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Sieben Leben

Sieben Leben

Titel: Sieben Leben
Autoren: A Aschberg
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Kairo meinen Abschluß als Bauingenieur
gemacht und in Werkstoffkunde promoviert." Zum Teufel, noch so ein Doktor.
Das würde Meierfeld gefallen, auch wenn ich meine, dass man eine Promotion in
Ägypten nicht überbewerten sollte. Ist nicht mit den Standards an unseren
Universitäten vergleichbar.
    "Ich habe dann einige Jahre in den Deutschland gelebt
und gearbeitet. Da meine Ausbildung in Ägypten sehr technisch orientiert war,
habe ich hier einen Abschluß in Betriebswirtschaftslehre erworben. Ich muß
sagen, dass ich dadurch sehr viele neue Eindrücke gewinnen konnte. Vertieft
habe ich das Thema 'Führung und Motivation', was mir auf meinem späteren
Lebensweg sehr zugute gekommen ist."
    "Und einen MBA haben Sie natürlich auch?", versuchte
ich einen kleinen Scherz. Die Ausbildung dieses Mannes war ja geradezu
unheimlich.
    Wieder dieses Lächeln. "Ich sehe, Sie haben meine
Unterlagen sorgfältig studiert", sagte Abu Salscha anerkennend.
"Leider war mein Aufenthalt in den USA wegen meiner Herkunft auf zwei
Jahre begrenzt, aber ich konnte in dieser Zeit einen Master of Business
Administration in Standford erwerben. Eine gute Ergänzung zu meiner Ausbildung
in Deutschland, möchte ich sagen".
    "Natürlich", murmelte ich leicht angeschlagen. Stanford,
wo sonst?! Ich war selbst in Stanford gewesen. Aber ich hatte da nur die
Führung mitgemacht, und war am Nachmittag wieder zurück auf den Highway No. 1,
so wie alle Touristen, die im Urlaub Amerikas Westküste zwischen San Francisco
und Los Angeles bereisen. Man kommt auf dem Weg ja direkt an Stanford vorbei.
    Nun gut, das Kapitel Ausbildung konnte ich wohl als abgehakt
betrachten.
    "Lassen Sie uns über Ihre praktischen Erfahrungen
sprechen", nahm ich das Zepter wieder in die Hand. "Was würden Sie
sagen, ist die wichtigste Eigenschaft, die man in einem solchen Job
braucht?"
    Abu Schlosal zögerte keine Sekunde. "Das Wichtigste ist
der Erfolg des Projektes. Unsere Auftraggeber vertrauen uns große Summen an und
haben große Erwartungen. Damit die nicht enttäuscht werden, muß man Probleme
rechtzeitig erkennen. Man muß sie erahnen, bevor sie überhaupt zu Problemen
werden, und sofort energisch gegensteuern. Das ist sehr wichtig in einem großen
Projekt."
    Keine schlechte Antwort. Aber ich konnte ihn nicht so leicht
davonkommen lassen.
    "Ich stimme Ihnen zu", sagte ich. "Aber wo
Menschen involviert sind, werden auch Fehler gemacht. Wie gehen Sie damit um,
wenn doch einmal ein Problem auftritt, das Sie nicht vorhergesehen haben?"
    "Ich bin ein Teamplayer", lächelte Abu Schlemil.
"Wenn doch mal ein Problem auftritt, lösen wir es im Team. Es wäre falsch
zu denken, dass man sich um alles persönlich kümmern kann. Wichtig ist, dass
man eine gute Führungsmannschaft um sich herum aufbaut."
    Soweit ich das beurteilen konnte, war auch diese Antwort
okay. Meine eigene Projekterfahrung hielt sich zu diesem Zeitpunkt noch in
Grenzen, aber was ich von unseren Projektleuten draußen vor Ort so hörte,
schienen eine gute Führungsmannschaft und eine griffige Projektstruktur
tatsächlich wesentliche Erfolgskriterien zu sein.
    Obwohl: Bei allem Teamgeist mußte man als oberster
Projektleiter auch mal hart durchgreifen können. Da war ich mir bei Abu
Schlotof nicht so sicher. Ständig dieses verbindliche Lächeln. War der Mann am
Ende zu weich für so einen Knochenjob?!
    "Und wenn doch mal jemand aus dem Team versagt?",
wollte ich wissen.
    "Jeder Mensch kann einmal einen Fehler machen",
lächelte Abu Suhamel nachsichtig.
    Ah, dachte ich bei mir, gleich hab' ich Dich.
    "Aber den gleichen Fehler zweimal zu machen, das ist
unverzeihlich." Das Lächeln blieb wo es war, aber seine Augen bekamen
plötzlich einen harten metallischen Glanz. Die Haut spannte über den
Wangenknochen und der Mann sah plötzlich 100 Jahre älter aus. Wie ein
lebendiger Totenschädel.
    "Wenn es sein muß, kann ich hart durchgreifen. Sehr,
sehr hart." Abrupt war alle Wärme aus der Stimme gewichen. Ich
vergewisserte mich unwillkürlich, ob mein Gast noch brav in seinem
Chromschwinger saß. Seine Präsenz war so unheimlich, dass ich meinte,   Abu Suhamil hätte sich soeben erhoben und
drohend vor mir aufgebaut.
    Nichts von alledem. Da saß er brav in seinem Besuchersessel
und war schon wieder ganz der Alte. Freundlich und verbindlich. Er bedachte
mich mit einem anerkennenden Blick aus seinen warmen, braunen Augen.
    "Vorzüglicher Kaffee", lobte er in bester
Plauderlaune.
    Ich atmete einmal tief aus. "Freut mich,
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