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Sieben Leben

Sieben Leben

Titel: Sieben Leben
Autoren: A Aschberg
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kleine Buchstaben und ein Pünktchen
ausmachten. Keine Frage, ich mußte etwas tun, um meinen Namenszug aufzuwerten. Wenn
schon keinen Doktor, dann wenigstens einen Zweitbuchstaben.
    In meinem alten Job wäre mir das wohl nicht in den Sinn
gekommen. Hätte auch nicht gepaßt, ein Doktor in einer Banderolen-Druckerei für
Konservendosen. Ich hatte mich da nie richtig heimisch gefühlt, trotz
Dienstwagen und einem ausgesprochen ordentlichen Gehalt für einen mittellosen
Studenten und Möchtegern-Schriftsteller. Ganz zu schweigen vom Titel eines
Geschäftsführers. Meine ehemaligen Kommilitonen waren ganz grün vor Neid
gewesen. Nicht alle natürlich und nicht wirklich grün. Aber die hatten auch
alle kein Diplom, noch nicht jedenfalls, und erst recht keinen Doktor, und einen BMW hatten sie auch nicht.
Jedenfalls keinen, den sie sich selbst verdient oder finanziert hätten. Ich
gebe es zu, ich genoß diese Tatsache. Trotz der kleinen Kröte, dass der
Arbeitstag eines Geschäftsführers, selbst wenn man es behutsam anging, ein
kleines bißchen anders aussah, als der eines Studenten. Zur Arbeit an meinen
schriftstellerischen Fähigkeiten blieb da kaum Zeit. Man merkte es an den
Einleitungen. Noch immer weit weg von der pointierten Klarheit und Kürze, die
ich mir gewünscht hätte.
    Aber Konserven waren einfach nicht der Traum meiner
schlaflosen Nächte, und so unverhofft ich damals durch einen irrwitzigen Zufall
ohne jede Vorkenntnisse an den Job gekommen war, so schnell war ich ihn nach gut
zwölf Monaten auch wieder los. Der Firma ging es nach diesen zwölf Monaten
nicht besser als vorher, aber, und darauf war ich schon ein bißchen stolz, auch
nicht wesentlich schlechter. Das war letztlich der Punkt. Ich hatte den Job gut
genug hinbekommen, so dass der Mehrheitseigentümer in der Zwischenzeit den
Laden einem ausländischen Investor zum Ausschlachten schmackhaft machen konnte.
So war von Beginn an der Plan meines Mentors Dr. Müller gewesen.
    Die alte Geschäftsführung inklusive meiner Wenigkeit wurde nun
nicht mehr benötigt, weshalb mein Mentor in weiser Voraussicht auch nur einen
Zeitvertrag mit mir abgeschlossen hatte. Das ersparte ihm einen
Aufhebungsvertrag und eventuelle Ansprüche meinerseits auf eine Abfindung.
    Nun, der Job war auch nicht wirklich etwas für Feingeister
gewesen.
    Das sollte nicht heißen, dass ich mich als Feingeist sah,
was genau das auch immer sein mochte. Ich glaubte nicht, dass ein echter
Feingeist hinter einen Schreibtisch aus Furnierholz gehörte. Ich stellte mir da
eher englische Zeder vor, oder ein elegantes französisches Lackmöbel. Aber eine
gewisse feingeistige Ader verspürte ich in mir, und ich war fest entschlossen,
dieser eines Tages freien Lauf zu lassen. Bis es soweit war, konnte es nicht
schaden, weiter an einer Karriere in der Wirtschaft zu arbeiten, und da kam es
- gerade in großen Konzernen - vor allem auf die Außenwirkung an. Marketing
eben.
    Ich war in einem solchen Konzern gelandet. Gerade hatte ich
meinen BMW zurückgeben müssen und mir ausgemalt, was meine ehemaligen
Kommilitonen sagen würden, wenn ich nun wieder in der Uni aufliefe. Mal ganz
abgesehen davon, dass ich jetzt mehrere Semester zurück lag und über keine
laufenden Einkünfte mehr verfügte. Dafür über eine ziemlich kostspielige
Altbauwohnung in bester Stadtrandlage. Nein, ich konnte nicht zurück.
    Da ließ mein alter Freund Spock bei der schmerzvollen Rückgabe
von Wagenschlüsseln und Fahrzeugpapieren durchblicken, dass er vielleicht etwas
für mich wüßte. Spock war mein Personalbetreuer bei der BANDEROL gewesen und so
etwas wie mein Entdecker. Er selbst würde das wahrscheinlich anders sehen, und
ohne die unerklärliche Affinität seines Chefs, Dr. Müller, zu meiner
jugendlichen Unverbrauchtheit und Naivität wäre ich auch niemals auf dem Geschäftsführungsposten
bei der BANDEROL gelandet. Nun aber war ein Band geknüpft, dem auch Spock sich
ein Stück weit verpflichtet fühlte.
    „Irgendwas mit Marketing?“, wollte ich wissen. Das hätte
Sinn gemacht, schließlich hatte ich mich ein Jahr lang um Marketing und
Vertrieb in der Banderolendruckerei gekümmert.
    „Leider nein. Personalbereich“, sagte Spock.
    „Oh“, sagte ich.
    Spocks mächtige Ohrmuscheln wackelten tadelnd.
    „Immerhin eine Referentenstelle und zwar ziemlich weit oben
in der Hierarchie angesiedelt. Mit Einzelbüro und unter Umständen sogar wieder mit
Dienstfahrzeug. Ich könnte Sie da ins Spiel bringen, wir
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