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So schwer, sich leicht zu fuehlen

So schwer, sich leicht zu fuehlen

Titel: So schwer, sich leicht zu fuehlen
Autoren: Deborah Rosenkranz
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reparieren lassen zu müssen!
    Eigentlich hatte ich eine sehr unbeschwerte und glückliche Kindheit und liebte meinen Sport. Bis zu jenem Tag, an dem mir die Augen geöffnet wurden ...
    Ja, mein Schwarm hatte Recht: Ich war zu dick. Jedenfalls fing ich nun an, das zu glauben.
    Ich bin nie ein zierliches Mädchen gewesen und hatte mich auch immer mal wieder etwas unwohl in meiner Haut gefühlt. Aber wenn mal wieder ein verletzender Kommentar über mein Aussehen gemacht wurde, lachte ich einfach los und riss den nächsten Witz, um vom Thema abzulenken. Auch vor dem Nachbarn floh ich immer, der mir jedes Mal, wenn er mich sah, in die Wangen kniff und meinte: „Da ist wenigstens was dran!“
    Doch innerlich litt ich sehr darunter, nicht so schön zu sein wie die anderen, und mit jeder Kränkung zog ich meine innere Schutzmauer etwas mehr hoch. Meine Stärke in solchen Momenten war meine Familie. Nie im Leben hätten sie mich für meine überschüssigen Pfunde kritisiert oder gar ausgelacht. Die meiste gemeinsame Zeit verbrachten wir bei Tisch, teilten unsere Erlebnisse des Tages miteinander und genossen es, köstlich zu essen. So vergaß ich auch immer schnell die bösen Bemerkungen wieder, die regelmäßig in der Schule fielen.
    Doch schon in der Grundschule hatte ich bemerkt, dass ich anders war. Anders als die hübsche Nadine, die nach der Schule immer von den Jungs nach Hause begleitet wurde. Anders als Jessica, der die Jungs in der Pause Geschenke machten. Mein Bruder war auf der gleichen Schule wie ich, und ich war stolz darauf, einen älteren Bruder zu haben. Immer wieder suchte ich in der Schulpause nach einem Vorwand, mit ihm zu sprechen, damit seine Freunde mich beachteten. Ich wollte gesehen werden!
    Doch der Schuss ging in die andere Richtung los. Statt Aufmerksamkeit bekam ich verletzende Worte zu hören: „Hey, da kommt ja deine dicke Schwester wieder!“
    Ja, ich war dick. Mit meinen neun Jahren zählte ich zu den dicksten Mädchen der Klasse. Dennoch kann ich nicht sagen, dass ich unbeliebt war. Die anderen Mädchen in der Klasse waren immer gern mit mir zusammen, und die Jungs fürchteten sich vor mir, da ich bei Schlägereien immer erfolgreich dazwischenging, um den Schwächeren zu verteidigen. Auf den Mund gefallen war ich nicht, zu frech auch nicht. Aber ich wusste mich zu verteidigen. Die Lehrer schätzten mich wiederum wegen meiner Ehrlichkeit, und außerdem war ich eine sehr gute und ehrgeizige Schülerin.
    Trotzdem machten mich diese Bemerkungen ganz schön fertig. Regelmäßig kehrte ich auf halber Strecke zur Schule um und ging wieder nach Hause zurück, um meine Mutter davon zu überzeugen, dass ich krank war und den Unterricht nicht besuchen konnte. Doch sie kannte mich, und es half alles nichts. Sie schickte mich jedes Mal wieder zurück.
    Nach dem Unterricht, wenn Jessica und Nadine sich von den Jungs auf ein Eis einladen ließen, lief ich zu meiner Oma. Sie war die herzlichste Frau auf Erden, und ich ließ mich so gern von ihr verwöhnen. Sie liebte mich so, wie ich war, und kochte mir immer mein Lieblingsgericht: Milchreis mit Zimt und Zucker. Dabei vergaß ich meinen Frust.
    Als meine Oma starb, war ich unendlich traurig. Ich hatte die Person verloren, der ich immer alles erzählen konnte. Sie war immer für mich da gewesen. Nie wieder habe ich einen so ehrlichen, treuen, liebevollen und selbstlosen Menschen kennengelernt wie sie.
    Bis ich etwa 12 war, lebten wir in einem Hochhaus. Ein richtiges Paradies für ein Kind! Immer hatte man Freunde um sich. Einmal wurde im 4. Stock zu Mittag gegessen, dann im 11. Stock ein Film angeschaut oder im Keller Verstecken gespielt. Eines Tages zog Nancy ein, eine junge Mutter mit ihrem Baby, das einfach zuckersüß war. Wir freundeten uns an, und ich genoss es, bei ihr in der Wohnung zu sitzen. Sie war sehr schön, gertenschlank und sehr liebevoll, und sie hatte in ihrem Leben schon vieles durchgemacht, war sogar für ihren Freund zum Islam konvertiert. Diese Entscheidung hatte sie aber bald bereut, und sie wollte ihre Tochter so nicht erziehen.
    Eines Tages kam ihre Stieftochter Jess zu Besuch. Auch sie war unglaublich hübsch und so schlank. Jeder schwärmte von ihr! Ich konnte es kaum erwarten, dass sie wieder abreiste. Nicht, weil sie nicht nett gewesen wäre, sondern einfach nur, weil ich es nicht ertragen konnte, neben ihr wieder
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