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Sister Sox

Titel: Sister Sox
Autoren: Max Bronski
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kleinen Raum im Keller, dessen Fensterscheiben eingeschlagen waren. Ich legte mich auf den Boden, um Genaueres auszumachen. In dem Raum befanden sich eine Couch, ein Schrank sowie Tisch und Stuhl. Die Anmutung einer Zelle. Ich schattete mit beiden Händen das Sonnenlicht ab, um Details zu erkennen. Auf der Couch lag ein zerknittertes Leintuch, davor standen rote Turnschuhe. Ich dachte sofort an Pia.
    Ich musste mir unbedingt Zutritt zum Haus verschaffen.Da ich nichts Verdächtiges bemerkte, testete ich, ob die Haustür offen war. Treffer! Ich betrat die Wohnung, ging zum Wohnzimmer und lugte hinein. Den dort stehenden Schreibtisch wollte ich genauer unter die Lupe nehmen. Da hörte ich hinter mir Schritte.
    – Peng, peng, peng!
    Diese Stimme war mir wohlbekannt. Dorst trat hinter der Tür hervor, wie immer mit Bungert im Schlepptau. Ich versuchte, in Geistesgegenwart zu machen.
    – Endlich! Ich wusste ja, dass ich Sie hier finden würde.
    Dorst lachte scheppernd. Er tippte auf meine Entenbrust.
    – Alle Entlein fliegen hoch! Sauguter Witz, aber ich würde eher sagen: Ertappt, Gossec. Auf frischer Tat.
    – Blödsinn. Ich komme gerade von einem Termin mit der Hausverwaltung in der Dr.-Friedl-Straße. Da habe ich Ihren BMW stehen sehen …
    Ich versuchte einen Schuss ins Blaue, irgendwo musste das Ding ja stehen.
    – Wo hast du die Kiste abgestellt, bellte Dorst nach hinten.
    – Hundert Meter von hier.
    Bungert war ganz kleinlaut.
    – Mit so einer Niete wie dir herumziehen zu müssen, das ist weiß Gott! eine harte Prüfung.
    Dorst kickte einen imaginären Stein durchs Zimmer. Dann hob er seinen Blick und fixierte mich mit einem harten, unbarmherzigen Zug um den Mund.
    – Aber das ist mir jetzt auch scheißegal, Gossec. Belastungsmomente gibt es trotzdem mehr als genug. Wir nehmen Sie mit und buchten Sie ein. Schluss, aus, Äpfel, Amen!
    Bungert zerrte Handschellen aus seinem Gürtel und legte sie mir an. So kam ich zu einer Freifahrt in die Innenstadt. Direkt in das Präsidium Ettstraße, das nur einige Molotowcocktailwürfe vom Dom entfernt liegt.

46
    Diesmal machten sie ernst. Ich wurde zunächst einmal erkennungsdienstlich behandelt. Dann wurde ich in ein Vernehmungszimmer geführt. Dorst nahm mir gegenüber auf der anderen Seite des Schreibtischs Platz und warf eine Mappe auf den Tisch, die meinen Namen trug. Er provozierte von Anfang an.
    – Unbescholtener Bürger, was?
    Ich nickte. Dorst zog ein Papier aus dem Ordner.
    – Kleiner Auszug, ich lese mal vor: Verfahren wegen versuchten Bankraubs, Autodiebstahl, Ordnungswidrigkeiten en masse …
    Das war irre! Jetzt wurde aus Sachen wie meinem Ausrasten beim Verlust der Scheckkarte das Sündenregister einer kriminellen Karriere gestrickt. Und das mit dem Autodiebstahl war ein Treppenwitz.
    – Ich war damals neunzehn Jahre alt, sagte ich.
    – Um so schlimmer, dass Sie da schon Autos knacken wollten.
    – Blödsinn!
    Ich haute auf den Tisch. Ich hatte damals für eine Firma gearbeitet, die schwarz abgestellte Altautos aus der Stadt aufeinen Schrottplatz schaffte. Man bekam einen Schein, auf dem Typ und Standort des Fahrzeugs aufgeführt waren. Nummernschilder hatten die alle keine mehr. Und an jenem Tag fuhr ich nach Schwabing, um einen beigen VW-Käfer mitzunehmen. Ich fand ihn schnell, haute mit der Spitzhacke das Fenster ein, um die Tür öffnen zu können, trat in das Lenkrad, um das Schloss zu knacken, hängte den Haken vorne an der Achse ein, zerrte den Wagen aus der Parklücke und schaffte ihn auf den Schrottplatz. Was ich nicht wusste, war, dass das Altauto schon von einem Kollegen abgeholt worden war und ich einen Wagen zerlegte, den sich ein Bastler gerade gekauft hatte. Der Besitzer stand während meiner Aktionen oben in seiner Wohnung und protokollierte alles mit, weil er darauf setzte, dass er damit und mit einer anschließenden Anzeige am meisten aus der Sache rausholen konnte. Und so war es auch.
    – Nette Geschichte, sagte Dorst, geht mir aber ziemlich am Arsch vorbei. Schauen Sie mal da!
    Er legte mir ein Foto vor. Es zeigte mich am Steuer meines Busses. Darunter war die Geschwindigkeit aufgeführt. Ich war siebenundachtzig Stundenkilometer gefahren.
    – Na und? Soll ich gleich bezahlen?
    Dorst tippte auf die Uhrzeit und das Datum.
    – Schauen Sie mal da, lesen Sie: Das war genau zehn Minuten, nachdem die Oase in Flammen aufgegangen ist. Zwei Tote, einige Verletzte. Und Sie brettern auf der Ingolstädter Landstraße stadtauswärts.
    Er
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