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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb
Autoren: Jonathan Kellerman
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Versteckspielerei?«
    »Ich möchte jetzt nicht davon reden.«
    »Bye-bye, Cyril«, sagte er zur Decke. »Zum ersten Mal in meinem Leben werden Wünsche wahr - es ist, als ob ich diesen verdammten dienstbaren Geist, diesen Dschinn besäße. Problem ist, ich weiß nicht, wie er aussieht und auf wen oder was ich klopfen soll.«
    »Kannst du nicht einfach einen glücklichen Zufall akzeptieren? Dich entspannen und es genießen?«
    »Ich sorge gern selbst für mein Glück.«
    »Mach mal’ne Ausnahme.«
    »Könntest du das?«
    »Das hoffe ich.«
    »Komm, Alex, was zum Teufel ist los? Eben reden wir noch von der Theorie, und schon steckt Trapp bis zum Hals im Dreck, und die Schnellboote laufen auf Hochtouren.«
    »Trapp ist nur ein sehr kleiner Teil davon«, sagte ich. »Ich möchte jetzt im Augenblick nicht das ganze Bild malen.«
    Er starrte mich an, ging in die Küche, kam mit einer Packung Milch zurück und einer vertrockneten Brezel. Brach ein Stück ab, spülte es hinunter und sagte schließlich: »Vorläufige Gnadenfrist, mein Freund. Aber eines Tages - bald - müssen wir beide uns mal hinsetzen.«
    »Da gibt es nichts zum Hinsetzen, Milo. Es ist so, wie es mir mal ein Experte erklärt hat: keine Beweise, keine Realität.«
    Er starrte mich noch eine Weile an, bevor sein Gesicht sich entspannte.
    »Okay«, sagte er. »Ich kapier’s. Keine große Schlussvorstellung. Typische Polizistenstory: Du hast’ne Liebesaffäre mit Miss Justitia anfangen wollen und gemerkt, du kommst nicht ganz durch bei ihr. Aber, zum Teufel, das hast du doch schon in der Highschool durchgenommen, da sollte es dir ja wohl jetzt nicht so schwerfallen, wo du erwachsen bist.«
    »Ich werde es dich wissen lassen, wenn ich ganz erwachsen bin.«
    »Geh zum Teufel, Peter Pan.« Dann: »Was machst du so? Wie geht’s dir wirklich, Alex?«
    »Gut.«
    »Ernsthaft.« Ich nickte.
    »Du siehst aus«, sagte er, »als hättest du viel nachgedacht.«
    »Nur mal wieder alles durchgecheckt. Milo, ich bin dir wirklich dankbar, dass du dich um mich sorgst und für alles, was du für mich getan hast. Jetzt im Augenblick könnte ich es mal wirklich gut gebrauchen, allein zu sein.«
    »Ja, richtig«, sagte er.
    »Bis ein andermal.«
    Er ging ohne ein Wort.
     
 
    Robin kam am nächsten Tag nach Hause, trug ein Kleid, das ich noch nie gesehen hatte, und sah wie eine Erstklässlerin aus, die vor der Klasse ein Gedicht aufsagen will. Ich nahm ihre Umarmung hin, dann fragte ich sie, weshalb sie zurückgekommen sei.
    »Freust du dich nicht, mich zu sehen?«, fragte sie.
    »Doch. Du kommst ganz überraschend.«
    »Ich wollte so oder so kommen.« Sie hakte mich unter. »Du hast mir gefehlt, ich wollte gestern Abend wirklich mit dir reden und habe angerufen. Das Mädchen vom Auftragsdienst sagte, du wärest weg, ohne irgendjemandem zu sagen, wohin oder für wie lange. Sie sagte, du hättest anders geklungen, müde und wütend und hättest ›geflucht wie’n Lastwagenfahrer‹. Ich habe mir Sorgen gemacht.«
    »Zeit für Mitleid«, sagte ich und trat einen Schritt zurück. Sie sah mich an, als sähe sie mich zum ersten Mal.
    Ich sagte: »Es tut mir leid, aber jetzt in diesem Augenblick bin ich nicht der Mann, den du suchst.«
    »Ich habe es zu weit getrieben«, sagte sie.
    »Nein. Ich hab nur über sehr vieles nachdenken müssen. War schon lange fällig.«
    Sie zwinkerte heftig, ihre Augen wurden feucht, und sie wandte sich ab. »Mist.«
    Ich sagte: »Manches davon hat mit dir zu tun; eine Menge davon nicht. Ich weiß, du willst dich um mich kümmern - weiß, dass das wichtig für dich ist. Aber jetzt in diesem Augenblick bin ich nicht dazu bereit, könnte dir nicht das geben, was du willst.«
    Sie sackte zusammen, setzte sich auf die Couch.
    Ich setzte mich ihr gegenüber, sagte: »Aus mir spricht keine Wut. Vielleicht ein bisschen, aber es ist nicht so einfach. Es gibt da ein paar Dinge, die ich selbst bewältigen muss. Ich brauche dafür Zeit.«
    Sie zwinkerte noch etwas, setzte ein Lächeln auf, das so schmerzlich aussah, als hätte sie sich gerade ins Fleisch geschnitten. »Wie könnte ich mich darüber beklagen?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Es hat nichts mit Rache zu tun. Es gibt nichts, wofür ich mich rächen müsste - letztlich hast du mir einen Gefallen getan.«
    »Gern geschehen«, sagte sie. Die Tränen fingen an zu fließen, aber sie unterdrückte sie standhaft. »Nein, so nicht«, sagte sie. »Du verdienst etwas Besseres als das. Begehe das Verbrechen
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