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Ein Pony mit Herz

Ein Pony mit Herz

Titel: Ein Pony mit Herz
Autoren: Tina Caspari
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Charakters getötet werden. Zum Glück zweifelte er an diesem angeblich schlechten Charakter. Er hat den Verdacht, daß die Stute über längere Zeit von ihrem Bereiter schwer mißhandelt wurde. Narben deuten daraufhin. Sie ist sechs Jahre jung und hat hervorragende Anlagen.“
    „Ihre Gänge sind ein Traum“, sagte Simon. „Nicht auszudenken, daß sie zum Schlachter gewandert wäre!“
    „So denke ich auch. Aber was nun?“ Tiedjen seufzte. „Ehrlich gesagt bin ich ziemlich ratlos. Sie hat nach mir geschlagen, versucht, mich zu beißen und ist völlig durcheinander!“
    „Mich hat sie auch angegriffen“, berichtete Simon. „Offenbar mag sie keine Männer. „Die Dame, der sie gehörte, hat sie immerhin in den Sattel gelassen. Aber sie ist ihr immer wieder durchgegangen. Auch wenn sie eine gute Reiterin ist, allmählich wurde der Besitzerin das zu gefährlich. Das kann man ja verstehen.“
    Bille sah eine Weile nachdenklich auf die Stute. Die hatte sich, als wäre ein Schuß gefallen, aufgebäumt und herumgeworfen. Von neuem begann sie, mit in den Nacken geworfenem Kopf, durch die Halle zu galoppieren.
    Wie hatte Hannes gesagt? Ein unsicheres, ängstliches Pferd wirft den Kopf immer sehr hoch, in ständiger Fluchtbereitschaft. Diese dauernde Fehlhaltung führt dazu, daß die Halsmuskeln sehr bald überentwickelt sind. Der Unterhals wird stark nach vorn, der Rücken nach unten weggedrückt. So etwas erzeugt anhaltend starke Schmerzen und Verspannungen. Dadurch wird so ein Pferd bald zum Problem. Wenn es schon ohne Reiter ständig unter Schmerzen leidet, wieviel schlimmer dann erst unter dem Sattel!“ Ob das für Raissa zutraf? Es war anzunehmen, denn die Folgen der Fehlhaltung waren auch mit bloßem Auge zu erkennen.
    Bille holte tief Luft. Nahm sie sich zuviel vor? Aber sie hatte ja Hannes zur Unterstützung, wenn sie unsicher werden sollte. Und außerdem Johnny den Indianer, der sich so wundervoll auf die Sprache der Pferde verstand und alles, was Hannes sich in jahrelangem Studium angeeignet hatte, ganz einfach wußte. Indianisches Wissen, über Generationen von einem zum anderen weitergegeben. Johnny war der ideale Helfer und Heiler für ein Pferd wie diese Stute, die man mißhandelt und seelisch zerbrochen hatte.
    „Wenn es dir recht ist, Daddy, werde ich deinen Problemfall übernehmen“, sagte Bille.
    Hans Tiedjen sah sie nachdenklich an. Ein unsicheres Lächeln huschte über sein Gesicht. Ganz wohl fühlte er sich nicht bei dieser Entscheidung. „Ich weiß nicht, ob ich das zulassen darf, Reiterlein. Insgeheim habe ich natürlich gehofft, daß du das sagen würdest. Aber ich könnte mir nie verzeihen, wenn dir etwas zustoßen sollte.“
    „Gib mir ganz einfach Zeit, okay? Es wird vielleicht lange dauern. Aber ich denke, es lohnt sich. Und jetzt“, Bille stand entschlossen auf, „möchte ich euch bitten, die Halle zu verlassen. Ich muß erst mal mit ihr allein sein.“
    „Kommt nicht in Frage!“ sagten Simon und Hans Tiedjen wie aus einem Mund.
    „Versteht doch!“ bat Bille. „Ihr macht sie ängstlich und nervös. Wenn kein Mann in der Nähe ist, entspannt sie sich vielleicht etwas.“
    „Gut. Ich werde gehen“, Hans Tiedjen erhob sich bereitwillig. „Aber wenigstens Simon bleibt da - als Nothelfer!“
    „Ich werde mich leise ganz nach hinten verziehen und keinen Mucks von mir geben, Bille. Ich tauche nur auf, wenn du wirklich Hilfe brauchst, das verspreche ich dir.“
    „Also gut, einverstanden.“
    Hans Tiedjen verließ mit betont schweren Schritten die Reithalle. Zugleich schlich Simon zur obersten Bank und nahm zusammengeduckt im hintersten Winkel Platz.
    Bille ging in die Reitbahn hinunter. Ein bißchen aufgeregt war sie doch. Für einen Augenblick fühlte sie ihr Herz bis in den Hals schlagen. Zeit lassen! ermahnte sie sich. Erst mußte sie selbst völlig zur Ruhe gekommen sein, ehe sie sich dem aufgeregten Pferd nähern konnte. Andernfalls würde die Stute ihre Aufgeregtheit spüren und sich noch mehr bedroht fühlen und in Gefahr glauben.
    Die Stute war am entgegengesetzten Ende der Bahn stehengeblieben und sah angespannt zu dem Mädchen hinüber. Bille stand ruhig, mit hängenden Armen da und sah sie an. Wie wunderschön diese Stute war! Und wie einsam in ihrer Angst. Plötzlich wurde Bille von einem Gefühl so heißer Zärtlichkeit und Liebe überwältigt, daß ihr die Tränen kamen.
    Hatte die Stute ihre Gefühlsaufwallung gespürt? Hatte etwas von dieser Liebe sie berührt
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