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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine
Autoren: Lindsey Davis
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das?« flüsterte sie.
    »Ein Kotzbrocken hier aus der Gegend«, erläuterte ich und ersparte ihr meinen Vortrag über den Immobilienmagnaten als Schmarotzer. Aber sie kapierte sofort. »Dein Hausherr!« Schlaues Kind!
    »Ist er weg?«
    Sie nickte. Ich wollte kein Risiko eingehen und fragte noch: »Hatte er fünf oder sechs dürre Gladiatoren im Schlepptau?«
    »Alle mit einem blauen Auge und schmutzigen Verbänden.«
    »Gut, dann komm!« Wir tasteten uns durch die nassen Kleidungsstücke, die Lenia zum Trocknen auf die Straße gehängt hatte, und mußten jedesmal das Gesicht abwenden, wenn sie zurückschwappten. Endlich waren wir drinnen.
    Lenias Wäscherei. Dampfschwaden wälzten sich uns entgegen. Wäscherjungen stampften die Kleider. Bis an die aufgesprungenen Knie im heißen Wasser stehend, platschten sie in den Bottichen herum. Ein ziemlicher Lärm erfüllte die stickige Enge – die Wäsche wurde gewalkt und geschlagen und ausgewrungen, dazwischen das Geschepper irgendwelcher Kessel. Die Wäscherei nahm das ganze Erdgeschoß ein und hatte sich bis in den Hinterhof ausgedehnt.
    Die Besitzerin kam auf uns zu und begrüßte uns mit spöttischer Miene. Lenia war vermutlich sogar jünger als ich, aber mit ihrem ausgemergelten Gesicht sah sie aus wie vierzig. Ihr schlaffer Bauch schwappte über den Rand des Korbes, den sie vor sich her trug. Ein paar Haarsträhnen kräuselten unter einem farblosen Band hervor, das sie um den Kopf geschlungen hatte. Als sie meine Biene sah, stieß sie ein gackerndes Lachen aus.
    »Falco! Erlaubt dir das deine Mutter, mit kleinen Mädchen zu spielen?«
    »Dekorativ, wie?« Es sollte verbindlich klingen. »Ein Schnäppchen, das ich auf dem Forum gemacht habe.«
    »Daß mir der Lack ja keine Kratzer bekommt!« spottete Lenia. »Smaractus hat dir einen Tip hinterlassen: Du sollst bezahlen, sonst pieksen dir seine Fischerjungen mit dem Dreizack in den Allerwertesten.«
    »Wenn er was von mir will, soll er’s schriftlich einreichen. Sag ihm –«
    »Sag’s ihm selber!«
    Eigentlich stand Lenia auf meiner Seite, aber aus dem ewigen Hickhack zwischen mir und dem Hausherrn hielt sie sich heraus. Smaractus machte ihr gewisse Avancen, denen sie momentan zwar nicht nachgab, weil sie ihre Unabhängigkeit schätzte, aber als gute Geschäftsfrau hielt sie sich alle Möglichkeiten offen. Er war ein abscheulicher Kerl. In dieser Beziehung hielt ich Lenia für verrückt und hatte ihr das auch deutlich gesagt, worauf sie mir ebenso deutlich gesagt hatte, daß mich das einen feuchten Kehricht anginge.
    Ihr unruhiger Blick huschte wieder zu meiner Begleiterin hinüber.
    »Eine neue Klientin«, prahlte ich.
    »Ach nee! Bezahlt sie dich für deine Erfahrung oder bezahlst du sie für den Spaß?«
    Gemeinsam nahmen wir mein junges Fräulein in Augenschein.
    Sie trug eine weiße Untertunika aus feinem Stoff, die an den Achseln von blauen Emailspangen zusammengehalten wurde, und darüber ein ärmelloses Gewand. Es war so reichlich bemessen, daß es sich über ihrem aus Goldfäden gewirkten Gürtel bauschte. Nicht nur an den breiten Stickereien um ihren Hals, am Saum und vorne auf ihrem Gewand, sondern auch daran, wie Lenia ihre wässrigen Augen zusammenkniff, konnte ich erkennen, daß wir hier erstklassiges Tuch bewunderten. In jedem ihrer hübschen kleinen Ohren trug meine Göttin einen Drahtreifen, auf den winzige Glasperlen gefädelt waren, außerdem ein paar Halsketten, drei Armreifen am linken und vier am rechten Arm, dazu noch die verschiedensten Fingerringe in Gestalt von Schlingen, Schlangen oder Vögeln mit langen gekreuzten Schnäbeln. Wenn wir die ganze Pracht verkauft hätten, wäre mehr dabei herausgesprungen, als ich im letzten Jahr verdient hatte. Und was uns ein Bordellbesitzer für das hübsche Luder selbst gegeben hätte, daran mochte ich gar nicht denken.
    Sie war blond. Jedenfalls in diesem Monat, und da sie höchstwahrscheinlich weder aus Mazedonien noch aus Germanien stammte, mußte wohl Farbstoff im Spiel sein. Es war geschickt gemacht. Ich wäre nicht drauf gekommen, aber Lenia hat es mir später erklärt.
    Ihr Haar war in drei breite, weiche Ringellocken gelegt, die im Nacken von einem Band zusammengehalten wurden. Es zwackte mich wie Hornissenstiche, dieses Band zu lösen. Natürlich malte sie sich das Gesicht an. Meine Schwestern taten es auch. Wenn sie sich zurechtgemacht hatten, sahen sie immer aus wie frisch vergoldete Statuen. Meine Schwestern sind hinreißend, wenn sie sich
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