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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram
Autoren: Gregory David Roberts
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Messinganhänger vom Brett hinter sich und warf ihn mir zu. »Letztes Zimmer rechts, mein Freund.«
    In dem geräumigen Zimmer standen drei mit Laken bezogene Einzelbetten. Durch eines der Fenster blickte man aufs Meer, durch die anderen auf eine belebte Straße. Jede Wand war in einem anderen Kopfschmerzgrün gestrichen, die Decke von Rissen zerfurcht. Der Betonboden wies sonderbare Wölbungen und Wellen auf und war zur Straßenseite hin abschüssig. Von den Betten abgesehen, bestand das Mobiliar aus drei kleinen Sperrholztischen und einer ramponierten Holzkommode mit gesprungenem Spiegel. Diverse Hinterlassenschaften zeugten vom Aufenthalt ehemaliger Gäste: eine Baileys-Flasche, in der eine geschmolzene Kerze steckte, ein Kalenderblatt mit einer Straßenszene aus Neapel an der Wand, zwei einsame schrumpelige Luftballons am Deckenventilator. Es handelte sich um jene Art von Zimmer, die Menschen dazu veranlasst, ihre Namen und irgendwelche Botschaften an die Wände zu schreiben, wie man es in einer Gefängniszelle tut.
    »Ich nehme es«, sagte ich.
    »Ja!«, schrie Prabaker und flitzte begeistert den Flur entlang in Richtung Empfangsraum.
    Die Kanadier sahen sich an und lachten.
    »Dieser Typ ist nicht zum Aushalten. Der ist doch völlig durchgeknallt«, äußerte der Große.
    »Kann man so sagen«, grinste der andere, bückte sich und schnüffelte an dem Laken auf einem Bett, bevor er sich vorsichtig darauf niederließ.
    Prabaker kehrte mit Anand zurück, der das schwere Hotelregister schleppte. Wir schrieben uns nacheinander ein, während Anand unsere Pässe prüfte. Ich zahlte für eine Woche im Voraus. Dann gab Anand den anderen ihre Pässe zurück, meinen behielt er jedoch noch einen Moment in der Hand und klopfte sich nachdenklich damit an die Wange.
    »Neuseeland?«, murmelte er.
    »Ja«, sagte ich stirnrunzelnd und fragte mich, ob er etwas bemerkt hatte. Schließlich war ich der meistgesuchte Mann Australiens, geflüchtet vor einer zwanzigjährigen Haftstrafe, verurteilt wegen bewaffneter Raubüberfälle, und ein heißer neuer Name auf der Interpol-Liste entflohener Straftäter. Was will er? Was weiß er?
    »Hmmm. Okay, Neuseeland, Neuseeland, Sie möchten bestimmt etwas rauchen, viel Bier, paar Flaschen Whisky, Geld wechseln, schicke Mädchen, gute Party.Wenn Sie was kaufen wollen, Sie sagen mir Bescheid, ja?«
    Er klatschte mir den Pass in die Hand und ging hinaus, wobei er Prabaker noch einen giftigen Blick zuwarf. Der kleine Führer zog den Kopf ein, lächelte aber äußerst zufrieden.
    »Prima Mann. Prima Chef«, sprudelte er heraus, sobald Anand verschwunden war.
    »Gibt es viele Neuseeländer hier, Prabaker?«
    »Nicht so sehr viele, Mr. Lindsay. Oh, aber sind sie sehr nette Burschen. Lachen, rauchen, trinken, machen Sexe mit die Frauen die ganze Nacht, und dann lachen sie noch mehr und rauchen und trinken.«
    »Aha. Sie wissen nicht zufällig, wo ich ein bisschen Haschisch herkriegen könnte, Prabaker?«
    »Keeeein Problem! Kann ich beschaffen ein toola, ein Kilo, zehn Kilo, kenne ich ein ganzes Lagerhaus, das ist voll …«
    »Ich brauche kein ganzes Lagerhaus voller Hasch. Nur genug für einen Joint.«
    »Hab ich grade ein Toola, zehn Gramm, von das beste afghanisches Charras hier in meine Tasche. Wollen Sie kaufen?«
    »Was soll das kosten?«
    »Zweihundert Rupien«, schlug er mit hoffnungsvoller Miene vor.
    Ich ging davon aus, dass es hierzulande höchstens halb so viel wert war, aber zweihundert Rupien – damals etwa zwölf US-Dollar – war nur ein Zehntel des Preises, den man in Australien zahlte. Ich warf Prabaker ein Päckchen Tabak und Zigarettenpapier zu. »Okay. Rauchen wir mal einen Probejoint. Wenn ich es gut finde, kaufe ich.«
    Meine zwei Zimmergenossen hatten es sich auf zwei Betten nebeneinander bequem gemacht. Als Prabaker den Brocken Haschisch zutage förderte, warfen die beiden sich einen Blick zu und beobachteten das Geschehen mit gerunzelter Stirn und geschürzten Lippen. Fasziniert und ängstlich zugleich sahen sie zu, wie der kleine Führer sich auf die Knie niederließ, um auf der staubigen Kommode den Joint zu drehen.
    »Hey, meinst du wirklich, das ist eine gute Idee, Mann?«
    »Ja, die könnten uns doch verpfeifen, und dann sind wir dran!«
    »Ich habe ein gutes Gefühl, was Prabaker angeht. Ich glaube nicht, dass die uns reinlegen wollen«, antwortete ich und breitete meine Reisedecke auf dem Bett unter den hohen Fenstern aus. Dann legte ich meine Habseligkeiten, meine
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