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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb
Autoren: Jonathan Kellerman
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nur zwei von ihnen unter Anklage gestellt, verurteilt und in die Strafanstalt für Männer in Chino gebracht. Keine Anklagen wurden gegen Trapp erhoben, den die Strafverfolgungsbehörden damals einen »kooperativen Zeugen« nannten.
    In dem vorliegenden Fall wurde Trapp beschuldigt, Pfadfinderinnen unter dem Vorwand einer »Karriereförderung« in sein Büro gelockt, sie mit Bier, Wein, »vorgemixten, fertigen Cocktails« und Marihuana bewirtet zu haben, bevor er sexuelle Annäherungsversuche unternahm. Anschuldigungen wegen »Streichelns« wurden in dreizehn Fällen erhoben, tatsächlich zu geschlechtlichem Verkehr soll es mit wenigstens sieben Mädchen im Alter von fünfzehn bis siebzehn Jahren gekommen sein. Obwohl die Kommission es ablehnte anzugeben, was die Untersuchung gegen Trapp ausgelöst hat, berichtet eine Polizeiquelle, eines der Opfer hätte infolge der Belästigung emotionale Probleme bekommen, sei zur Beratung gebracht worden und hätte ihrer Therapeutin von den Vorfällen erzählt. Sie hätte dann die Abteilung Sozialwesen informiert, und diese hätte die L.A.-Polizeiführung benachrichtigt.
    Die Beschuldigungen wurden von zahlreichen anderen Opfern, so hieß es, bestätigt. Jedoch sei keines der Mädchen bereit, vor Gericht auszusagen, woraus die Staatsanwaltschaft den Schluss zog, eine erfolgreiche Strafverfolgung Trapps sei »unwahrscheinlich«.
    Auf den Vorwurf, eine so glimpfliche Behandlung stelle ja fast eine Ermutigung für jeden Täter dar, der eine beträchtliche Gefängnisstrafe zu erwarten hätte, erklärte der Vorsitzende der Kommission, Polizeikommandant Walter D. Smith: »Die Polizeiführung möchte sehr deutlich machen, dass sie ein sexuelles Fehlverhalten ihrer Beamten, so hoch deren Stellung auch sein mag, nicht hinnehmen wird. Dennoch verstehen wir auch die emotionalen Bedürfnisse der Opfer und könnten diese Mädchen nicht zu dem psychologischen Trauma einer Zeugenaussage zwingen. Die Entscheidung der Kommission von heute garantiert, dass dieser Beamte nie wieder als Polizist arbeiten und jeden Cent verlieren wird, den er als Polizist verdient hat. Das scheint mir ein ganz gutes Ergebnis zu sein.«
    Trapps Anwalt, Thatcher Friston, weigerte sich, Aussagen über die künftigen Pläne seines Mandanten zu treffen bis auf die Tatsache, dass der unehrenhaft entlassene Beamte »wahrscheinlich den Staat, vielleicht sogar das Land verlassen wird, um in der Landwirtschaft zu arbeiten. Mr. Trapp hat sich schon immer für Hühnerfarmen interessiert. Jetzt wird er vielleicht Gelegenheit haben, es auszuprobieren.«
     
 
    Ich las es noch einmal, riss es aus der Zeitung und faltete es zu einer Papierschwalbe. Als ich es endlich in der Toilette gelandet hatte, verließ ich das Motel.
    Ich fuhr nach Hause und fühlte mich wie ein neuer Mieter, wenn nicht ein neuer Mensch. Setzte mich an meinen Schreibtisch, bereit, die angehäuften Papiere durchzuackern, als es an der Wohnungstür klopfte.
    Ich öffnete sie. Milo kam herein, trug sein Identitätsabzeichen am Revers eines braunen Anzugs, der nach verqualmter Polizeiwache stank, glotzte mich unter schwarzen Brauen hervor an, das große Gesicht umwölkt.
    »Wo zum Teufel bist du gewesen?«
    »Weg.«
    »Wo?«
    »Ich möchte jetzt nicht darüber reden.«
    »Tu’s trotzdem.«
    Ich sagte nichts.
    Er sagte: »Jesus! Du solltest telefonieren, auf Nummer sicher gehen, erinnerst du dich? Stattdessen verschwindest du. Hast du denn noch immer nichts dazugelernt, verdammt noch mal?«
    »Tut mir leid, Mami.« Dann, als ich den Ausdruck in seinem Gesicht sah: »Ich bin auf Nummer sicher gegangen, Milo. Dann bin ich verschwunden. Ich habe eine Nachricht beim Auftragsdienst hinterlassen.«
    »Richtig. Sehr beruhigend.« Er kniff sich in die Nase. »›Dr. Delaware wird ein paar Tage verreist sein.‹« Loslassen der Nase. »›Wohin, Liebling?‹« Kniff. »›Das hat er nicht gesagt. ‹«
    »Ich musste mal weg. Es geht mir gut. Ich war nie in Gefahr.«
    Er fluchte, hieb sich mit der Faust in die Handfläche und nutzte seine körperliche Größe, indem er von oben auf mich herunterstarrte.
    Ich ging in die Bibliothek zurück, und er folgte mir, griff tief in seine Hemdtasche und zog ein zerknittertes Stück Zeitung heraus.
    Als er es entfaltete, sagte ich: »Habe ich schon gelesen.«
    »Das möchte ich wetten, dass du das hast.« Er lehnte sich gegen den Schreibtisch. »Wie, Alex? Wie zum Donner ?«
    »Nicht jetzt«, sagte ich.
    »Was, ganz plötzlich diese
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