Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
empfand. Sie klang jetzt matt, wie immer, wenn sie sich niedergeschlagen und einsam fühlte. Aber ob sie ihrem Onkel die Wahrheit anvertraut hatte oder ihn nur auf die Probe stellte, konnte ich nicht ermessen. Er hingegen sah aus wie ein Mann, dessen Gefühlsregungen entweder sehr seicht oder so tief waren, daß man sie gar nicht ergründen konnte.
    »Ich hätte gedacht, du würdest deinem ehrwürdigen Vater so etwas nie und nimmer zutrauen!« sagte er.
    Helena seufzte. »Das ist es ja gerade. Die Familie verläßt sich auf ihn, auf seine Ehrenhaftigkeit. Aber in Britannien hatte ich einmal ein langes Gespräch mit meiner Tante. Älia Camilla hat mir damals vieles erzählt. Daß Großvater Camillus auch deshalb in Bithynien gelebt hat, weil er Geld sparen wollte, als die finanziellen Mittel der Familie knapp wurden. Und daß er die Mitgift seiner Frau fünfundzwanzig Jahre lang kaum angegriffen hat, um Vater später für den Senat ausstatten zu können –«
    »Und wie habt ihr euch das alles erklärt, du und Älia?« erkundigte sich Publius.
    »Du kennst Papa. Er ist eigentlich kein Unruhestifter! Vielleicht glaubte er, seinen Aufgaben und seiner Verantwortung nicht gewachsen zu sein. Vielleicht hat ihn die Angst, zu versagen, zu einer unsinnigen politischen Geste verleitet. Wenn Gnäus als sein Schwiegersohn ihn irgendwie unter Druck gesetzt hat, war Vater eventuell anfällig. Vielleicht hat Gnäus ihn sogar erpreßt. Und dann hat Vater verzweifelt gekämpft, um die Schande von der Familie abzuwenden – und hat sich immer nur weiter ins Unheil verstrickt. Als ich noch verheiratet war, wollte er vielleicht auch mich irgendwie schützen. Jeder Mensch hat seine Schwächen, würde Falco sagen.«
    »Ja, immer dieser Falco«, sagte Publius mit kaum verhohlener Verachtung. »Falco ist dem Kern der Sache gefährlich nahe gekommen, meine Liebe. Wenn wir überhaupt noch etwas retten wollen, dann müssen wir diesen jungen Mann auf andere Gedanken bringen.«
    »Oh, das habe ich schon versucht!« sagte Helena Justina mit eigenartig verhaltenem Lächeln. Eine kalte Faust preßte sich mir in den Magen; ein Schauer durchlief meine Kniekehlen.
    »Ich dachte es mir! Da kommt dir dieses unerwartete Erbe doch gewiß sehr gelegen. Was hast du eigentlich damit vor? Zusammen mit Freund Falco weglaufen?«
    »Du kannst mir glauben«, versetzte Helena mit der Heftigkeit jenes Mädchens, das ich in Britannien kennengelernt hatte, »Didius Falco würde von deinem Vorschlag überhaupt nichts halten! Er will nur eines: mich so schnell wie möglich loswerden.«
    »Wirklich? Meine Spione sagen, er würde dich ansehen, als wäre er auf die Luft eifersüchtig, die du einatmest.«
    » Wirklich? «äffte Helena ihn nach. »Und was für Spione sind das, Onkel?«
    Er antwortete nicht.
    In diesem Augenblick, während ich überlegte, was Helena damit bezweckte, daß sie ihre Gefühle für mich preisgab, überwältigten mich Angst und Sehnsucht und mir entfuhr ein katastrophales Niesen.
    Mir blieb keine Zeit, die Flucht nach hinten anzutreten, also setzte ich meine unbefangenste Miene auf und trat in das Gewölbe.
    »Ihr grüner Pfeffer ist erstklassig!« beglückwünschte ich Helena, um mein Niesen zu erklären.
    »O Falco!« Ich suchte in ihrer Miene nach einer Andeutung von Freude über mein Erscheinen, aber sie klang richtig zornig. »Was haben Sie hier zu suchen?«
    »Soviel ich weiß, hatten Sie mich eingeladen?«
    »Soviel ich weiß, hatten Sie abgesagt!«
    »Zum Glück hat sich mein Pflichtbewußtsein gegenüber der Familie ziemlich rasch verflüchtigt, nachdem mir der dritte Fünfjährige mit seinem eisenbeschlagenen Schuh vor das Schienbein getreten hat. Hat Atius Pertinax hier sein Kleingeld aufbewahrt?«
    »Es ist ein Safrankeller, Falco.«
    »Das muß ich mir notieren. So einen Keller möchte ich auch haben, wenn ich mein Landhaus entwerfe! Ob ich hier wohl einen halben Liter Malabathron mitgehen lassen könnte? Es ist für ein Mädchen, das ich kenne.«
    »So etwas würden auch nur Sie fertigbringen« meinte Helena, »einer Frau mit einem Geschenk schmeicheln, das Sie ihr vorher gestohlen haben!«
    »Das hoffe ich doch«, erwiderte ich fröhlich. »Mit etwas Glück bin ich ja auch der einzige, der weiß, was am besten zu ihr paßt.«
    Die ganze Zeit über hat uns ihr Onkel mit höhnischem Lächeln zugesehen, und ich wußte, daß er sich in diesem Augenblick nichts von meinen Verführungskünsten abgucken wollte.
    »Junger Mann«, wendete er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher