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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram
Autoren: Gregory David Roberts
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Andenken und Glücksbringer auf dem Fenstersims aus – einen schwarzen Stein, den ein Kind in Neuseeland mir geschenkt hatte, eine versteinerte Schnecke, die ein Freund von mir gefunden hatte, und ein Armband aus Habichtkrallen, das ein anderer Freund mir gemacht hatte. Ich hatte kein Zuhause mehr und kein Heimatland. Meine Taschen waren angefüllt mit Dingen, die ich von Freunden bekommen hatte: ein großer Verbandskoffer, für den sie zusammengelegt hatten, Zeichnungen, Gedichte, Muscheln, Federn. Sogar meine Kleider und die Stiefel an meinen Füßen hatten Freunde mir geschenkt. Jeder Gegenstand war ein Talisman; in meinem Exil der Flucht war das Fenstersims mein Zuhause und die Glücksbringer waren meine Heimat.
    »Aber wenn euch nicht wohl ist dabei, dann geht doch spazieren oder wartet draußen, Jungs. Ich stoße wieder zu euch, wenn ich den Joint geraucht hab. Es ist einfach so, dass ich Freunden von mir versprochen habe, dass ich als Erstes Haschisch rauche und an sie denke, wenn ich nach Indien komme. Und dieses Versprechen möchte ich gerne halten. Außerdem schien der Chef es doch locker zu nehmen. Kann es Probleme geben, wenn man hier einen Joint raucht, Prabaker?«
    »Rauchen, trinken, tanzen, Musik, Sexsache, ist es das alles kein Problem hier«, versicherte uns Prabaker fröhlich und blickte einen Moment auf. »Ist es alles erlaubt und kein Problem hier. Nur nicht schlagen. Schlägerei ist viel schlecht Benehmen in das India Guest House.«
    »Seht ihr? Kein Problem.«
    »Und sterben«, fügte Prabaker hinzu und wackelte nachdenklich mit dem Kopf. »Mag er das gar nicht, der Mr. Anand, wenn sie hier sterben, die Leute.«
    »Was? Was redet er da vom Sterben?«
    »Meint er das ernst? Wer will denn verflucht noch mal hier sterben ? Großer Gott!«
    »Ist das kein Problem mit Sterben, baba«, verkündete Prabaker beruhigend und reichte den verstörten Kanadiern den akkurat gedrehten Joint. Der Große nahm ihn in Empfang und zündete ihn an. »Sterben nicht viele Leute in das India Guest House, nur diese Junkies, die mit das dürres Gesicht, wisst ihr. Für euch ist es das alles kein Problem mit eure wunderschön fette Körper.«
    Mit entwaffnendem Lächeln brachte er mir den Joint. Als ich ihn zurückgab, zog er mit sichtlichem Genuss daran und gab ihn wieder den Kanadiern.
    »Ist es das gutes Charras, ja?«
    »Wirklich gut, das Zeug«, bestätigte der Große. Sein Lächeln war offen und herzlich – so warm und freundlich, wie ich es in all den Jahren danach immer wieder bei Kanadiern erlebt habe und wie ich es seither mit Kanada verbinde.
    »Ich nehme es«, sagte ich zu Prabaker, der mir daraufhin den Haschischbrocken übergab. Ich brach das Zehn-Gramm-Stück entzwei und warf eine Hälfte dem großen Kanadier zu. »Hier. Für eure Zugfahrt nach Poona morgen.«
    »Danke, Mann«, sagte der und zeigte das Piece seinem Freund. »Du bist echt okay. Verrückt, aber schwer in Ordnung.«
    Ich holte eine Flasche Whisky aus meinem Rucksack und brach das Siegel. Auch das war ein Ritual; ich hatte einer Freundin aus Neuseeland versprochen, einen Whisky zu trinken und an sie zu denken, sollte es mir gelingen, mit meinem falschen Pass nach Indien zu gelangen. Diese kleinen Rituale – der Joint und der Whisky – bedeuteten mir viel, weil ich mir sicher war, diese Freundin und alle anderen Freunde ebenso für immer verloren zu haben wie meine Familie. Ich war mir sicher, dass ich sie niemals wiedersehen würde. Ich war allein auf der Welt, ohne Hoffnung auf Rückkehr, und mein Leben bestand aus Erinnerungen, Glücksbringern und Versprechen.
    Ich wollte die Flasche gerade ansetzen, doch dann bot ich sie, einer Eingebung folgend, Prabaker zuerst an.
    »Viel großer Dank, Mr. Lindsay«, sprudelte er begeistert hervor. Er legte den Kopf in den Nacken und goss sich einen großen Schluck Whisky in den Rachen, ohne die Flasche mit den Lippen zu berühren. »Ist er sehr gut, erste Klasse, Johnnie Walker, oh ja.«
    »Sie können ruhig noch mehr trinken.«
    »Nur ein winzig Stückchen, danke sehr.« Gluckernd ließ Prabaker noch einen Schluck in seinen Mund rinnen. Dann ließ er die Flasche sinken, leckte sich die Lippen und hielt sie ein drittes Mal über den geöffneten Mund. »Verzeihung, aaah, bitte um Verzeihung. Ist er so sehr gut, diese Whisky, dass ich bekomme schlechte Manieren.«
    »Wenn er Ihnen so gut schmeckt, behalten Sie die Flasche doch. Ich habe noch eine zweite. Ich hab sie zollfrei im Flugzeug
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