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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram
Autoren: Gregory David Roberts
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sehen.
    »Bitte, Sir. Ist es das meine Arbeit. Ist meine Pflicht. Habe ich viel starke Rücken. Kein Problem. Schauen Sie.«
    Ich fand die Vorstellung unerträglich.
    »Nein, wirklich …«
    »Bitte, Mr. Lindsay, ist es das eine Ehre für mich. Sehen Sie Leute.«
    Er wies mit der Hand auf die Schlepper und Führer, denen es gelungen war, Kunden zu ergattern. Jeder von ihnen schleppte nun ein Gepäckstück und marschierte entschlossen in den mörderischen Verkehr hinein, seine Kundschaft im Gefolge.
    »Also gut …«, murmelte ich widerwillig. Dies war meine erste von zahllosen Kapitulationen, die sich im Laufe der Zeit zwischen uns abspielen sollten. Das strahlende Lächeln kehrte auf Prabakers Gesicht zurück, und er hievte meinen Rucksack hoch und befestigte mit meiner Hilfe die Schulterriemen. Der Rucksack war so schwer, dass Prabaker ihn nur leicht gebückt aufladen konnte und ins Schwanken geriet, als er losmarschierte. Ich holte ihn rasch ein und blickte in sein angestrengtes Gesicht. Ich kam mir vor wie ein weißer bwana, der einen Menschen als Lasttier benutzt, und fand das Gefühl widerwärtig.
    Doch dieser kleine indische Mann lachte nur, erzählte in einem nicht enden wollenden Redeschwall von Bombay und wies mich auf Sehenswertes hin. Mit den beiden Kanadiern unterhielt er sich mit erlesener Höflichkeit. Er lächelte und rief unterwegs Bekannten Grüße zu. Und er war stark, viel kräftiger, als ich geglaubt hätte: Während des fünfzehnminütigen Marschs zum Hotel blieb er nicht ein Mal stehen.
    Vier steile Stiegen in einem modrigen düsteren Treppenhaus im hinteren Teil eines großen Gebäudes am Meer brachten uns schließlich ins Foyer des India Guest House. An jedem Stockwerk sahen wir ein anderes Schild – Apsara Hotel, Star of Asia Guest House, Seashore Hotel –, was darauf schließen ließ, dass es in diesem Gebäude auf jeder Etage ein separates Hotel mit eigener Belegschaft und eigenem Stil gab.
    Die beiden Kanadier, Prabaker und ich platzten mit unseren Taschen und Rucksäcken in den engen Empfangsraum. Ein großer muskulöser Inder mit blendend weißem Hemd und schwarzer Krawatte saß hinter einem Stahltisch am Anfang des Korridors, der zu den Gästezimmern führte.
    »Willkommen«, sagte er mit vorsichtigem Lächeln. »Willkommen, junge Herren.«
    »Ziemliche Absteige«, murmelte der große Kanadier mit einem Blick auf die abblätternde Farbe an den Wänden und die Trennwände aus Billigfurnier.
    »Ist das Mr. Anand«, warf Prabaker rasch ein. »Ist er bester Chef von bestes Hotel in Colaba.«
    »Schluss damit, Prabaker!«, knurrte Mr. Anand.
    Prabakers Lächeln geriet noch breiter.
    »Sehen Sie, wie er ist prima Chef dieser Mr. Anand?«, raunte er und grinste mich verschwörerisch an. Dann wandte er sich lächelnd dem prima Chef zu. »Bring ich drei großartige Touristen zu Ihnen, Mr. Anand. Allerbeste Kunden für allerbestes Hotel, nicht wahr?«
    »Ich hab gesagt, du sollst den Mund halten!«, fauchte Anand.
    »Wie viel?«, fragte der kleinere Kanadier.
    »Bitte?«, murmelte Anand und warf Prabaker einen finsteren Blick zu.
    »Drei Personen, ein Zimmer, eine Nacht, wie viel?«
    »Hundertzwanzig Rupien.«
    »Was?«, rief der Kleinere empört. »Soll das ein Witz sein?«
    »Das ist zu teuer«, fügte sein Freund hinzu. »Komm, lass uns abhauen.«
    »Kein Problem«, knurrte Anand. »Sie können gerne woanders hingehen.«
    Die Kanadier griffen nach ihrem Gepäck, aber Prabaker brachte sie mit einem panischen Aufschrei zum Innehalten.
    »Nein! Nein! Ist es dies das allerschönstes Hotel! Bitte, gucken Sie nur an die Zimmer! Bitte, Mr. Lindsay, gucken Sie an dieses so viel hübsches Zimmer! Gucken Sie an das prima hübsches Zimmer!«
    Ein Schweigen trat ein. Die beiden Kanadier blieben in der Tür stehen. Anand studierte eingehend das Hotelregister. Prabaker hielt mich am Ärmel fest. Der Führer erweckte mein Mitgefühl, und der Hotelchef rang mir Achtung ab. Anand würde nicht bitten oder uns von dem Zimmer zu überzeugen versuchen. Wenn wir es wollten, mussten wir es zu seinen Konditionen nehmen. Als er von dem Register aufblickte, warf er mir einen festen ehrlichen Blick zu, ein aufrechter Mann dem anderen. Ich fing an ihn zu mögen.
    »Ich würde es gerne sehen, das hübsche Zimmer«, sagte ich.
    »Ja!«, lachte Prabaker.
    »Na gut, dann los!«, seufzten die Kanadier lächelnd.
    »Am Ende des Flurs«, sagte Anand, ebenfalls lächelnd, nahm einen Schlüssel mit einem schweren
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