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Sharpes Trafalgar

Titel: Sharpes Trafalgar
Autoren: Bernard Cornwell
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Matrosen, und Hunde kläfften wütend und weckten die obdachlosen Armen zwischen den Abwasserrinnen und den Hauswänden.
    »Ein Jammer, dass Sie in einem Konvoi segeln«, sagte Chase.
    »Warum, Sir?«
    »Weil ein Konvoi nur mit dem Tempo seines langsamsten Boots vorankommt!«, erklärter Chase. »Die Calliope würde es in drei Monaten bis England schaffen, wenn sie fliegen dürfte, aber sie wird humpeln müssen. Ich wünschte, ich könnte mit Ihnen segeln. Ich würde Ihnen die Überfahrt als Dank für Ihre heutige Rettungstat spendieren, aber ich bin leider auf Geisterjagd.«
    »Auf Geisterjagd, Sir?«
    »Haben Sie von der Revenant gehört?«
    »Nein, Sir.«
    »Die Unwissenheit von euch Soldaten ist erstaunlich«, sagte Chase belustigt. »Die Revenant, mein lieber Sharpe, ist ein französischer 74-Kanonen-Dreidecker, der den Indischen Ozean unsicher macht. Er verbirgt sich vor Mauritius, segelt los, um Prise zu machen und zieht sich wieder zurück, bevor wir ihn schnappen können. Ich bin hier, um ihm Einhalt zu gebieten, doch bevor ich ihn jagen kann, muss ich mit meinem Schiff nach acht Monaten auf See schneller werden.«
    »Ich wünsche Ihnen viel Glück, Sir«, sagte Sharpe. Dann runzelte er die Stirn. »Aber was hat das mit Geistern zu tun?« Sharpe stellte für gewöhnlich nicht gern solche Fragen. Er war einst in den Reihen eines Rotrock-Bataillons marschiert und war aus den Mannschaften zum Offizier aufgestiegen, und so hatte er sich in einer Welt wiedergefunden, in der fast jeder gebildeter war als er selbst. Er hatte sich daran gewöhnt, zu überspielen, was ihm ein Rätsel war, doch jetzt machte es ihm nichts aus, sich bei einem gutmütigen Mann wie Chase zu seiner Unwissenheit zu bekennen.
    »Revenant ist die Bezeichnung der Franzmänner für Gespenst«, sagte Chase. »Substantiv, männlich. Ich hatte einen Lehrer für diese Dinge, der mir die Sprache einpeitsche, und ich möchte sie jetzt aus ihm herauspeitschen.« In einem nahen Hof krähte ein Hahn, und Chase blickte zum Himmel auf. »Fast Morgendämmerung«, sagte er. »Vielleicht erlauben Sie mir, Ihnen ein Frühstück auszugeben? Dann werden meine Jungs sie zur Calliope hinausbringen. Gott stehe Ihnen auf Ihrer Heimreise bei.«
    Heimreise. Das Wort kam Sharpe sonderbar vor, denn er hatte kein anderes Heim als die Armee und England seit sechs Jahren nicht mehr gesehen. Sechs Jahre! Dennoch empfand er keine Vorfreude bei der Aussicht, nach England zu segeln. Er betrachtete es nicht als Heim, hatte keine Ahnung, wo sein Zuhause war, aber wo auch immer dieser schwer zu definierende Ort war, er fuhr dorthin.
 
    Chase lebte an Land, während sein Schiff vom Tang gesäubert wurde. »Wir schrubben ihr bei Ebbe den kupferbeschlagenen Hintern, bevor wir sie wieder schwimmen lassen«, erklärte er, als Kellner Kaffee, gekochte Eier, Brot, Schinken, kalte Hähnchenteile und einen Korb mit Mangos servierten.
    »Hintern schrubben ist verdammt lästig. Alle Geschütze müssen beiseite und der halbe Laderaum muss ausgeräumt werden, aber sie wird danach wieder wie der Teufel segeln. Essen Sie noch ein Ei, Sharpe! Sie müssen Hunger haben. Ich bin jedenfalls hungrig. Gefällt Ihnen dieses Haus? Es gehört einem Cousin meiner Frau. Er ist hier Händler, und im Augenblick ist er in den Hügeln und tut, was immer Händler tun, wenn sie reich werden wollen. Es war sein Steward, der mich vor Nana Raos Tricks warnte. Setzen Sie sich, Sharpe, setzen Sie sich. Essen Sie.«
    Sie frühstückten im Schatten einer breiten Veranda, die auf einen kleinen Garten, eine Straße und die See hinausblickte. Chase war freundlich, großzügig, und offenkundig machte ihm die Kluft zwischen einem einfachen Ensign, dem niedrigsten Offiziersrang der Armee, und einem Captain - offiziell gleichbedeutend mit einem Colonel der Armee, an Bord seines eigenen Schiffes allmächtig - nichts aus. Zuerst hatte Sharpe diese Kluft gespürt, doch dann war ihm allmählich klar geworden, dass Joel Chase wirklich gutmütig war, und er hatte begonnen, den Marineoffizier zu mögen, dessen Verhalten offen und herzlich war.
    »Ist Ihnen klar, dass dieser verdammte Panjit mich tatsächlich vor Gericht hätte bringen können?«, fragte Chase. »Lieber Gott, Sharpe, das wäre eine böse Sache gewesen! Nana Rao wäre verschwunden, und wer hätte mir geglaubt, dass er noch lebt? Nehmen Sie mehr Schinken, bitte. Es hätte zumindest eine Untersuchung und höchstwahrscheinlich einen Kriegsgerichtsprozess gegeben. Ich
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