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Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud

Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud

Titel: Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud
Autoren: Nicholas Meyer
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Fünften Northumberland-Füsilieren gedient hatte. Jetzt konnte – jedenfalls für mich – kein Zweifel mehr herrschen, und ich hätte mir gerne die näheren Einzelheiten angesehen (wüßtest Du nicht auch gerne, wo Watson wirklich verwundet wurde?), aber die Oberschwester ließ es nicht zu. Sie sagte, die Akte sei vertraulich, und sie habe keine Zeit herumzustehen (o Bürokratie, wo wäre der staatliche Gesundheitsdienst ohne dich?).
    Wie dem auch sei, die Authentizität des Manuskripts scheint mir so gut wie bestätigt. Du kannst damit tun, was Du für richtig hältst. Du bist der Sherlock-Holmes-Spezialist in der Familie und weißt sicher den besten Weg. Kommt etwas dabei heraus, dann teilen wir uns den Gewinn.
    Herzlichst
    Dein Henry
    PS Vinny sagt, sie müsse auch beteiligt werden – sie habe es gefunden.
    PPS Wir haben das Originalmanuskript behalten. Wir wollen sehen, ob Sotheby es versteigert.
     
    Authentisch oder nicht, das Manuskript bedurfte der Überarbeitung. Eine endgültige Ausgabe des Plutarch könnte dem Herausgeber keine schwereren Probleme bereiten als dieses ans Licht der Welt gelangte Werk Watsons. Ich korrespondierte ausgiebig mit zahllosen Sherlock-Holmes-Fachleuten; sie alle haben mir mit unschätzbaren Ratschlägen, Kommentaren und Hinweisen geholfen. Nur das Buch selbst kann den Dank ausdrücken, den ich ihnen schuldig bin. Mit ihrer Hilfe konnte ich Dr. Watsons Niederschrift zu einer zusammenhängenden Erzählung gestalten.
    Aus unbekannten Gründen hat Watson (soviel ich weiß) das Manuskript niemals redigiert. Vielleicht waren es sein eigener Tod oder auch die Unruhen des Krieges, die ihn daran hinderten. Ich habe mich also bei der Fertigstellung des Buches an seine Stelle versetzt. Ich habe Überflüssiges gestrichen. Alte Leute tendieren dazu, sich zu wiederholen, und obwohl Watsons Gedächtnis offensichtlich intakt geblieben war, hatte er eine Neigung, auf Einzelheiten herumzureiten. Außerdem habe ich Stellen weggelassen, in denen er von seiner Erzählung abschweift und sich ungehemmt in den dazwischen liegenden Jahren ergeht. (Diese Erinnerungen selbst sind nicht uninteressant, und ich werde sie späteren Ausgaben als Anhang beifügen.) Fußnoten, die den Leser meist nur irritieren, habe ich so kurz und einfach wie möglich gehalten.
    Davon abgesehen, habe ich nicht viele Änderungen vorgenommen. Der Doktor war ein erfahrener Erzähler und bedurfte meiner Hilfe nicht. Hier und da habe ich der Versuchung nachgegeben, etwas umständliche Wendungen zu verbessern (was der gute Doktor sicherlich auch selbst getan haben würde). Sonst aber ist alles so, wie der getreue Watson es niederschrieb.

    Nicholas Meyer

EINFÜHRUNG

    Jahrelang ist mir das große Glück zuteil gewesen, meinem Freund Mr. Sherlock Holmes als Zeuge, Chronist und Assistent bei den Fällen dienen zu dürfen, die ihm in seiner ungewöhnlichen Eigenschaft als beratender Detektiv übertragen wurden. In der Tat war Mr. Holmes 1881 * , als ich unseren ersten gemeinsamen Fall zu Papier brachte, der einzige beratende Detektiv der Welt. Das hat sich mit den Jahren geändert, und heute, im Jahre 1939, haben Detektive (wenn sie auch nicht immer so genannt werden) Hochkonjunktur innerhalb und außerhalb der Polizei in fast jedem Lande der sogenannten zivilisierten Welt. Erfreulicherweise verwenden viele von ihnen die Methoden und Techniken, die mein Freund vor so langer Zeit als erster entwickelte – obwohl nicht alle den Anstand besitzen, die enormen Verdienste des genialen Mannes zu würdigen.
    Ich habe immer versucht, Holmes als das darzustellen, was er war: eine sehr reservierte Persönlichkeit, gelegentlich zurückgezogen bis zur Exzentrizität. Er legte Wert darauf, kühl und distanziert zu wirken wie eine Denkmaschine, die keinerlei Kontakt zu dem hat, was er als die vulgäre Realität physischer Existenz betrachtete. Den Ruf, kalt und gefühllos zu sein, hatte er sich ausschließlich und absichtlich selbst geschaffen. Es waren auch nicht seine Freunde – deren er, wie ich zugebe, wenig hatte – noch sein Biograph, die er von dieser Seite seines Charakters überzeugen wollte. Es war er selbst.
    Seit seinem Tod sind zehn Jahre vergangen, die mir reichlich Gelegenheit gegeben haben, über seinen Charakter nachzudenken. Und mir ist klargeworden, was ich eigentlich immer gewußt habe – sozusagen ohne es zu wissen –: Holmes war ein zutiefst leidenschaftlicher Mensch. Er versuchte, seine Anfälligkeit für
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