklich für mein Äußeres und fing an, meinen Körper so weit wie möglich zu verdecken. Ich entwickelte komische Angewohnheiten, zum Beispiel hielt ich beim Sitzen immer eine Hand vor den Bauch. Als ob das etwas genützt hätte! Aber es fühlte sich für mich sicherer an.
    In der Parallelklasse war ein wunderschönes Mädchen namens Marie. Ich mochte sie sehr, weil sie unheimlich lieb war! Marie war einfach perfekt. Sie hatte ewig lange Beine, blonde, lockige Haare und ein Lächeln, das jede Wolke am Himmel verschwinden ließ. Außerdem war sie sehr groß und total schlank, und jeder, der sie sah, hielt sie für ein Model. Sie war der wahr gewordene Traum jedes Jungen, und ich bewunderte sie dafür. Marie hatte diese Gabe, trotz ihrer Schönheit andere Menschen um sich herum wahrzunehmen und sich liebevoll um sie zu kümmern. Wir freundeten uns an und waren bald unzertrennlich.
    Und natürlich konnte sie essen, was sie wollte,
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