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Sharpes Sieg

Titel: Sharpes Sieg
Autoren: Bernard Cornwell
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der Mann trug kein sichtbares Rangabzeichen auf seiner roten Jacke, doch sein Verhalten war das eines ranghohen Offiziers, und er reagierte auf Leonards Begrüßung mit lordhafter Nonchalance. »Sie sind eingeladen, mit uns zu speisen, Sir«, fügte Leonard hinzu und folgte eilig dem Reiter, der seine Reitpeitsche von seinem Koppel gezogen hatte und jetzt seine Sepoys auf den Paradeplatz führte.
    Er zügelte sein Pferd unter dem Flaggenmast, an dem in der windstillen Luft die britische Fahne hing, dann wartete er, bis sich seine Kompanie rot berockter Sepoys in zwei Einheiten trennte, die in sich in zwei Gliedern links und rechts des Flaggenmastes aufstellten.
    Crosby beobachtete es aus seinem Zelt. Es war ein zackiger Auftritt, fand er.
    »Halt!«, befahl der fremde Offizier, als seine Kompanie mitten im Fort war. Die Sepoys hielten an. »Linksum! Musketen absetzen! Guten Morgen!« Schließlich blickte er auf Captain Leonard hinab. »Sind Sie Crosby?«
    »Nein, Sir. Ich bin Captain Leonard, Sir. Und Sie sind ...?«
    Der große Mann ignorierte die Frage. Er blickte sich mit finsterer Miene in der Festung Chasalgaon um, als missbillige er alles, was er sah.
    Was, zur Hölle, soll das?, dachte Leonard. Eine Überraschungsinspektion?
    »Soll ich Ihr Pferd tränken lassen, Sir?«, fragte Leonard.
    »Alles zu seiner Zeit, Captain«, sagte der geheimnisvolle Offizier, drehte sich in seinem Sattel um und bellte den Befehl: »Bajonett aufpflanzen!«
    Die Sepoys zogen ihre Siebzehn-Zoll-Klingen und befestigten sie über der Mündung ihrer Musketen.
    »Ich möchte einem befreundeten Engländer einen richtigen Salut bieten«, erklärte der große Mann Leonard. »Sie sind Engländer, nicht wahr?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Zu viele verdammte Schotten in der Kompanie«, grollte der große Mann. »Haben Sie das je bemerkt, Leonard? Jede Menge Kroppzeug, aber keine Engländer. Überhaupt keine Engländer.« Er hob die Stimme. »Kompanie! Musketen aufnehmen! Legt an!«
    Die Sepoys nahmen die Gewehre an die Schulter, und Leonard sah viel zu spät, dass sie auf die Soldaten der Garnison zielten.
    »Nein!«, krächzte er, denn er konnte nicht glauben, was er da sah.
    »Feuer!«, rief der Offizier, und im nächsten Augenblick war der Paradeplatz von Musketenschüssen erfüllt, und das Grauen kam über die nichts ahnende Garnison.
    »Jagt sie jetzt!«, rief der große Offizier durch den wallenden Rauch. »Jagt sie! Schnell, schnell, schnell!« Er trieb sein Pferd zu Captain Leonard und schlug fast lässig mit seinem Säbel zu, riss die Klinge aus dem Nacken des Captains, wo sie Sehnen, Muskeln und Fleisch zerschmettert hatte.
    »Jagt sie! Jagt sie!«, rief der Offizier, als Leonard fiel. Er zog eine Pistole aus seinem Sattelfutteral und preschte auf die Offizierszelte zu. Seine Männer stießen Kriegsschreie aus und eilten durch die kleine Festung, um jeden Sepoy von Chasalgaons Garnison niederzumachen. Es war ihnen befohlen worden, erst die Männer zu töten, dann die Frauen und Kinder.
    Crosby hatte in einer Mischung aus Entsetzen und Ungläubigkeit auf die Szene gestarrt, und jetzt begann er mit zitternden Händen eine seiner Pistolen zu laden, doch plötzlich verdunkelte sich der Eingang seines Zelts, und er sah, dass der große Offizier von seinem Pferd gestiegen war.
    »Sind Sie Crosby?«, fragte der Offizier.
    Crosby konnte kein Wort hervorbringen. Seine Hände zitterten, und Schweiß lief über sein Gesicht.
    »Sind Sie Crosby?«, wiederholte der große Mann gereizt.
    »Ja«, schaffte Crosby hervorzustoßen. »Und wer, zum Teufel, sind Sie?«
    »Dodd«, sagte der große Mann. »Major William Dodd, zu Ihren Diensten.« Und Dodd hob seine Pistole und richtete sie auf Crosbys Gesicht.
    »Nein!«, schrie Crosby.
    Dodd lächelte. »Ich nehme an, Sie übergeben mir die Festung, Crosby?«
    »Der Teufel soll Sie holen!«
    »Sie saufen zu viel, Major«, sagte Dodd. »Die ganze Kompanie weiß, dass Sie ein Säufer sind. War keine große Gegenwehr, wie?« Er drückte ab, und Crosbys Kopf ruckte in einem Schwall von Blut zurück, der auf die Zeltwand spritzte. »Schade, dass Sie Engländer sind«, sagte Dodd. »Ich hätte viel lieber einen Schotten erschossen.«
    Der sterbende Major stieß einen schrecklichen, gurgelnden Laut aus, dann zuckte sein Körper unkontrolliert und lag schließlich still.
    »Lobet den Herrn, reißt die Fahne runter, und sucht die Soldkasse«, murmelte Dodd. Dann trat er über die Leiche des Majors hinweg, um
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