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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram
Autoren: Gregory David Roberts
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Darauf bin ich von alleine gekommen.«
    »Ghani hat das für mich erledigt – er hat es organisiert. Damals habe ich zum letzten Mal mit ihm gesprochen.«
    »Ich habe eine Stunde vor seinem Tod zum letzten Mal mit ihm gesprochen.«
    »Hat er dir irgendwas über sie gesagt?«, fragte sie, vielleicht in der Hoffnung, dass sie mir nicht alles erzählen müsste.
    »Über Madame Zhou? Nein. Kein Wort.«
    »Mir hat er … viel erzählt«, sagte sie seufzend. »Er hat ein paar Lücken gefüllt. Ich glaube, es lag an Ghani, dass es mir endgültig gereicht hat mit Zhou. Er hat mir gesagt, dass sie Rajan aufgetragen hatte, dir zu folgen. Und dass sie die Cops erst auf dich angesetzt hat, als Rajan ihr von unserer Liebesnacht berichtet hatte. Ich habe sie immer schon gehasst, aber das hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Ich konnte … das war einfach zu viel. Sie konnte mir das nicht gönnen, diese Zeit mit dir. Sie wollte es mir verderben. Also habe ich Ghani an ein paar Schulden erinnert, und er hat die Sache arrangiert. Den Aufruhr. Es war ein großartiges Feuer. Ich habe selbst mitgeholfen, es zu legen.«
    Sie brach ab, starrte auf ihre Füße im Sand und biss die Zähne zusammen. Lichter schimmerten in ihren Augen. Und ich stellte mir vor, wie die Flammen in diesen grünen Augen gelodert hatten, als sie zusah, wie der Palace niederbrannte.
    »Ich weiß auch die Sache aus den Staaten«, sagte ich nach einer Weile. »Ich weiß, was dort passiert ist.«
    Sie sah mich rasch an und las in meinen Augen.
    »Lisa«, sagte sie. Ich blieb stumm. Dann, als sie, wie es Art der Frauen ist, intuitiv erfasst hatte, was sie gar nicht wissen konnte, lächelte sie. »Das ist gut – Lisa und du. Du und Lisa. Das ist … sehr gut.«
    Ich reagierte nicht, und ihr Lächeln verblasste. Sie blickte wieder auf ihre Füße.
    »Hast du jemanden getötet, Lin?«
    »Wann?«, fragte ich, weil ich mir nicht sicher war, ob sie über Afghanistan sprach oder über den Krieg mit Chuha und seinem Klan.
    »Überhaupt.«
    »Nein.«
    »Da bin ich froh«, seufzte sie. »Ich wünschte …«
    Sie verstummte und versank für eine Weile in Schweigen. Die Klänge des Festes wehten aus der Ferne über den menschenleeren Strand: lautes fröhliches Lachen, das Schmettern einer Blaskapelle. Vor uns rauschten die Wellen auf den sanften duldsamen Sand, und die Palmen erzitterten im kühlen Abendwind.
    »Als ich da hinging … als ich in das Haus ging … da stand er im Zimmer und lächelte. Er … freute sich tatsächlich, dass ich da war. Und für einen kleinen Moment, dachte ich … es sei vorbei. Und dann sah ich etwas anderes in dem Lächeln … etwas Schmutziges … und er sagte ich wusste, dass du wiederkommst, weil du mehr willst … oder so was. Und er … schaute sich um, als wolle er sichergehen … dass niemand hereinkommt …«
    »Es ist alles gut, Karla.«
    »Als er die Pistole sah … fing er an … nicht zu betteln, sondern sich zu entschuldigen … es war ganz klar, dass ihm bewusst war … was er mir angetan hatte … er wusste ganz genau, wie schlimm das war. Und das war noch furchtbarer. Und dann war er tot. Er blutete nicht sehr. Ich hatte gedacht … es würde viel Blut geben. Vielleicht kam das später noch. Und dann kann ich mich an nichts mehr erinnern, bis zu dem Moment im Flugzeug, als Khader den Arm um mich legte.«
    Sie verstummte. Ich bückte mich nach einer spiralförmigen Muschel und bohrte mir die scharfe Spitze in die Handfläche, bis sie in die Haut stach. Dann warf ich die Muschel wieder in den Sand und schaute zu Karla auf. Sie starrte mich stirnrunzelnd an.
    »Was willst du?«, fragte sie unumwunden.
    »Ich will wissen, warum du mir nie von Khaderbhai erzählt hast.«
    »Die ganze Wahrheit?«
    »Ja, natürlich.«
    »Ich konnte dir nicht trauen«, erklärte sie und wandte den Blick ab. »Das heißt, es war eher … ich war mir nicht sicher, ob ich dir trauen konnte. Heute denke ich … heute weiß ich – dass ich dir von Anfang an hätte vertrauen können.«
    »Gut«, sagte ich mit unbewegter Miene.
    »Ich habe versucht, es dir zu sagen. Ich wollte, dass du bei mir bleibst, in Goa. Das weißt du.«
    »Es hätte alles verändern können«, knurrte ich, doch dann seufzte ich und sprach mit entspannterem Tonfall weiter. »Es hätte vielleicht etwas ändern können, wenn du mir gesagt hättest, dass du für ihn arbeitest – dass du mich für ihn rekrutiert hast.«
    »Als ich weglief … als ich nach Goa ging, war ich in einem
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