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Simulacron-Drei

Simulacron-Drei

Titel: Simulacron-Drei
Autoren: Daniel F. Galouye
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Horizont emporsteigen und den Morgendunst zerstreuen. Diese Sonne würde den gegenüberliegenden Horizont niemals erreichen.
    Da spürte ich auf einmal, daß jemand bei mir im Zimmer war.
    Ohne es mir anmerken zu lassen, steckte ich die Hand in die Tasche, riß die Pistole heraus und drehte mich um. Es war Jinx!
    Sie blickte auf die Waffe.
    »Das ist keine Lösung, Doug.«
    Ich hatte den Finger auf dem Abzug.
    »Warum nicht?«
    »Gleichgültig, wie oft du schießt, es nützt nichts. Du kannst mir meine Willenskraft nehmen, aber jedesmal, wenn ich mich zurückziehe, bin ich von der Lähmung befreit. Ich komme einfach immer wieder.«
    Ich steckte die Waffe ein. Mit Gewalt ging es nicht. Ich mußte einen anderen Weg finden. Sollte ich an ihre Vernunft appellieren, ihr klarmachen, daß sie nicht hier sein durfte, wenn das Ende kam?
    Sie ging auf mich zu.
    »Doug, ich liebe dich. Du liebst mich. Das habe ich doch bei der Empathie-Verbindung gemerkt. Ich brauche keinen anderen Grund, um bei dir zu sein.«
    Sie legte mir die Hand auf die Schulter, aber ich wandte mich ab.
    »Wenn wir jetzt in Empathie-Verbindung ständen, wüßtest du, daß ich dich nicht hierhaben will.«
    »Das kann ich verstehen, Liebling. Vielleicht ginge es mir genauso. Aber ich gehe trotzdem nicht zurück.«
    Ihre Haltung verriet Entschlossenheit, als sie sich dem Fenster zuwandte und auf die Stadt hinaussah.
    »Der ›Steuermann‹ hat sich noch nicht eingeschaltet?« fragte sie.
    »Nein.«
    Dann begriff ich, was ich tun mußte, wenn ich sie aus dieser Welt hinausbefördern wollte, bevor die endgültige Deprogrammierung eintrat.
    »Du hattest recht, was seine Empathie-Technik angeht«, sagte sie nachdenklich. »Normalerweise weiß das Reaktions-Subjekt gar nicht, daß sich jemand einschaltet, aber man kann es für den Betreffenden so schmerzhaft machen, wie man nur immer will. Man braucht nur eine Phasenverschiebung des Modulators durchzuführen.«
    Sie hatte nicht geblufft, mit ihrer Behauptung, immer wieder zurückkommen zu wollen, gleichgültig, wie oft ich ihr Willenszentrum auch lähmte.
    Die einzige Lösung konnte also sein, daß ich sie kurz vor dem Ende zurückschickte – so daß ihr keine Zeit mehr blieb, wieder in diese Welt zu kommen.
    Ich konnte sie jetzt überraschen, betäuben, ihr Willenszentrum bestrahlen und sie dadurch zu einem willenlosen Automaten machen. Dann konnte ich abwarten und auf die Chance vertrauen, daß sich die endgültige Deprogrammierung irgendwie ankündigte. Vielleicht würde die Sonne als erstes verschwinden. Wenn das geschah, brauchte ich nur zu befehlen, den Rückzug anzutreten, um dann zu hoffen, daß sie zu spät kommen würde.
    Aber als ich mit der Schockpistole auf sie zutrat, mußte sie mein Spiegelbild im Fenster gesehen haben.
    »Leg das weg, Doug!« sagte sie ruhig. »Die Waffe ist leer.«
    Ich warf einen Blick auf die Skala, der Zeiger stand auf Null.
    »Ich hätte früher zurückkommen können«, erklärte sie. »Aber ich habe mir die Zeit genommen, aus der Waffe die Ladung wegzuprogrammieren.«
    Sie setzte sich aufs Sofa und schlug die Beine übereinander. Entgeistert blieb ich vor dem Fenster stehen. Draußen, auf den Transportbändern, drängten sich die Leute. Die öffentliche Vorführung des Simulators würde alle Zuschauerrekorde schlagen.
    Ich wandte mich um.
    »Aber, Jinx – ich bin doch – nichts!«
    Sie lächelte.
    »Genau wie ich jetzt auch.«
    »Aber du bist wirklich! Du hast dein ganzes Leben vor dir!«
    Sie winkte mich heran.
    »Woher wissen wir, daß selbst die wirklichste aller Realitäten letzten Endes nicht doch nur subjektiv ist? Niemand kann beweisen, daß er existiert, oder?«
    »Hör auf mit dem Philosophieren.«
    Ich setzte mich neben sie.
    »Ich spreche von etwas Direktem, Bedeutungsvollem. Du hast einen Körper, eine Seele. Ich nicht!«
    Lächelnd stach sie mir den Fingernagel in den Handrücken.
    »Da. Das sollte eigentlich jeden davon überzeugen, daß er einen Körper hat.«
    Ich ergriff ihren Arm und drehte sie zu mir herüber.
    »Verdammt noch mal, Jinx! Jetzt wird es ernst!«
    »Nein, Doug«, sagte sie nachdenklich. »Es gibt keine Sicherheit, nicht einmal in der Oberen Wirklichkeit, daß die körperlichen Dinge wirklich Substanz haben. Und was die Seele angeht, wer hat behauptet, daß das Geistige einer Person mit dem Physischen zusammenhängt? Wenn das der Fall wäre, hätte ein amputierter Zwerg weniger Seele als ein aufgequollener Riese – auf jeder Welt.«
    Ich
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