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Simulacron-Drei

Simulacron-Drei

Titel: Simulacron-Drei
Autoren: Daniel F. Galouye
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Welt sein Reaktionsprüfsystem verloren hatte.
    Jinx stand neben mir und starrte stumm vor sich hin, wie abwesend. Auch ich war in Gedanken vertieft – in Gedanken, die über mein Schicksal hinausreichten. Ich versuchte mir vorzustellen, was der Große Simulektroniker tat. Da unsere Welten auf der gleichen Zeitbasis beruhten, würde er jetzt schon wach sein.
    Vielleicht erläuterte er gerade in diesem Augenblick dem beratenden Direktorium seine Absicht. Das ließ schon die Tatsache vermuten, daß er sich mit mir noch nicht in Verbindung gesetzt hatte.
    Ich bezweifelte jedoch nicht, daß er gierig sein simulektronisches Band zwischen uns spannen würde, sobald die Formalitäten dieser Sitzung überstanden waren. Das konnte dann nur heißen, daß das Ende nahe war.
    Unter dem großen Gewicht hatten die Rollbänder ihre Geschwindigkeit immer mehr verlangsamt. Zu meiner Rechten traten zahlreiche Leute ohne Schwierigkeiten vom Expreßband und überquerten die anderen Verkehrsbahnen, um das zwei Blocks entfernte TEAG-Gebäude zu erreichen.
    Jinx umklammerte meine Hand fester.
    »Fühlst du schon etwas?«
    »Nein. Wahrscheinlich ist er immer noch beim Direktorium.«
    Aber während ich es noch bestritt, wurde mir klar, daß die Empathieverbindung schon bestand. Ich spürte seine Gegenwart – aber diesmal weit undeutlicher als zuvor.
    Die Verbindung rief diesmal nicht die stechenden Schmerzen hervor wie bei anderen Gelegenheiten. Irgendwie wußte ich, daß er zur Abwechslung einmal damit zufrieden war, leidenschaftslos zu beobachten. Wenn er mich foltern wollte, dann hob er sich das wohl für später auf. Ich sah nach links, wo Jinx stand. Ich spürte, wie ihn dieser Seheindruck erregte, wie er mein Gedächtnis nach dem absuchte, was vorgefallen war.
    Seine amüsierte Reaktion, seine sadistische Überraschung, zu erfahren, daß Jinx sich diesem simulektronischen Folterbrett ausgeliefert hatte, waren nicht zu verkennen. Verwirrt fragte ich mich, warum er mich noch nicht quälte, warum er den Empathie-Modulator noch ohne Phasenverschiebung arbeiten ließ. Dann begriff ich. Eine der raffiniertesten Arten der Folterung besteht darin, den Beginn der Tortur immer wieder hinauszuzögern.
    Als Antwort auf diesen Gedanken drang die physische Komponente seines gemeinen Lachens mit beinahe hörbarer Kraft durch. Ich sah, daß ich keine Zeit mehr verlieren durfte, weil ich nicht wußte, wieviel mir noch blieb. Und diese neue Besorgnis schien ihn sehr zu erfreuen.
    Wir verließen das Rollband und gingen zu Fuß weiter, zwängten uns durch die Menschenmenge.
    Hall? dachte ich.
    Ich bekam keine Antwort.
    Dann fiel mir ein, daß die Verbindung nur nach einer Seite offen war.
    Hall – ich glaube, ich kann die simulektronische Anlage für Sie retten.
    Nicht einmal die Spur einer amüsierten Reaktion. Hörte er zu? Aber er wußte ja doch schon, was ich vorhatte, er mußte es in meinen Hintergrundgedanken erkannt haben.
    Ich bringe die Massen dazu, Siskins Maschinen anzugreifen. Es ist mir egal, was aus mir wird.
    Wieviel Vergnügen bereitete ihm die Tatsache, daß ich ihn so verängstigt und gedemütigt ansprach?
    Ich werde es so einrichten, daß niemand Siskins Simulator duldet. Sie werden ihn zerstören. Und das wollen Sie doch. Aber es ist nicht nötig, glauben Sie mir. Wir können sowohl Siskins Maschine als auch Ihre Test-Interviewer hier verkraften. Wir brauchen nur dafür sorgen, daß die TEAG ausschließlich soziologische Probleme zu lösen versucht.
    Immer noch keine Andeutung, daß er sich darüber Gedanken machte oder überhaupt anhörte, was ich sagte.
    Ich glaube, ich kann die öffentliche Meinung gegen Siskin aufbringen. Die Leute werden ihre Wut an seinem Simulator auslassen. Das kann ich nicht verhindern. Aber Sie können es. Es wäre ganz einfach. Ein heftiges Gewitter – kurz nachdem ich sie aufgereizt habe, würde sie verjagen. Inzwischen könnten Sie ein paar Reaktionssubjekte umprogrammieren. Beseitigen Sie Siskin finanziell. Programmieren Sie eine Aktion zur Übernahme seiner Maschine in die Öffentliche Hand ein. Dann wäre dafür gesorgt, daß die Anlage nur für vernünftige Zwecke eingesetzt wird. Die Daseinsberechtigung der Test-Interviewer in dieser Welt wäre um keinen Deut geschmälert.
    Spielte er mit mir? Sollte sein andauerndes Schweigen meine Angst noch steigern? Oder wartete er auf den Augenblick, da mich die Polizei sah, wollte er beobachten, wie der Pöbel mit mir umging, wenn ich seine Illusionen
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