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Sklaven des Himmels

Sklaven des Himmels

Titel: Sklaven des Himmels
Autoren: Edmund Cooper
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Zweigen, die gegen seinen Kopf peitschten und seine Haut aufrissen, und auch seine Arme und Beine bluteten von den Dornen, in die er mehrmals gefallen war. Er war nun überzeugt, daß er es nicht durchhalten würde bis zu ihrer Siedlung. Schon bald, wenn er erneut zu Boden ging, würde er nicht mehr die Kraft haben, wieder aufzustehen.
    Aber er schaffte es doch. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als die Nachtgänger ihr Ziel erreichten. Das erkannte Berry zumindest. Und ehe er schließlich doch bewußtlos zusammenbrach, sah er, wohin die Nachtgänger die geraubten Frauen gebracht hatten. Es war weder ein Lager noch eine Siedlung. Es war ein gewaltiger, nach oben spitz zulaufender Pfeiler aus glattem Metall, das im Sonnenschein glitzerte. Er stand genau in der Mitte eines niedergebrannten Waldstücks. Das Feuer mußte hier entsetzlich gewütet haben, denn von den hohen Bäumen war nur weiße Asche zurückgeblieben. Erstaunlich, daß es nicht weiter um sich gegriffen, sondern sich auf einen runden Fleck, nicht viel breiter als die Metallsäule, beschränkt hatte.
    Mit aufgerissenem Mund starrte Berry dieses Wunder an. Die Alten hatten also doch recht! Die Nachtgänger waren wahrhaftig Götter!
    Er stieß einen Schrei aus und stürzte zu Boden. Seine ganzen Bemühungen waren umsonst gewesen. Denn wie konnte ein Mensch hoffen, gegen Götter kämpfen zu können?
    Als letztes, ehe er schließlich das Bewußtsein verlor, sah er einen Nachtgänger sich über ihn beugen.
    Und dieser silberne Gott hatte kein Gesicht!
     

 
6.
     
    Berry erwachte ein paarmal flüchtig, ehe er seine Sinne wiederfand – so gut es sein geschwächter Zustand eben erlaubte. Als er die Augen zum erstenmal öffnete, wurde sein Blick nicht klar. Er erkannte nur vage Formen und Schatten, beides in einem fremdartigen Blau, wie er es noch nie gesehen hatte. Er versuchte, sich aufzustützten, vermochte es jedoch nicht. Entweder waren seine Arme festgebunden oder gelähmt. Der Schock darüber raubte ihm erneut das Bewußtsein.
    Beim zweiten Erwachen stellte er erleichtert fest, daß er wieder klar sehen und auch seinen Kopf bewegen konnte. Hoch über ihm glühte eine bläuliche Kugel, ähnlich wie der Mond durch dicke Wolkenschleier. Es war ein gedämpftes Licht, aber es gestattete ihm zumindest, zu erkennen, daß er sich in einer Art runden Kammer mit dunklen Wänden befand.
    Er war nicht allein. Es gab viele Lager, oder zumindest etwas, das Liegestätten ähnelte, die von Metallstäben getragen wurden. Als er seinen Hals schmerzhaft drehte, bemerkte er, daß über jedem Lager ein weiteres, ebenfalls durch Metallstäbe gehalten wurde, und darüber noch eines. Auf jedem davon ruhte unbeweglich eine Frau, deren Arme, Bauch und Beine durch breite Riemen, oder etwas Ähnliches, auf das Lager geschnallt waren. Da er außer seinem Kopf nichts rühren konnte, war er selbst offenbar genauso festgebunden. Er versuchte zu sehen, ob Vron in der Nähe lag, entdeckte sie jedoch nicht. Die Frauen, die er sah, hatten alle ihren Mund offen und die Augen geschlossen.
    Nun war also auch er der Gnade der Nachtgänger ausgeliefert. Die Angst vor dem Unbekannten und sein Elend über sein Versagen wurde durch seine Erschöpfung und die Schmerzen noch verstärkt. Müde schloß er die Augen und hoffte, er würde sterben.
    Aber er starb nicht. Er träumte. Er träumte, sechs Männer hockten auf seiner Brust, versuchten ihm die Luft abzuschnüren, ihn zu ersticken, ihn zu Tode zu foltern, doch ohne die gnädige Erlösung durch einen Dolchstich. Er dachte verschwommen, er befände sich beim Feuerpalaver und habe gerade einen vollen Bericht seines Versagens abgegeben, und nun erachteten die Londos ihn ihrer Waffen für nicht mehr würdig.
    Keuchend hob er die Lider und stellte fest, daß es wirklich nur ein Traum gewesen war. Niemand saß auf seiner Brust, und doch war jeder Atemzug eine schier unerträgliche Qual. Sein Kopf drückte so hart auf das Lager, daß er meinte, sein Schädel müsse bersten. Irgendwie gelang es ihm dann doch, den Kopf ein wenig zu bewegen, obgleich der Schmerz kaum auszuhalten war und die Anstrengung ihn der letzten Kraft beraubte.
    Die Frau auf dem nächsten Lager war noch bewußtlos, schien es zumindest zu sein. Aber das Fleisch ihres Gesichts war verzerrt, als kneteten und drückten es unsichtbare Hände. Ihre Lippen standen weit offen, ihre Zähne waren zusammengepreßt. Und obwohl sie bewußtlos war, hob und senkte ihr Busen sich krampfartig.
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