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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine
Autoren: Lindsey Davis
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im Zwielicht türmten sich, sauber geschichtet wie die Grassoden in der Mauer eines Militärlagers, Dutzende von Silberbarren.
    Ich konnte sehen, wie Camillus Meto seine Nichte beobachtete.
    »Ist Falco bei dir?«
    »Nein.« Ihr Stimme klang hart.
    Er lachte kurz auf. »Hat dich wohl fallengelassen, wie?«
    Helena achtete nicht auf seine Bemerkung. »Eine Anzahlung auf die Herrschaft über das Reich! Falco hätte das gern gesehen. Zu dumm, daß er herausgefunden hat, daß drei Viertel dieser Prachtstücke gar kein Silber mehr enthalten.«
    »Der schlaue Falco!« meinte Publius gelassen. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Prätorianer bei den Villen in Pompeji und Oplontis anklopfen, um dort billige Bleirohre zu verkaufen!« Er wirkte selbstbewußter, als ich ihn in Erinnerung hatte. »Was hast du denn so ganz allein hier unten gemacht, als ich hereinkam?«
    »Ich habe nachgedacht.« Sie klang betrübt. »Über Sosia. Ich habe mich gefragt, ob sie in diesem Gewölbe gestorben ist. Sie kannte es; sie war einmal zusammen mit mir und Gnäus hier. Vielleicht ist sie hierher gekommen, sie wußte, daß es eine Geheimkammer war –«
    Mit einer hastigen Bewegung stellte Sosias Vater seine Lampe auf ein Regal, verschränkte die Arme und sah sich mit düsterer Miene um. Tiefe Furchen zeichneten sein Gesicht.
    »Zu spät! Jetzt kommt es nicht mehr darauf an«, stieß er hervor. Er wollte sie zum Schweigen bringen. Er ertrug es nicht. Ich auch nicht. Seine Stimme bebte wie bei Sosias Bestattung, so, als wollte er ihren Tod noch immer nicht wahrhaben und nicht daran erinnert werden.
    Helena seufzte. » Schön, ehrerbietig und gehorsam; Vater hat mir deine Rede vorgelesen. Er war so verstört –«
    »Er kommt damit zurecht!« versetzte Publius.
    »Nicht so gut wie früher. Vater sagte neulich zu mir, er komme sich vor wie jemand, der in einem Strudel ertrinkt – und wenn ich das hier sehe, verstehe ich ihn!«
    »Wie bitte?« Ich sah, wie Publius den Kopf hob.
    Fast ungeduldig fragte Helena: »Ist es denn nicht offensichtlich?« Sie reckte sich und sagte bekümmert: »Pertinax hat vielleicht das Lagerhaus mit dem geheimen Gewölbe zur Verfügung gestellt, aber er hatte nicht genug Köpfchen für eine so heimtückische Verschwörung. Ich nehme an, mein Vater hat das alles organisiert.«
    Sie deutete zornig auf die gestapelten Barren. Camillus Meto starrte sie an. Die beiden und auch ich dachten daran, welche Folgen das, was sie eben angedeutet hatte, für sie haben würde. Ein Skandal trifft in Rom immer die ganze Familie. Sogar die Generation der Ungeborenen wird nach der Ehrenhaftigkeit ihrer Eltern beurteilt. Die Schande eines Senators riß alle seine Angehörigen mit in den Abgrund. Seine Unehrenhaftigkeit verschonte nicht die Ehrbaren und nicht die Unschuldigen, nicht seine Brüder und nicht seine Söhne. Publius würde Narben davontragen, die ihn für immer entstellten. Die Karriere des gutmütigen Jungen, den ich mit Helena in Germanien besucht hatte, würde zu Ende sein, bevor sie recht begonnen hatte, und die seines Bruders in Spanien ebenfalls. Im fernen Britannien würde der Fluch auch Älia Camilla treffen und durch ihre eheliche Verbindung mit Gaius auch diesen. Und hier in Rom würde er Helena treffen.
    Ihr Onkel warf den Kopf zurück und sagte ernst: »O Helena, Helena! Ich wußte natürlich davon; ich wußte es schon lange. Ich war mir nicht sicher, ob du etwas ahntest!«
    Ich überlegte: Wenn dieser Mann selbst an der Verschwörung beteiligt war, dann verstellte er sich jedenfalls sehr gut. Aber wenn er zu den Verschwörern gehörte, mußte Helena es wissen. In diesem Fall konnte das Mädchen froh sein, daß ich hier war …

LX
    »Was hast du nun vor?« fragte Camillus Meto seine Nichte vorsichtig.
    »Die Sache in Ordnung bringen, wenn ich kann.« Sie sprach jetzt sehr entschieden, ohne sich lange zu besinnen. Das war Helena! Ich liebte das arme, irregeleitete Mädchen für ihre Aufrichtigkeit!
    Irgend etwas kitzelte mich so heftig am Fuß, daß ich mein Bein schüttelte, aber Tiere konnte es in dieser staubtrockenen Höhle eigentlich nicht geben. Hinter mir lag der Gang unter dichter Stille begraben, nur ganz in der Ferne hörte ich etwas wie Jubel. Der Triumph nahm jetzt auf dem Kapitol offenbar seinen Fortgang.
    Im schwachen Schein von einem halben Dutzend kleiner Öllampen hatte sich Helena halb abgewandt, aber ich kannte sie so gut, daß ich an den Veränderungen ihrer Stimme erkennen konnte, was sie
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