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Sklaven des Himmels

Sklaven des Himmels

Titel: Sklaven des Himmels
Autoren: Edmund Cooper
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Sie stöhnte und ächzte, als täte ein Mann ihr Gewalt an oder als hätten die Geburtswehen eingesetzt.
    Die Anstrengung, seinen Kopf zu bewegen, war zuviel für Berry. Er versank wieder in gnädiger Schwärze.
    Als er das nächstemal erwachte, war die Situation gerade umgekehrt. Er spürte absolut keinen Druck mehr, keine Schwere. Er fühlte sich leicht wie ein Vogel. Er wollte sich bewegen, aber seine Arme und Beine waren noch angeschnallt. Und dann war ihm, als fiele er aus einer großen Höhe. Doch wie konnte das möglich sein, wenn er an das Lager gebunden war? Er verstand es nicht. Aber die Empfindung, zu fallen, war schrecklich wirklich.
    Er biß sich auf die Zunge, um nicht laut zu schreien. Erst dieser grauenvolle Druck und die Angst, keine Luft zu bekommen, und dann das Gefühl, zu schweben und danach zu fallen. Er warf einen Blick auf die Frauen. Nirgends bewegte sich eine. Das Gesicht seiner Nachbarin war nicht mehr verzerrt.
    Berry dachte über seine Lage nach. Schließlich kam er zu einer vernünftigen Erklärung. Ich liege im Sterben, sagte er sich. Es kann nicht anders sein. Ich habe viele Männer sterben sehen und weiß, daß sie manchmal Dinge schauen oder spüren, die andere nicht sehen oder fühlen können. Ihr Geist ist nicht mehr klar, weil er ebenfalls stirbt. So geht es nun auch mir, damit muß ich mich abfinden. Es ist schade, daß ich schon so jung sterben muß, aber ich kann mich an viel Gutes in meinem Leben erinnern, und ich kenne viele Männer, denen es bedeutend schlechter ging als mir.
    Er fühlte sich, weil er zu sterben glaubte, merkwürdigerweise gleich viel besser. Es störte ihn nicht mehr, daß er immer noch zu fallen schien, denn nun wußte er ja, daß sein sterbender Geist sich alles nur einbildete. Aber wenn dieses Gefühl nicht echt war, vielleicht war es dann diese seltsame Kammer hier genausowenig? Vielleicht träumte er nur, während sein Geist sich auf die letzte Wanderschaft ins Dunkel vorbereitete.
    Noch einmal warf er einen Blick auf seine Nachbarin. Sie schien eigentlich durchaus wirklich. Sie war jung und hatte feste Brüste und volle Lippen.
    Angenommen, sie war doch wirklich? Angenommen, alles war wirklich?
    Etwas wie ein heftiger Aufprall unterbrach seine trüben Überlegungen. Plötzlich dröhnte die ganze Kammer wie eine gigantische Glocke. Sein Kopf und die Köpfe der bewußtlosen Frauen zuckten ruckartig. Dann hörte das Dröhnen wieder auf. Kurz darauf vernahm er ein Summen wie von Hunderten von Bienen. Ein Teil der Wand schien zu verschwimmen, und die Kammer füllte sich mit hellem Licht.
    Mehrere Nachtgänger traten durch die neugeschaffene Öffnung in der Wand. Sie lösten die Riemen der Frauen und begannen sie zu entkleiden.
    Wilde Wut packte Berry, und sie gab ihm Kraft. Als einer der Nachtgänger auch seine Riemen aufschnallte, schlug er mit seiner guten Rechten auf den gesichtslosen Metallkopf ein.
    Der Nachtgänger schien weder beunruhigt noch verärgert. Er drückte Berry sanft zurück, als wäre er ein Kind, das es nicht besser wußte. Obgleich er keine Lippen hatte, murmelte er doch Worte, die Berry vertraut schienen, die er aber doch nicht verstehen konnte. Mit hilfloser Wut mußte er erdulden, daß der Silbermann ihn nackt auszog und schließlich wieder festschnallte.
    Als die Nachtgänger alle Kleidung eingesammelt hatten, packten sie sie in durchsichtige Säcke. Dann lösten sie irgendwie die Halterungen der Lager vom Boden – Berry bemerkte, daß sie kleine Räder hatten – und schoben jeweils die drei übereinanderliegenden durch die Öffnung. Schließlich kamen auch die Lager an die Reihe, auf deren oberstem sich Berry befand. Das Licht außerhalb der runden Kammer war so grell, daß es ihn eine Weile blendete. Erst als er sich daran gewöhnt hatte, sah er, daß man sie durch einen langen Gang in eine weitere runde Kammer rollte. Ihre Wände waren durchsichtig, aber mit Dunst beschlagen. Er glaubte, an der anderen Seite Menschen zu sehen, mochte sich aber auch täuschen.
    Als sich alle Lager in der Kammer befanden, verließen die Nachtgänger sie und schlossen die Öffnung hinter sich.
    Eine Weile geschah gar nichts.
    Berry lag auf seinem Lager, umgeben von bewußtlosen Frauen, und fragte sich, ob sie nun einer grauenhaften Ritualopferung unterzogen würden. Es war ein verrückter Gedanke. Durch seine Dummheit war er mit den bedauernswerten Frauen in dieses Land der Unwirklichkeit gebracht worden. Früher hatte er angenommen, die
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