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Sklaven des Himmels

Sklaven des Himmels

Titel: Sklaven des Himmels
Autoren: Edmund Cooper
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Entscheidungen traf, sondern weil die räuberischen Stämme, die Manches, Jords und Brumis, Frauen brauchten und offenbar in ihrer Verzweiflung auch vor einer Übermacht nicht zurückscheuten.
    Berry machte Gefangene, denn er wollte den Grund für diese so zahlreichen Überfälle wissen. Er erfuhr ihn auch. Die Nachtgänger hatten mehr Frauen denn je geholt und sich dabei hauptsächlich auf die nördlicheren Stämme konzentriert. Die sahen sich jetzt gezwungen, aus dem Süden Frauen zu rauben.
    Er hörte sich die Geschichten der Gefangenen an und wunderte sich, daß die Nachtgänger ihre Taktik geändert hatten. Früher hatten sie nur immer eine bestimmte Auswahl getroffen, wie es auch gute Jäger tun, um sicherzugehen, daß genügend Wild zur Fortpflanzung blieb und der Bestand im nächsten Jahr wieder in etwa gleich war. Aber nun benahmen die Nachtgänger sich, als wollten sie die Stämme systematisch dezimieren, ja vielleicht sogar ausrotten.
    Bisher waren die Raubzüge der Nachtgänger mehr oder weniger wie ein Schicksalsschlag hingenommen worden, der vorüberging, den man eben erdulden mußte. Aber nun sah es ganz so aus, als würden sie zu einer Lebensbedrohung der Stämme.
    Weshalb wollten die Nachtgänger die Stämme ausrotten, von denen sie doch die Frauen bekamen? Bedeutete es, daß sie ihren Bedarf jetzt anderswo decken konnten? Oder daß sie es sich nun leisten konnten, alle Frauen zu holen, die sie fanden, weil sie bald nicht mehr von den Stämmen abhängig sein würden? Oder daß sie die Frauen, die sie raubten, gar nicht alle brauchten, sondern sie nur nahmen, weil sie irgendwie in den Stämmen eine Bedrohung sahen und sie auf diese Weise ausrotten wollten?
    Doch all diese Fragen, die sich Berry stellte, waren zumindest im Augenblick noch unbeantwortbar. Es waren schon mehrere Sommer und Winter vergangen, seit die Nachtgänger die Londos überfallen hatten. Aber es war jedem klar, daß sie auch zu ihnen bald wiederkommen würden.
    Deshalb war es Berry gelungen, die Londos zu einer festen Siedlung zu überreden, die sich besser verteidigen ließ. Die Befürchtung, die Frauen zu verlieren, war größer als die Angst, der Boden könne zu heiß werden. Falls es sich herausstellte, daß der Boden wirklich heiß wurde, argumentierte Berry, könnte man rechtzeitig weiterziehen. Aber wenn die Frauen geraubt wurden, war der Stamm zum Untergang verdammt.
    Außerdem überredete Berry die Londos auch, die Gefangenen im Stamm aufzunehmen, statt sie zu töten. Sie waren gute Kämpfer, gab er zu bedenken, die mithelfen konnten, die Frauen zu verteidigen, und je mehr Hände zur Errichtung der Siedlung beitragen konnten, desto besser.
    Zur Befestigung der Siedlung wurden tief Gräben ausgehoben, zugespitzte Holzpfähle aufgestellt, Wachen durch die ganze Nacht hindurch eingeteilt, und dann gab es auch noch das Alarmsystem mit der Glocke.
    Aber all das nutzte nichts, als die Nachtgänger zuschlugen.
     

 
4.
     
    Es war eine frostklare Nacht, windlos und still. Der Vollmond stand am Himmel und badete alles in silbrigen Schein. Berry hatte sich von der Wacheinteilung nicht ausgeschlossen und stand, in warmen Schafspelz gehüllt, auf dem Wachtturm. Der Wachtturm war seine eigene Erfindung, auf die er sehr stolz war. Er bestand aus einer kleinen, mit Wänden umkleideten und überdachten Plattform auf vier Fichtenstämmen von etwa sechsfacher Mannshöhe.
    Rings um das Lager, bis zu einem Abstand von etwa hundert Schritt, hatte Berry alle Bäume fällen und das Buschwerk beseitigen lassen. Vom Wachtturm aus – er stand genau in der Mitte der Siedlung – hatte man deshalb einen guten Überblick nach allen Seiten.
    Die Glocke hatte Berry auf dem Turm anbringen lassen. Sie hing – nicht gerade sicher, auch wenn Berry das nicht ahnte – an zwei Lederriemen vom Dachbalken. Ein Ende eines weiteren Riemens war am Klöppel angebracht, und das andere am Boden der Plattform befestigt, damit die Glocke nicht von selbst läutete, wenn der Wind wehte. Wollte der Posten Alarm geben, brauchte er nur den Klöppelriemen mit aller Kraft hin und her zu ziehen. Berry hatte es schon des öfteren ausprobieren lassen und sich vergewissert, daß man die Glocke überall in der ganzen Siedlung deutlich hören konnte. Was er jedoch nicht wußte, war, daß die Lederriemen, mit denen die Glocke am Dachbalken hing, so gut wie durchgescheuert waren.
    Der Himmel wurde im Osten bereits ein wenig grau, das erste Zeichen der nicht mehr fernen
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