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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine
Autoren: Lindsey Davis
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von beiden irgendwelche Einwände erheben konnte, wieder zurück.
    Wenn ich mit dieser Klientin klarkommen wollte, mußte ich sie mir mit einem ordentlichen Strick ans Handgelenk binden.

III
    Nach dem Betrieb auf dem Forum und dem Drunter und Drüber in den Straßen war es im Falco-Apartment erfreulich still. Unten murmelte die Stadt und über der ausgedehnten Landschaft der Ziegeldächer zwitscherte gelegentlich ein Vogel. Ich wohnte direkt unter dem Dach. Wir kamen an, wie alle Ankömmlinge hier oben ankommen: völlig außer Atem. Das Mädchen blieb stehen und las mein Firmenschild aus gebranntem Ton. Dieses Firmenschild war eigentlich sinnlos, denn niemand steigt sechs Treppen hoch, wenn er nicht vorher schon weiß, wohin er will. Aber mich hatte eines Tages das Mitleid mit einem fliegenden Händler gepackt, der mich so lange beschwatzte, bis auch ich glaubte, Reklame sei gut fürs Geschäft. Für meine Branche stimmt das zwar nicht, aber egal.
    »M. Didius Falco. M für Marcus. Soll ich Sie Marcus nennen?«
    »Nein«, sagte ich.
    Wir traten ein.
    »Je höher die Treppe, desto niedriger die Miete«, erklärte ich ihr. »Früher habe ich auf dem Dach gewohnt, bis sich die Tauben beschwerten, ich würde das Niveau senken …« Ich wohnte zwischen Himmel und Erde. Das Mädchen war hingerissen. Sie kannte nur die erfreulichen Wohnlagen zu ebener Erde, mit eigenem Garten und Anschluß an die Aquädukte, und ahnte wahrscheinlich nichts von den Nachteilen meines Adlerhorstes. Ich lebte in der ständigen Angst, die Fundamente des Hauses könnten nachgeben und sechs Schichten Wohnraum in einer Wolke aus Mörtelstaub in sich zusammenstürzen, oder ich könnte in einer Brandnacht den Alarm der Feuerwache verschlafen und dann im eigenen Fett brutzeln.
    Im Nu war sie draußen auf dem Balkon. Ich ließ ihr einen Augenblick Zeit und trat dann neben sie – auf meine Aussicht war ich nämlich wirklich stolz. Zumindest diese Aussicht war phantastisch. Unser Block stand so hoch auf dem Aventin, daß man über die benachbarten Häuser hinweg unten in der Tiefe die Probus-Brücke sah. Meilenweit konnte der Blick in die Ferne schweifen – über den Fluß und den Transtiberinischen Bezirk zum Janiculus und die Landschaft der Westküste. Nachts war es am besten. Sobald der Lärm der Handkarren verhallt war, wurden alle Geräusche so intensiv, daß man hören konnte, wie das Wasser des Tibers am Ufer nippte und wie nach hinten hinaus, auf dem Palatin, die kaiserlichen Palastwachen ihre Speere in den Boden rammten.
    Tief sog sie die warme, von Großstadtdüften erfüllte Luft ein – die Gerüche aus den zahllosen Lokalen, aus den Werkstätten der Kerzenzieher und den Duft der Pinien in den öffentlichen Gärten auf dem Pincio.
    »So würde ich auch gern wohnen –« Sie mußte meinen Gesichtsausdruck bemerkt haben. »Sie halten mich für eine verhätschelte Göre! Sie glauben, ich hätte nicht bemerkt, daß Sie kein Wasser haben und keine Heizung für den Winter und keinen richtigen Backofen und daß Sie sich Ihre Mahlzeiten aus der Garküche mitbringen müssen!« Sie hatte recht, genau das hatte ich geglaubt. Sie kam näher und fragte mit gesenkter Stimme: »Wer sind Sie?«
    »Sie haben es gelesen: Didius Falco«, versetzte ich und sah sie an. »Privatermittler.«
    Sie überlegte. Einen Augenblick war sie unschlüssig, doch plötzlich wurde sie ganz aufgeregt: »Sie arbeiten für den Kaiser!«
    »Vespasian kann Leute wie mich nicht ausstehen. Nein, ich arbeite für traurige Männer, die glauben, ihre verworfenen Frauen würden mit irgendwelchen Wagenlenkern schlafen, und für noch traurigere, die wissen, daß ihre Frauen mit den eigenen Neffen schlafen. Manchmal arbeite ich auch für Frauen.«
    »Und was tun Sie für diese Frauen – oder ist das eine indiskrete Frage?«
    Ich lachte. »Alles, wofür sie mich bezahlen!«
    Ich ließ es dabei.
    Ich ging wieder nach drinnen, räumte verschiedene Dinge weg, die sie nicht sehen sollte, und fing an, das Abendessen herzurichten. Nach einiger Zeit folgte sie mir und sah sich in dem trostlosen Loch, das ich von Smaractus gemietet hatte, ein bißchen um. Der Preis, den er dafür verlangte, war eine Unverschämtheit – aber ich bezahlte ihn auch nur selten.
    Das auf den Balkon führende Zimmer war so groß, daß sich ein Hund noch eben darin umdrehen konnte – wenn er ein kleiner Hund war und den Schwanz einzog. Ein wackliger Tisch, eine schiefe Bank, ein Wandbrett mit Töpfen, eine
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