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Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Titel: Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen
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drückend heiß, aber sie hatte einigen Ballast, der verbrannt werden musste.
    Aus dem Regal neben dem gemauerten Kamin zog sie ihr Hochzeitsalbum. Auf den Rat ihrer Freundin Alicia hin hatte sie die fotografische Dokumentation ihres großen Tags nach der Scheidung ein Jahr lang aufbewahrt, doch jetzt war es an der Zeit, die endgültige Tat zu vollbringen. Lukes Anruf hatte sie nur noch in ihren Plänen bestärkt.
    Sie schlug das in Leder gebundene Album auf, und ihr Herz wurde schwer, als sie das erste Bild betrachtete.
    Da war es, das frisch vermählte Paar, für alle Ewigkeit unter glattem Plastik festgehalten. Die Braut und der Bräutigam. Luke, sportlich, gut aussehend, mit blitzenden blauen Augen, einem beinahe strahlenden Lächeln, einen Arm um Abby gelegt, die fast dreißig Zentimeter kleiner war als er. Ungebändigtes rotblondes Haar rahmte ihr kleines herzförmiges Gesicht ein. Ihr Lächeln war echt, in ihren Augen spiegelten sich die Hoffnungen für ihre Zukunft.
    »Erbarmen«, flüsterte Abby, riss das Foto unter dem Plastik hervor und warf es ins Feuer. Langsam schlürfte sie den Wein aus ihrem Becher. Ihr Daumen schmerzte, pochte im Gleichklang mit ihrem Herzen. Sie sah zu, wie das Foto an den Rändern braun wurde, sich wellte und dann in Flammen aufging. Das lächelnde, glückliche Paar war bald vom Feuer verzehrt, löste sich buchstäblich in Rauch auf. »Bis dass der Tod euch scheidet«, höhnte Abby. »O ja.«
    Sie senkte den Blick wieder auf das Album. Das nächste Foto zeigte die Familie. Ein Gruppenbild. Sie mit ihrem Vater und ihrer Schwester; er mit seinen stolzen Eltern und seinen beiden jüngeren, nicht so erfolgreichen, nicht so gut aussehenden Brüdern Adam und Lex. Seine Schwester Anna und ihr Mann waren ebenfalls auf dem Bild.
    »Keine Zeit für wehmütige Erinnerungen«, sagte Abby. Ansel stakste ins Zimmer und sprang aufs Sofa. Abby warf das Foto auf die brennenden Scheite. Die Flammen leckten eifrig nach der neuen Nahrung, und schon wellte sich das Foto und verbrannte.
    Noch ein Schluck Wein und das nächste Bild, eines von Luke allein, groß und stolz in seinem schwarzen Smoking. Er sah wirklich gut aus, das musste man ihm lassen. Und sie hatte ihn einmal geliebt. Doch es schien ihr, als läge das ein ganzes Leben lang zurück. Er war Nachrichtensprecher in Seattlegewesen und hatte sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Ihr kleines Studio hatte er aufgesucht, um ein Porträtfoto machen zu lassen.
    Es hatte sofort zwischen ihnen gefunkt. Luke hatte Witze gemacht, und Abby zeigte sich respektlos, nicht beeindruckt davon, dass er fast eine Art Lokalberühmtheit war. Ihr vorgetäuschtes Desinteresse war es dann auch, das ihn fesselte.
    Erst später, sechs Monate nach ihrer ersten Begegnung, nachdem er ihr einen Antrag gemacht und sie ihn angenommen hatte, erfuhr sie den Grund, warum er ausgerechnet in ihrem Fotostudio aufgetaucht war. Ihren Namen hatte er von einer Mitarbeiterin, einer Produktionsassistentin, ihrer Schwester Zoey. Niemand hatte erwähnt, dass die beiden ein Paar gewesen waren. O nein. Das war ihnen später rausgerutscht, fast ein Jahr nach der Hochzeit – der Hochzeit, bei der Zoey Abbys Brautstrauß gefangen hatte. Von der Affäre hatte Abby ausgerechnet im Schlafzimmer erfahren, als Luke den falschen Namen aussprach. Zwar hatten sowohl Luke als auch Zoey geschworen, die Affäre sei schon lange vor der Hochzeit zu Ende gewesen, doch Abby hatte den beiden nicht so recht getraut.
    »Brennt das nicht wunderbar?«, fragte sie Ansel. Er kletterte auf die Rückenlehne des kleinen Sofas und ließ sich dort auf der Decke nieder, die ihre Großmutter gestrickt hatte. Gähnend zeigte er seine spitzen Zähne. Abby zog rasch die restlichen Fotos unter dem Plastik hervor. Eines nach dem anderen warf sie sie ins Feuer, sah zu, wie sie sich wellten, zu rauchen begannen und verbrannten.
    »Asche zu Asche, Staub zu Staub«, sagte sie leise, während das Feuer allmählich herunterbrannte. Sie trank ihren Wein aus und schwor sich erneut, dass sich von diesem Abend an ihr Leben für immer ändern sollte.
    Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sehr und in welche Richtung es sich ändern würde.
     
    Er schlüpfte zwischen den zerbrochenen Zaunlatten hindurch und blickte zu dem Gebäude auf, in dem alles vor so langer Zeit geschehen war. Als er durch das wuchernde Gestrüpp vordrang, überkam ihn ein Gefühl der Macht. Spinnweben legten sich über sein Gesicht. Er sog den feuchten
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