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Sister Sox

Titel: Sister Sox
Autoren: Max Bronski
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hatte, sondern machte auf dem Absatz kehrt und marschierte los. Ich ging den ganzen Weg zu Fuß und spürte, wie tiefe Ruhe und innere Heiterkeit in mir einzukehren begannen.
    In der Zenettistraße suchte ich geradewegs Sabatino auf. Dieser Abstecher war fällig. Ich hatte einen Riesenhunger und wollte hören, was aus dieser Ecke kam. Sabatino empfing mich wie einen alten Freund und klopfte mir Schulter und Rücken ab, als sei ich ein Edelross, das soeben dengroßen Preis von Daglfing gewonnen hatte. Ich bestellte Pasta und Wein.
    – Hast du das gelesen heute in der Abendzeitung ?
    Sabatino gab sich schockiert.
    – Das mit dem Dackel? Madonna, ja, ist das furchtbar! Wer so was macht, Schwanz abschneiden, der ist doch kein Mensch.
    Zweifelnd schaute ich ihn an, war ihm aber unendlich dankbar, dass er das so sagte. Als ich gegessen hatte und zahlen wollte, winkte er ab.
    – Nix da!
    Dann griff er unter die Theke und gab mir einen Umschlag.
    – Von der Firma, sagte er. Kleine Überraschung für dich. Wegen Carmello.
    Ich befühlte den Umschlag, innen war etwas Knubbeliges.
    – Wo steckt er eigentlich?
    – Carmello?
    Sabatino breitete die Arme aus. Dann grinste er.
    – Kleiner Erziehungsurlaub in Italien, capito eh?
    Schließlich winkte er mich noch zu sich heran.
    – Leute mit Hut gibt es hier nicht mehr.
    Ich konnte nun also wieder ohne Gefahr für Leib und Leben meinen Laden und meine Wohnung betreten.

49
    Schon von weitem sah ich, dass in meiner Einfahrt ein Fahrzeug stand. Rübl umkreiste und befühlte es. Es war ein weißer, geräumiger Fiat Ducato. Ich öffnete das Kuvert, das mir Sabatino gegeben hatte, und begriff, dass es die Schlüssel für diesen Transporter enthielt. So einen hatte ich mir schon immer gewünscht, geräumig, schnell, vor allem aber neu und lange pannenfrei.
    – Sakrament, sagte Rübl, ist das deiner?
    – Logisch.
    – Wie heißt du denn eigentlich?
    – Gossec. Wilhelm Gossec.
    Er schüttelte mir jovial die Hand. Dann nahmen wir den Wagen zu zweit in Augenschein. Alles war top und durchaus zweckmäßig, aber nachdem die erste Vorfreude verflogen war, wusste ich, dass ich diesen Wagen unter keinen Umständen behalten würde. Mochte ja sein, dass ich ein arrogantes Arschloch war oder ein Blödsack, der nicht hinlangen konnte, oder gar ein hirnverbrannter Moralist, aber wenn es nicht nach meinem Kopf ging, wenn ich nicht so konnte, wie ich wollte, würde mir der Krebs in den Hoden, die Prostata, das Hirn oder sonst ein edles Teil fahren. Ich wollte niemand etwas schuldig sein, buckeln sowieso nicht, denn wer sich einmal verbiegt, bleibt ein Leben lang krumm. Vergiss es! Ich sperrte den Wagen zu und steckte den Schlüssel wieder in den Umschlag zurück. Ich würde ihn Dimauro per Post zuschicken. Dabei fiel mir der Zettel auf, den sie dazu gesteckthatten. Flößerhof , stand da. Auch die Adresse war beigegeben. Ich kannte das Lokal. Der Flößerhof ist ein Biergarten, der von Thalkirchen aus ein Stück weit flussaufwärts liegt. Aber was sollte das? Rübl unterbrach mein Sinnieren.
    – Was ist? Trinken wir noch einen bei mir?
    Donnerwetter, das war ein Angebot! Ich war auf ein Bier mit dem Hausherrn eingeladen. Kurz darauf schlappte ich hinter Rübl die Treppe hoch. Vorsichtig öffnete er die Wohnungstür. Zwei Katzen, die im Gang gewartet hatten, stiebten auseinander. Mit einer Handbewegung wies er mich an, noch zu warten, dann stieß er Lockrufe aus, die von einem ebenso gemaunzten Besu-uch ! abgeschlossen wurden.
    – Sie kennen dich noch nicht, erklärte er mir.
    Endlich durfte ich eintreten. Mir war klar, dass viele auf der Schwelle zur totalen Vereinsamung sich Tiere ins Haus holen. In Rübls Wohnung roch es so streng wie im Zoo. Schon im Gang sah man, dass die Katzen die Schränke nutzten, um sich die Krallen zu schärfen. Auch die Tapeten waren bis zu einem halben Meter Höhe abgeschabt. Im Gang bewegte man sich knackend auf Katzenstreukrümeln. Jemand hatte mir erzählt, dass es Rübl nie lange mit seinen Freundinnen ausgehalten hatte, immer gab es ein Zerwürfnis, und sie trennten sich wieder. Für seine beiden Katzen hatte er alles aufgegeben. Aber sie waren ja auch anders, sie maulten nicht, lehnten sich nicht auf und freuten sich immer, wenn er nach Hause kam.
    Ich versuchte ein Gespräch über Autos, aber Rübl wollte erst ein Bier holen. Er brachte Gläser und Bier auf einem Tablett. Als alles zum Einschenken gerichtet war, sah er, dassdie Tischplatte staubig war. Er
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