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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine
Autoren: Lindsey Davis
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provisorische Feuerstelle aus Ziegelsteinen, ein Bratrost, ein paar Weinkrüge (leer), ein Müllkorb (voll). Wenn man es leid war, drinnen andauernd auf Kakerlaken zu treten, konnte man auf den Balkon gehen, oder man wendete sich der zweiten Türöffnung zu, die hinter einem bunt gemusterten Vorhang mit einladenden Streifen verborgen lag – sie führte ins Schlafzimmer. Das Mädchen ahnte es vielleicht, jedenfalls fragte sie nicht.
    »Falls Sie an Gelage mit sieben Gängen gewöhnt sind, bei denen zwischen Eiern in Fischsauce und Fruchteis aus der Schneegrube ein ganzer Abend verstreicht, muß ich Sie warnen: Dienstags besucht mein Koch immer seine Oma.«
    Meine neue Klientin machte ein unglückliches Gesicht.
    »Bitte, keine Umstände! Ich kann essen, wenn Sie mich nach Haus gebracht haben –«
    »Sie gehen hier nicht weg!« sagte ich. »Nicht, solange ich nicht weiß, was Sie zu Hause erwartet. Und jetzt essen Sie!«
    Es gab frische Sardinen. Ich hätte ihr gern etwas Aufregenderes angeboten, aber die Frau, die sich um mein Essen kümmerte, hatte nun mal Sardinen hingestellt. Um den Fisch ein bißchen aufzumuntern, mixte ich eine kalte süße Sauce dazu: Honig mit einem Schuß von diesem und einem Spritzer von jenem, das Übliche. Das Mädchen sah mir zu, als hätte sie noch nie im Leben gesehen, wie jemand Liebstöckel und Rosmarin in einem Mörser stößt. Vielleicht hatte sie es tatsächlich noch nie gesehen.
    Ich war vor ihr mit Essen fertig, pflanzte meine Ellbogen auf die Tischkante und sah die junge Dame mit meiner vertrauenswürdigsten Miene an.
    »Und jetzt erzählen Sie dem Onkel Didius mal alles der Reihe nach. Wie heißen Sie?«
    »Helena.« Ich war so sehr mit meiner vertrauenswürdigen Miene beschäftigt, daß mir nicht auffiel, wie sie errötete. Diese Röte hätte mir sagen können, daß die Zuchtperle in dieser Auster eine Attrappe war.
    »Kennen Sie diese Unmenschen, Helena?«
    »Nein.«
    »Und wo haben sich die Kerle an Sie herangemacht?«
    »Bei uns zu Hause.«
    Ich stieß einen Pfiff aus. Das war eine Überraschung.
    Die Erinnerung machte sie wütend – und gesprächiger. Sie war von den beiden am hellichten Tage entführt worden.
    »Die läuteten wie wild an der Tür, stießen den Portier zur Seite, stürmten durchs Haus, schleiften mich nach draußen zu einer Sänfte, und dann rasten sie mit mir die Straße entlang! In dem Gedränge auf dem Forum mußten sie langsamer gehen, da bin ich abgesprungen und weggelaufen.«
    Sie hatten sie also so weit eingeschüchtert, daß sie sich still verhielt. Aber den Kopf hatte sie nicht verloren. »Haben Sie eine Ahnung, wohin die mit Ihnen wollten?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Na schön. Nur keine Sorge«, sagte ich. »Wie alt sind Sie eigentlich?«
    Sie war sechzehn. O Jupiter!
    »Verheiratet?«
    »Sehe ich aus wie eine Frau, die verheiratet ist?« Sie sah aus wie eine, die es bald sein würde.
    »Hat der Papa irgendwelche Pläne? Vielleicht hat er einen Offizier aus gutem Hause im Auge, der gerade aus Syrien oder Spanien zurückgekommen ist?«
    Die Vorstellung schien sie zu interessieren, aber sie schüttelte den Kopf. Ich konnte mir nur einen Grund vorstellen, warum man diese Schönheit entführen sollte, und steigerte die Vertrauenswürdigkeit meiner Miene. »Hat Sie in letzter Zeit einer von Papas Freunden vielleicht ein bißchen zu freundlich angelinst? Hat Ihre Mutter Sie mit irgendwelchen gutaussehenden Söhnen irgendwelcher Jugendfreundinnen bekannt gemacht?«
    »Ich habe keine Mutter«, meinte sie ruhig.
    Es entstand eine Stille, und ich fragte mich, warum sie das so merkwürdig ausgedrückt hatte. Die meisten Menschen hätten gesagt: »Meine Mutter ist tot« oder etwas Ähnliches. Ich kam zu dem Schluß, daß sich ihre ehrwürdige Mama bester Gesundheit erfreute. Wahrscheinlich hatte ihr Mann sie mit einem Lakaien im Bett erwischt und verstoßen.
    »Entschuldige – eine rein berufliche Frage: gibt es einen Verehrer, von dem deine Angehörigen nichts wissen? Ich darf doch Du sagen?«
    Plötzlich brach sie in ein Gekicher aus. »Ach, hören Sie doch mit diesem Unsinn auf! Nein, so jemanden gibt es nicht!«
    »Du bist eine sehr attraktive junge Dame!« beharrte ich und fügte rasch hinzu: »Aber bei mir bist du – sind Sie natürlich sicher.«
    »Verstehe!« Ihre großen braunen Augen funkelten vor Übermut. Verwundert mußte ich feststellen, daß sie sich über mich lustig machte.
    Es war allerdings auch Bluff dabei. Vorhin war sie zu Tode
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