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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram
Autoren: Gregory David Roberts
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gekauft.«
    »Oh, danke sehr …«, erwiderte Prabaker, aber sein Lächeln hatte einen schmerzhaften Zug.
    »Was ist los? Wollen Sie ihn nicht?«
    »Ja, ja, Mr. Lindsay, sehr viel ja. Aber hätte ich gewusst, dass dies ist mein Whisky und nicht der von Sie, wäre ich nicht so großzügig gewesen mit das mein gute Selbst.«
    Die Kanadier lachten.
    »Ich sag Ihnen was, Prabaker. Sie kriegen die zweite Flasche, und wir vier teilen uns die angebrochene. Was halten Sie davon? Und hier sind die zweihundert Rupien für das Haschisch.«
    Das Lächeln erstrahlte wieder, und Prabaker nahm die volle Flasche in Empfang und wiegte sie zärtlich im Arm.
    »Aber, Mr. Lindsay, machen Sie ein Fehler. Sage ich Ihnen jetzt was: dieses sehr bestes Charras kostet hundert Rupien, nicht zweihundert.«
    »Hm.«
    »Oh ja. Nur hundert Rupien«, erklärte er und gab mir entschieden einen der Geldscheine zurück.
    »Okay. Hören Sie, Prabaker, ich habe Hunger. Ich habe im Flugzeug nichts gegessen. Könnten Sie mir vielleicht ein gutes sauberes Restaurant zeigen?«
    »Aber sicher ja, Mr. Lindsay, Sir! Kenne ich ein viel prima Restaurant mit solches Wunder von Essen, dass Sie werden ganz krank sein vor Glück!«
    »Überredet«, sagte ich, stand auf und steckte Geld und Pass ein. »Kommt ihr zwei mit?«
    »Was, da raus ? Ist nicht dein Ernst.«
    »Na, später vielleicht. Eher viel später. Aber wir passen hier auf dein Zeug auf und warten auf dich.«
    »Okay, wie ihr meint. Ich bin in ein paar Stunden wieder da.«
    Prabaker verbeugte sich formvollendet und verabschiedete sich. Ich folgte ihm zur Tür. Als wir gerade rausgehen wollten, rief der große Kanadier mir nach: »Hey, Mann … sei vorsichtig da draußen, okay? Ich meine, du kennst dich hier nicht aus. Du solltest keinem trauen. Das ist kein Dorf hier. Die Inder aus der Stadt sind … na ja, pass einfach auf, okay?«
    Am Empfangstisch verstaute Mr. Anand meinen Pass, meine Reiseschecks und den Großteil meines Bargelds in seinem Safe und stellte mir eine ausführliche Quittung aus. Dann begab ich mich auf die Straße, wobei mir die Worte des jungen Kanadiers so aufgeregt im Kopf umherflatterten wie Möwen über der Brandung.
    Prabaker hatte uns auf einer breiten, von Bäumen gesäumten und relativ menschenleeren Straße zum Hotel geführt, die vom hohen Steintor des Gateway of India Monument entlang der Küste verlief. Die Straße vor dem Hotel dagegen war voller Menschen und Fahrzeuge, und Stimmengewirr und Verkehrslärm erzeugten ein dumpfes Dröhnen wie prasselnder Regen auf Blechdächern.
    Hunderte von Menschen waren hier unterwegs oder standen in Gruppen beisammen. Geschäfte, Restaurants und Hotels drängten sich dicht an dicht, und vor jedem Haus fand sich ein Verkaufsstand, der von zwei oder drei Händlern auf Klappstühlen betrieben wurde – Afrikanern, Arabern, Europäern oder Indern. Mit jedem Schritt drangen neue Sprachen und neue Musik an mein Ohr, und vor jedem Restaurant lag ein anderer aromatischer Geruch in der heißen Luft.
    Männer mit Ochsenkarren oder Handwagen manövrierten sich durch den Verkehr, um Wassermelonen, Reissäcke, Limonade, voll gehängte Kleiderständer, Zigaretten oder Eisblöcke zu liefern. Dicke Geldbündel wurden gezählt und wechselten den Besitzer; wir befanden uns auf dem Devisenschwarzmarkt, hatte Prabaker mir erklärt. Ich sah Bettler, Jongleure, Akrobaten, Schlangenbeschwörer, Musiker, Wahrsager, Handleser, Zuhälter und Drogenhändler. Und die Straße war schmutzig. Ohne Vorwarnung wurde Müll aus den Fenstern geworfen, und auf dem Gehweg und in der Straßenmitte lagen große Abfallhaufen, an denen sich fette, furchtlose Ratten gütlich taten.
    Am meisten stachen mir jedoch die zahllosen verkrüppelten und siechen Bettler ins Auge. Jede erdenkliche Krankheit, jede Behinderung und jede Form von Entbehrung war in dieser Straße unterwegs, stand am Eingang von Restaurants und Läden oder näherte sich den Fußgängern mit versierten Klagerufen. Wie bei meinem ersten Blick auf die Slums trieb mir auch dieses Erlebnis die Schamesröte ins Gesicht. Doch während Prabaker mich durch das Getümmel führte, lenkte er meine Aufmerksamkeit immer wieder auf Szenen, die das groteske erschreckende Bild etwas milder wirken ließen: Eine Gruppe von Bettlern saß in einem Eingang und spielte Karten, ein paar blinde Männer führten sich genüsslich Reis und Fisch zu Gemüte, und lachende Kinder zankten sich darum, wer als Nächstes auf dem kleinen Rollkarren
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