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0439 - Todesspiel in Samt und Seide

0439 - Todesspiel in Samt und Seide

Titel: 0439 - Todesspiel in Samt und Seide
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Leise zog ich die Tür hinter mir ins Schloß. Der Patient lag mit geschlossenen Augen im Bett. Er rührte sich nicht. Sein Gesicht wirkte grau und eingefallen, wie eine Totenmaske. Ich trat näher und sagte halblaut: »Hallo, Mr. Swift!« Er gab keine Antwort. In diesem Moment sah ich das Blut.
    Leuchtendrot und gierig fraß es sich in das untadelige Weiß des Bettlakens. Mit zwei Schritten war ich am Telefon. Ich riß den Hörer von der Gabel. Die Stationsschwester meldete sich. »Zimmer 113«, sagte ich. »Schicken Sie sofort den Arzt her!«
    Ich ließ den Hörer fallen und nahm einen Taschenspiegel aus dem Anzug. Ich beugte mich über Swift und hielt den Spiegel vor seine leicht geöffneten Lippen. Auf der polierten Fläche schlug sich nicht der leiseste Hauch nieder.
    Ich wußte plötzlich, daß Swift tot war. Er war nicht an den Kugeln gestorben, die der Gangster bei dem Banküberfall auf ihn abgefeuert hatte, das stand fest. Der Oberarzt hatte mir am Telefon versichert, daß die Operation zufriedenstellend verlaufen wäre. »Der Patient ist außer Gefahr«, hatte er erklärt. »Sie können mit ihm sprechen.«
    Die Tür öffnete sich. Ein junger bebrillter Arzt stürmte herein. Er warf mir einen flüchtigen Blick zu. Am Bett blieb er abrupt stehen. Dann wandte er langsam den Kopf und schaute mich prüfend und mißtrauisch an. »Wer sind Sie?« wollte er wissen.
    »Jerry Cotton, vom FBI«, stellte ich mich vor.
    Der Arzt schlug die Bettdecke zurück.
    In Swifts Körper steckte ein Messer mit kurzem Griff. Es war nur wenige Millimeter unterhalb des Verbandes in Swifts Herz gedrungen.
    »Dann sind Sie genau der richtige Mann«, meinte der,Arzt grimmig. »Für mich gibt es hier nichts mehr zu tun!«
    ***
    Dr. Ballin war groß und hager. In mehr als fünfzig Jahren hatte er es sich nicht gestattet, auch nur eine Unze überflüssiges Fett anzusetzen. Er hatte die sensiblen und doch kräftigen Finger des Chirurgen und die sonore, angenehme Stimme eines Schauspielers. Er war genau der Typ, der Patienten Ruhe und Vertrauen einflößt.
    »Es war keine leichte Operation«, erinnerte er sich. »Wir mußten buchstäblich um Swifts Leben kämpfen. Drei Stunden lang. Eine der drei Kugeln, die in seinen Oberkörper gedrungen waren, hatte den rechten Lungenflügel verletzt. Ich will Sie nicht mit medizinischen Details der Operation langweilen. Ich möchte nur sagen, daß wir stolz und zufrieden waren, als wir es geschafft hatten.«
    Er steckte sich eine Zigarette an und sah plötzlich sehr müde aus.
    Ich hörte das Ticken von Dr. Ballins Schreibtischuhr und verstand, was in ihm vorging. Über der Stadt wölbte sich ein wolkenloser blauer Himmel; die herabgelassenen Fensterjalousien teilten ihn in Streifen und projizierten ein Muster auf den spiegelblanken Linoleumboden. Der Duft von Ballins Zigarette überdeckte den penetranten Geruch von Bohnerwachs und Medizin, der sich in jedem Raum des Hospitals breitmachte.
    »Warum hat man es getan?« fragte Ballin.
    »Die Ursache ist ein Knoten«, erwiderte ich, »oder vielmehr die Tatsache, daß sich dieser Knoten plötzlich lockerte.« Ballin schaute mich verständnislos an. »Die Gangster trugen bei dem Überfall auf die Bank schwarze Gesichtstücher«, fügte ich erklärend hinzu. »Einem der Gangster rutschte das Tuch beim Geldein,sacken bis auf das Kinn herab. Sekunden später hatte er die Maske wieder befestigt, aber diese wenigen Sekunden genügten Swift, sich das Gesicht des Banditen genau einzuprägen. Deshalb mußte Swift sterben.«
    »Ich verstehe«, murmelte Dr. Ballin.
    Es klopfte. Die Stationsschwester trat ein. Das junge Gesicht unter der gestärkten Haube strahlte Strenge und Autorität aus. Bei meinem Kommen hatte ich mich in ihr Besucherjournal eingetragen.
    Ich erhob mich. Dr. Ballin sagte: »Behalten Sie Platz, Mr. Cotton. Für Förmlichkeiten ist jetzt keine Zeit.« Ich setzte mich wieder, und Dr. Ballin sagte zu der Schwester: »Mr. Swift ist ermordet worden. Der Täter muß vor etwa einer Stunde, also gegen drei Uhr, in das Krankenzimmer eingedrungen sein. Um diese Zeit hatten Sie Ihren Dienst bereits angetreten. Wer hat Swift besucht?«
    »Niemand außer Mr. Cotton, Sir.«
    »Welche anderen Besucher haben die Station zur fraglichen Zeit betreten?« erkundigte sich Dr. Ballin.
    »Nur zwei, Sir. Eine junge Dame, die zu dem Patienten in Nummer 109 wollte, und ein Mann, der Mr. Craig in 118 zu besuchen wünschte.«
    Dr. Ballin griff schweigend nach dem
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