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Sieben Leben

Sieben Leben

Titel: Sieben Leben
Autoren: A Aschberg
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Wagen nicht kommen.
    Bumm!
    Es tat einen dumpfen Schlag. Viel zu dumpf, viel zu nah.
Eine Schmerzwelle explodierte in meiner linken Seite. Dann schlug mein Kopf auf
den Asphalt.
    Dann nichts mehr…
    …
    Ich tastete mit meiner linken Hand an die Schläfe. Es tat
weh. Aber nicht so weh, wie ich es erwartet hätte. Ich war verwirrt. Um mich
herum war es dunkel. Keine Geräusche. Nur ein leises, beruhigendes Summen. Ich
versuchte mich aufzusetzen, was mir ohne Probleme gelang. Also war ich
wahrscheinlich nicht tot, oder?
    Große weißgeränderte Augen schauten von allen Seiten mit
teilnahmslosem Blick auf mich herab. Unheimlich. Ich blinzelte, und aus den
Augen wurden hell gestrichene Fensterrahmen, aus den leeren Pupillen normale
Glasscheiben.
    Ich war auf meiner Bank eingenickt und hatte einen ziemlich
schlimmen Traum gehabt. Anscheinend war ich aus meiner ursprünglichen
Sitzposition mit bequem hochgelegten Füßen immer weiter in die Schräglage
gerutscht, bis ich mit einem unsanften Bumm! meinen Kopf an der hölzernen
Armlehne angeschlagen hatte.
    Ein schaler Nachgeschmack des unangenehmen, aufdringlichen
Traumes hielt mich noch immer gefangen. Ich mußte mich sammeln und sah mich um.
Von Bart Simpson keine Spur. Hatte ich den nur geträumt?
    Der Ventilator schien jedenfalls echt zu sein. Auch wenn man
in der Dunkelheit keinen Schlagschatten mehr ausmachen konnte, hörte ich doch
das vertraute Säuseln und ich bildete mir ein, dass es vom Fenster rechts im
Erdgeschoß zu mir herüber strich.
    Mein Blick fiel auf die verschmierten Unterlagen vor mir auf
dem Tisch. Also schien auch an der Begegnung mit Heidi und ihrem Nachwuchs kein
Zweifel zu bestehen. Ich mußte nach dieser Episode eingenickt sein.
    Der Nachgeschmack begann sich zu verflüchtigen. Ein paar
Augenblicke später hatte ich es überstanden. Ich wußte zwar noch, dass ich
einen schlechten Traum gehabt hatte, aber die Details waren bereits von der
internen Festplatte gelöscht. Oder in eine tieferliegende Schicht meines
Bewußtseins ausgelagert worden. Ich hatte keine Ahnung, wie der Mechanismus
genau funktionierte, war aber dankbar, dass er funktionierte.
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, schnappte ich mir
meinen Terminplan und überprüfte akribisch die Einträge für heute abend.
Nichts. Keine Termine.
    Ich war erleichtert, ohne recht zu wissen, warum. Da war nur
noch so ein Gefühl, dass ich aber nicht mehr recht fassen konnte.
    Meine Sekretärin hatte mir einige Unterlagen mitgegeben, um
mich auf den morgigen Tag vorzubereiten.
    Ich nahm die Papiere in die Hand und legte sie wieder weg.
Mir war jetzt nicht nach arbeiten. Ich würde lieber noch ein wenig spazieren
gehen. Einen so schönen Sommerabend mußte man einfach auskosten.
    Ich schlüpfte in die akkurat vor mir abgestellten Schuhe,
schnappte mir die Unterlagen und ging hinüber zum Foyer. Meine Mappe deponierte
ich an der Rezeption, ich wollte keinen Ballast mitnehmen.
    Ich trat hinaus auf die Straße und atmete tief die milde
Abendluft ein. War das ein Hauch von Freiheit, den ich da in meinem Lungen
spürte? Falls ja, dann war es schon weit mit mir gekommen. Ich dachte immer,
ich wäre frei?
    Ich sollte mich öfter mal ins Grüne setzen und die Seele
baumeln lassen.
    Gut, vielleicht nicht gleich morgen, da standen wichtige
Termine auf dem Programm. Und übermorgen hatte ich ein Abendessen mit Dr.
Frankenfeld. Wichtiger Mann, der uns einen gigantischen neuen Deal bringen
konnte. Am Freitag das blöde Abendessen mit Ilses Ex-Freund, aber versprochen
war versprochen. Am Wochenende würden wir es uns dafür mal so richtig gut gehen
lassen. Vielleicht würden wir Freunde besuchen, oder meinen kleinen Neffen. Oder
Ilses Patenkind. Alles Dinge, die wir viel zu selten taten. Vielleicht machten
wir auch einen spontanen Kurztrip in den Schwarzwald, wo uns Bekannte ein
verträumtes Romantikhotel empfohlen hatten. Die hatten Nachmittags einen lecker
Ökotee und abends wunderbare Rotweine. Und wer weiß, vielleicht würden wir auch
ein bißchen über unsere gemeinsame Zukunft plaudern.
    Na ja, mit dem Kurztrip würde es wahrscheinlich nichts
werden, weil Sonntag abend schon wieder der Planungsworkshop für unsere neue
Produktinitiative begann. Und Samstag mußte Ilse noch irgendeine Software auf
ihren Rechner spielen, weil sie es unter der Woche einfach nicht geschafft
hatte.
    Gedankenverloren überquerte ich die Straße. Wenn ich darüber
nachdachte, hatten wir unser Leben schon merkwürdig
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