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Ein Pony mit Herz

Ein Pony mit Herz

Titel: Ein Pony mit Herz
Autoren: Tina Caspari
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Rosige Aussichten

    „Stop! Fahr da drüben rein! Bis an den Waldrand vor!“
    „Warum?“ Simon warf seiner Freundin Bille einen besorgten Blick zu. „Ist dir schlecht?“
    Bille lachte. „Im Gegenteil. Na los, mach schon!“
    Simon lenkte den Pferdetransporter vorsichtig in den Sandweg hinein, der an beiden Seiten von dichten Schlehenbüschen gesäumt war. Im Schrittempo fuhr er bis an den Waldrand. Neben einem Hochsitz, von dem aus man einen weiten Blick über Koppeln und abgeerntete Felder hatte, brachte er den Wagen zum Stehen.
    „Und nun?“ Simon sah Bille fragend an.
    „Aussteigen! Und nimm die Decke mit!“ erklärte Bille. „Wir haben was zu feiern. Deshalb gibt’s jetzt ein Picknick!“
    „Ein Picknick? Im November, und hier draußen? Du spinnst!“
    Bille sprang aus dem Wagen und griff sich eine prall gefüllte Tasche, die sie unter dem Sitz verborgen hatte. „Ich weiß gar nicht, was du willst, die Sonne scheint, und es ist mild wie im September. Na, nun komm doch!“
    „Und die Pferde lassen wir hier?“
    „Die schlafen tief und fest. Blacky und Pietro sind so geschafft von ihren Glanzleistungen und dem Trubel in der Neukirchener Reithalle, daß es ihnen nichts ausmacht, eine halbe Stunde im Wagen zu schlafen.“
    Bille hatte recht. Ein Blick auf die beiden Pferde überzeugte Simon davon, daß San Pietro auf seinem Platz schläfrig vor sich hin döste. Der Fuchs hob nicht einmal den Kopf. Billes schöner Rappe Black Arrow hing mit der Nase am Heunetz, als seien ihm mitten unterm Kauen die Augen zugefallen.
    Bille hatte ihrer Tasche inzwischen zwei Plastiktüten entnommen und war auf den Hochsitz geklettert. Auf dem äußeren Ende der schmalen Bank breitete sie eine Papierserviette aus, stellte zwei Plastikbecher darauf und ordnete auf einem Pappteller Kuchenstücke und belegte Brötchen zu einem appetitlichen Imbiß. Als Simon die Leiter erklomm und sein Kopf über der Plattform erschien, zog Bille gerade eine Pikkolo-Flasche Sekt aus der Tüte. „Sir! Es ist angerichtet. Du darfst die Flasche öffnen.“
    „He! Das war ja richtig geplant! Also deshalb hast du mich im Imbißzelt daran gehindert, etwas zu essen. Und ich wollte dich schon wegen seelischer Grausamkeit verklagen!“ sagte Simon grinsend. „Darf man erfahren, was wir heute feiern? Geburtstag hast du doch gerade erst gehabt!“
    Bille nahm ihm die mitgebrachte Decke ab und breitete sie über Sitzfläche und Rückenlehne. Mit einem glücklichen Seufzer ließ sie sich auf die Bank sinken. „Wir feiern unser letztes Turnier der Saison. Außerdem, daß jetzt ein wunderbar langer ruhiger Winter beginnt, in dem wir Zusammensein werden, gemeinsam arbeiten, keinen Streß haben und unser Leben so richtig genießen können. Und vor allem, daß wir uns ein paar Monate lang nicht trennen müssen!“
    „Ach ja!“ Auch Simon seufzte zufrieden. „Eine Zeit ohne Aufregungen, ohne Hektik, ohne allen Druck ...“
    „... mit vielen Stunden für uns allein. Reiten nur zum Vergnügen, viel schlafen, lesen, Musik hören, ausgehen, zu Weihnachten vielleicht eine kleine Ferienreise!“

    Vergnügt ließ sich Simon neben seiner Freundin auf der Bank nieder, öffnete die Flasche und verteilte den Inhalt auf die zwei Becher. Mit feierlichem Ernst reichte er Bille einen davon.
    „Das sind wirklich jede Menge Gründe zu feiern! Prost! Auf die ruhigste, erholsamste Wintersaison, die wir je hatten, frei von allen unangenehmen Überraschungen!“
    „Angenehme dürfen jede Menge kommen“, bestätigte Bille und stieß mit ihrem Becher an den ihres Freundes. „Aber wie ich den Laden kenne, ohne Aufregungen geht’s bei uns doch nicht ab.“
    Simon lachte. „Ja, im Zweifelsfall wird Zottel dafür sorgen.“
    „Da hast du recht. Auf mein geliebtes kluges, verrücktes Zotteltier!“ Bille prostete ihrem abwesenden Pony zu, das vermutlich jetzt gerade seine Sonntagnachmittagsruhe auf der Koppel hinter der Reithalle in Wedenbruck genoß, und leerte ihren Becher.
    Eigentlich schade, dachte sie, daß die Zeit kommt, in der man aufhören muß, sich stundenlang mit seinem Pony zu beschäftigen. Wie toll ist das gewesen, mit Zottel durch den Wald und die Felder zu streifen, mit ihm am Strand entlang zu galoppieren oder im Meer herumzuplanschen wie mit einem gleichaltrigen Spielkameraden. Jetzt schien das Leben nur noch aus Pflichten zu bestehen. Schule, pauken fürs Abitur, zwischendurch Pferde trainieren, Reitunterricht geben. Es waren meistens die Jüngeren,
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