Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerfalle

Sommerfalle

Titel: Sommerfalle
Autoren: Debra Chapoton
Vom Netzwerk:
Mmm. Schlafen. Sie atmete tief durch die Nase ein und seufzte dann so laut, dass sie fast vollständig erwachte aus diesem seltsamen Traum. Ein Albtraum, nicht wirklich furchterregend, aber verstörend. Eigenartig, so wie Träume eben manchmal sind. Sie rollte sich auf die rechte Seite und war mit einem Ruck ganz wach.
    Im Zimmer war es stockdunkel. Ihr linkes Handgelenk schien ans Bettgestell gefesselt zu sein. Sie befühlte es mit ihrer Rechten und ertastete neben ihrem Handgelenk einen kalten Bettpfosten aus Metall.
    Sie trug eine Handschelle.
    Panisch riss sie an dem Bettpfosten und begann zu schreien. Die Schreie wurden zum lauten Stöhnen, während sie gegen die Fessel kämpfte. Dann hielt sie still, um zu lauschen. Doch nichts. Nur absolute Dunkelheit. Dann begann sie, in weiter Ferne leise Geräusche wahrzunehmen. Vielleicht eine Schnellstraße; Wind, der durch hohe Bäume wehte; etwas näher das Zirpen von Grillen. Aber nicht die üblichen Geräusche eines Hauses, kein brummender Kühlschrank, kein Knarzen von Holz, keine tickende Uhr.
    Sie versuchte, sich zu beruhigen, und blickte an sich hinunter. Vollständig angezogen, aber barfuß. Die Armbanduhr fehlte.
    Sie zog die Beine an, um sich aufzurichten und so ihren Arm aus der metallenen Fessel zu winden. Die Kette der Handschelle hielt sie mit der linken Hand und packte den Metallreif mit der rechten. Mit aller Kraft spannte sie ihre Muskeln an, hob den Kopf und streckte die Beine durch. Dabei stieß sie mit dem Kopf so fest an die unerwartet niedrige Decke, dass sie mit einem Schlag in ihren Albtraum zurückgeworfen wurde.

    »Ist sie wach?«, fragte die Krankenschwester. Ein gut aussehender Jugendlicher saß neben dem Bett der Patientin, starrte immer wieder auf die Monitore und küsste sanft die Wange des Mädchens.
    »Vorhin hat sie aufgestöhnt. Ihre Lider flatterten. Ich habe ihre Hand gedrückt, aber darauf hat sie nicht reagiert.« Wieder strich er über ihr Gesicht. »Na komm schon, Becca, wach auf.«
    Die Schwester überflog noch einmal das Patientenblatt. Rebecca McPherson, 18 Jahre alt. Und was für ein attraktiver Kerl an ihrer Seite. Die Schwester bewunderte seine Hingabe. Er war in den letzten rund sechsunddreißig Stunden, die sie hier lag, nicht von ihrer Seite gewichen. Ihre Verletzungen schienen nicht allzu schlimm zu sein, auch wenn ihr linkes Handgelenk verbunden war. Auf der Stirn prangte ein großer Bluterguss, doch momentan spürte die Patientin keinen Schmerz und nahm auch ihre Umgebung nicht wahr. Die Schwester studierte die Monitore und runzelte die Stirn. Inzwischen hätte Rebecca wach sein müssen. Aber sie wollte nicht, dass der Junge sich noch mehr sorgte. Also lächelte sie und zeigte ihm zur Ermutigung ihren hochgereckten Daumen. »Sie wird bald aufwachen. Sieht alles gut aus.«
    Als sie zur Tür ging, blickte sie sich kurz noch einmal um. Was für ein attraktiver junger Mann, dachte sie. Egal, welches Alter, die Hübschen waren immer schon vergeben.

    Rebecca war ohnmächtig gewesen, aber sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Im Raum mit der niedrigen Decke herrschte immer noch Dunkelheit. Diesmal war sie vorsichtiger. Sie tastete erst mit ihren Füßen und dem freien Arm herum, dann streckte und drehte sie sich, um eine Vorstellung von ihrer Lage zu bekommen. Rechts war der Rand des Bettes, über den sie ihre Füße hängen lassen und seitwärts ausstrecken konnte, aber sie stieß auf nichts als Leere. Am Kopfende befanden sich Stäbe wie bei einem Gitterbett, und als sie ihren rechten Arm hindurchschob, war auch dort keine Wand. Also befand sich das Bett mitten im Raum. Das war ihr unheimlich. Sie schnippte mit den Fingern, um durch das Geräusch die Größe ihres Gefängnisses abschätzen zu können. Dabei kniff sie die Augen zusammen, konzentrierte sich ganz auf ihr Gehör. Das Zimmer konnte nicht besonders groß sein. Doch was half ihr das?
    Schließlich tastete sie die niedrige Decke ab. Rebecca war nur einen Meter achtundfünfzig groß und daher nicht geübt im Analysieren von Deckenstrukturen, aber die hier fühlte sich wie nackter Beton an. Eher eine Keller- als eine Zimmerdecke. Kein Wunder, dass ich mich daran gestoßen habe, dachte sie und befühlte ihre Stirn. Über der Augenbraue bildete sich bereits eine schmerzhafte Beule.
    Sie setzte ihre blinde Suche fort. Unterhalb des linken Bettpfostens war eine waagrechte Stange unter der Matratze, dann nichts mehr. Sie konnte den Boden nicht erreichen. Mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher