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Sieben Leben

Sieben Leben

Titel: Sieben Leben
Autoren: A Aschberg
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nicht.
Ich meine, was macht Ihnen Spaß? Wo sind Sie einfach gut?“
    „Ich schreibe gern“, sagte ich.
    „Das ist doch großartig“, meinte Müller nach einer
klitzekleinen Pause und sah zu Bundschuh hinüber. Der nickte pflichtbewußt. Aber
ohne Enthusiasmus.
    „Ein kreativer Kopf und ein Freund des geschriebenen Wortes.
Das ist genau das, was wir brauchen. Verstehen Sie was von Konserven?“
    „Konserven?“
    „Sie wissen schon. Linsen, Erbsen, Obst, Gemüse. Sie werden
doch schon mal eine Dose Ravioli gegessen haben, oder?“
    „Ravioli? Klar…“
    „Großartig“, strahlte Müller. „Wissen Sie eigentlich, wie
viele Konservendosen in Deutschland jedes Jahr über die Ladentische gehen?“
    „Ähm… bestimmt ein paar Millionen, oder?“
    „Weit mehr als eine Milliarde. Nicht weniger als 800 Betriebe
sind allein in Deutschland mit Herstellung und Abfüllung beschäftigt.“ Müller
schaute mich erwartungsvoll an.
    Was sollte denn das werden? „Sie wollen mir doch keinen Job
in einer Konservenfabrik anbieten, oder?“, wollte ich wissen. Ich wüßte nicht,
was es da zu dokumentieren gäbe.
    „Natürlich nicht“, meinte Müller. „Was sollten denn Sie als
Freund des gedruckten Wortes in einer Konservenfabrik?“
    „Eben“, sagte ich.
    „Aber haben Sie mal daran gedacht, dass jede dieser Fabriken
jemanden braucht, der die Banderolen zuliefert?“
    „Banderolen?“ Ich war einigermaßen verwirrt.
    „Ja, um die Dosen zu beschriften. Weißblechbetriebe sind
keine Druckereien. Wir hingegen haben da eine Firma im Portfolio, die ist eine
ziemlich große Nummer im Banderolengeschäft. Im wesentlichen eine gigantische
Spezialdruckerei. Wäre das nichts für Sie?“
    „Ich weiß nicht?“
    „Ein guter Slogan, und er wird 100.000 Mal gedruckt. Was für
eine Auflage! Schlägt da das Schriftstellerherz nicht höher?“
    „Kommen die Slogans denn nicht von den Marketing-Agenturen
der Kunden?“, fragte ich.
    „Schon“, strahlte Müller. „Aber trotzdem. Wie sieht es aus?
Wir reden hier von einer Position als Geschäftsführer!“
    Ich schaute hilfesuchend zu Spock und Bundschuh. „Ich
glaube, hier liegt ein Mißverständnis vor. Eigentlich habe ich heute bloß…“
    „Ja“, sagte Spock. „Aber Sie haben die Postkorbaufgabe so
schnell gemeistert wie kein anderer.“ Er konsultierte seine Liste. „Bei der
Gruppenarbeit hätte das Team ohne Ihre Hilfe keinerlei nennenswerte Ergebnisse
produziert. Und beim multiple choice Test haben Sie die volle Punktzahl.“
    „Aber ich habe doch gar nicht mitgemacht!“, wandte ich ein.
    „Dafür ist das wirklich kein schlechtes Ergebnis“, meinte
Müller.
    „Aber… aber was ist mit der Fallstudie?“, fiel mir ein. „Da
waren doch sicher die anderen besser!“
    Spock warf einen Blick in seine Liste. „Leider nein. Sie
haben als Einziger erkannt, dass die Aufgabe unlösbar war. Die Widersprüche,
die wir in den Text eingebaut hatten, sind sonst niemandem aufgefallen. Dabei
war die Aufgabenstellung wirklich absurd. Sie glauben nicht, was wir da für
abenteuerliche Antworten bekommen haben.“
    Ich mußte kurz an Sommersprosse denken. Armer Kerl, würde
nicht leicht werden, sein Feed-Back-Gespräch.
    „Wir suchen für unser Banderolen-Business einen neuen Geschäftsführer,
der sich vor allem um Marketing und Vertrieb kümmert“, nahm Müller wieder das
Heft in die Hand. „Wenn Sie wollen, haben Sie den Job.“
    Auch wenn ich gerade noch schnelle Auffassungsgabe zu meinen
Stärken gezählt hatte, war ich doch einigermaßen perplex. „Sollte man da nicht
irgendwie schon Erfahrung in der Branche haben“, wollte ich wissen.
    Bundschuh nickte. Er sah das scheinbar auch so.
    „Ach was“, sagte Müller. „Wir haben jetzt in zwei Jahren
drei Kandidaten aus der Branche ausprobiert. Alle vom Fach, alle mit Erfahrung.
Aber keiner hat den Laden so richtig in Schwung gebracht, oder?“ Das ging an
Bundschuh.
    „Na ja“, gab der zu. „Nicht wirklich.“
    „So, und deswegen probieren wir es jetzt mal mit einem
Quereinsteiger, der Köpfchen hat und vielleicht auch ein paar neue Ideen?“ Drei
Augenpaare schauten mich erwartungsvoll an.
    „Ich dachte, Sie sind eine Bank“, gab ich zu bedenken.
    „Genau“, sagte Müller. „Unter anderem handeln wir mit
Unternehmensanteilen. Man nennt das Investment Banking.“
    „An der BANDEROL GmbH halten wir 49%“, klärte mich Bundschuh
auf. „Damit wird das Unternehmen nicht in der Bankbilanz konsolidiert. Aber
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