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Sister Sox

Titel: Sister Sox
Autoren: Max Bronski
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Dr.-Friedl-Straße vor.
    Das Gartentor war offen. Ich ging nach hinten zur Terrasse und hörte schon von weitem eine ziemlich unangenehme Stimme. Iris saß wie ein Schulkind auf dem Gartenstuhl, das Handtäschchen auf den Knien. Es versetzte mir immer wieder einen Stich, wenn ich ihre zerknitterte Nikotinhaut und ihren wässrigen Säuferblick sah. Erleichtert registrierte sie, dass ich eingetroffen war.
    – Endlich bist du da!
    Ihr Gegenüber war ein widerlicher Schmiero, der seine Tränensäcke hinter einer überdimensionierten, getönten Pilotenbrille versteckte und seine Glatze unter einer Perücke im Stile des frühen Harry Wijnvoord, als er noch Pfannen verkaufte. Sein taubenblaues Hemd war weit offen und wies unter den Achseln bereits die ersten dunklen Flecke auf.
    – Wer sind Sie denn, schnarrte er mich an.
    – Der Onkel, erwiderte ich kurz angebunden.
    Der Hausverwalter scannte mich von oben bis unten.
    – Aber Geld haben Sie ooch keenes.
    Ich zog einen Stuhl zu mir heran und setzte mich. Iris neben mir tupfte schon wieder an ihren Augen herum.
    – Wissen Sie, Herr …?
    – Knölling!
    – … Herr Knölling, ich habe eine ziemlich schwere Zeit hinter mir. Wie Sie sehen, habe ich ordentlich eins in die Fresse bekommen, habe aber in den letzten Tagen einer ganzen Reihe von Leuten, die es nötig hatten, gehörig die Hucke vertrimmt. Was ich sagen will: Ich bin leicht reizbar und werde schnell gewalttätig.
    Knölling versuchte ein Lachen von Kumpel zu Kumpel. Deswegen setzte ich gleich noch einen drauf.
    – Also würde ich vorschlagen, dass Sie mir freundlich und mit höflichem Respekt begegnen, sonst stopfe ich Ihnen mit Ihrer Perücke das Maul.
    Knölling schob seinen Stuhl etwas zurück.
    – Also Herr Knölling, wo ist das Problem?
    Knölling kramte in seiner Aktentasche und zog eine Kostenaufstellung heraus.
    – Drei Monatsmieten stehen aus. Außerdem ist die Wohnung in einem fürchterlichen Zustand und muss renoviert werden.
    Ich überflog das Blatt. Bei der Miete ging es um eine Summe von ungefähr siebentausend Euro.
    – Sicher wurde doch bei Einzug eine Kaution gestellt.
    – Ja, antwortete Knölling. Zwei Monatsmieten.
    – Dann haben wir das Problem der Renovierung doch schon abgehakt, das Geld hätten Sie doch ohnehin einbehalten.
    Knölling zuckte die Achseln.
    – Und was den Mietrückstand angeht, schlage ich vor, wir gehen einfach mal nach drinnen und sehen uns beim Mobiliar um.
    Wir gingen hinein. Ich wusste ja, dass Pia jede Menge teurer Möbel angeschafft hatte. Um Knölling gleich herunterzubremsen, sagte ich, dass ich Antiquitätenhändler sei und eine ganze Menge vom Wert eines Mobiliars verstünde. Wir schauten von Zimmer zu Zimmer, dann hatten wir genügend Stücke gefunden, mit denen sich das finanzielle Loch stopfen ließ.
    – Dann können wir gleich eine Vereinbarung dazu aufsetzen, schlug ich vor.
    Wir setzten uns wieder an den Gartentisch, und Knölling schrieb ein Papier, das er uns vorlas.
    – Das kannst du unterschreiben, sagte ich zu Iris.
    – Der Rest hier wird bis zum fünfzehnten dieses Monats ausgeräumt.
    Wir verabschiedeten uns, und der Fall war erledigt.
    – Gossec, rief mir Iris nach.
    Ich drehte mich noch einmal um. Sie kam auf mich zu und küsste mich auf die Wange.
    – Ich wollte mich nur bedanken.
    – Schon gut.
    – Glaubst du, dass du Pia noch finden kannst?
    – Iris, ich versuche es. Wirklich.
    Iris sah an mir hoch und lächelte.
    – Ich weiß. Wenn einer das schafft, dann du.
    Nur Eingeweihte konnten bemerken, dass sich hinter mirein Chor halbnackiger Engelein mit Fiedeln und Flöten zusammengefunden hatte, die mit ihren silbrig hellen Stimmchen in süßen Weisen alle guten Menschen hienieden priesen.

45
    Ich fuhr mit dem Bus zu meiner Lieblingstelefonzelle in Grünwald und machte im Telefonbuch Zakows Adresse ausfindig. Ärgerlich war, dass ich da nicht selber draufgekommen war. Hoffentlich war es noch nicht zu spät.
    Zakows Haus lag direkt an der Eierwiese. Ich schaute über die Hecke. Das Gras war kurz geschnitten, eine gepflasterte Auffahrt führte zur Garage. Alles schien ruhig. Ich wollte schon über das Tor klettern, da bemerkte ich, dass es offen war. Die Garage stand leer, offenbar war niemand da. Zur Sicherheit umrundete ich das Haus. So weit man das durch die Fenster sehen konnte, waren die Räume nur notdürftig eingerichtet. So lebte einer, der immer auf dem Sprung war. Durch einen vergitterten Lichtschacht bemerkte ich einen
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